Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
der hochgewachsene Vampir sich vor und streckte die messerscharfen Krallen nach ihr aus. Im selben Moment handelte Sara – nur war es Falcons Faust, die mit aller Kraft gegen die Brusthöhle des Untoten prallte, da er blitzschnell wieder seine wahre Gestalt angenommen hatte. Mit einem Ausdruck ungläubigen Erstaunens schwankte der Vampir und taumelte zurück. Deshalb durchdrang Falcons Faust nur knapp den Brustkorb. Über ihnen stürzte sich Jacques in Gestalt der Eule aus den Ästen und flog mit ausgestreckten Krallen auf den Untoten zu. Der kleine Fuchs wurde größer und länger und verwandelte sich in die hochgewachsene, elegante Gestalt eines Jägers, und Mikhails Hände woben schon einen Fesselzauber, der den Vampir daran hindern sollte, sich zu verwandeln oder zu verschwinden.
Unter dem Druck des Zaubers in der Luft, gefangen zwischen den Jägern und außerstande zu fliehen, startete der Vampir einen Gegenangriff und riskierte alles, um den einen Karpatianer zu besiegen, dessen Tod die beiden anderen zwingen würde einzuhalten. Unter Aufbietung seiner ganzen Kraft und Erfahrung rammte er die Faust so hart gegen Falcons Ellbogen, dass der Knochen brach. Dann wirbelte er herum und vervielfältige sich wieder und wieder, bis plötzlich hundert Vampir-Klone die Karpatianer umringten. Die Hälfte der Klone griffen mit spitzen Pfählen oder scharfen Speeren an, die anderen flohen in verschiedene Richtungen.
Jacques, in Gestalt der Eule, trieb seine Krallen in den Kopf eines Klons, wo er aber nur auf Leere stieß, sodass er gezwungen war, sich blitzschnell wieder aufzuschwingen, bevor er durch die Wucht seines Angriffs auf dem Boden landete. Die Atmosphäre vibrierte von Macht, von Aggression und Hass.
Jeder der angreifenden Klone wob einen anderen Zauber, und dichte Sprühnebel von Blut verfärbten die Luft zu einem giftigen Rot. Falcons Geist verschloss sich vor dem Schmerz seines gebrochenen Ellbogens, als er für die Dauer eines Herzschlags die Situation einschätzte. Denn dieser kurze Moment war alles, was er hatte, um über sein weiteres Vorgehen zu entscheiden. In diesem Bruchteil einer Sekunde zogen die Jahrhunderte seines Lebens an ihm vorbei, all die öden, leeren, sich endlos hinziehenden Jahre vor seiner Begegnung mit Sara. Dies ist mein Geschenk an dich. Sara war sein Leben. Seine Seele. Seine Zukunft. Aber er durfte auch seine Ehre nicht vergessen, musste bedenken, was und wer er war und wofür er stand. Er war der Hüter seines Volkes.
Sie war bei ihm, seine Sara, und verstand, dass er keine andere Wahl hatte. Seine Ehre war alles, was ihn ausmachte. Ohne Bedauern warf er sich zwischen seinen Prinzen und den Vampir, der zum entscheidenden Schlag ausholte. Eine Vielzahl rasiermesserscharfer Speere durchbohrten Falcons Körper, raubten ihm den Atem und sandten seine Lebenskraft in dunklen Strömen auf den Boden. Im Zusammenbrechen streckte er noch die Hände aus und drückte sie in die scharlachrote Fontäne an der Brust des Vampirs, um seine Spuren zu hinterlassen, die wie ein Leuchtfeuer für die anderen Jäger sein würden.
Sara, die in Falcons Bewusstsein war, reagierte ruhig und wusste bereits, was zu tun war. Sie hatte sich Falcons Wissen zunutze gemacht und stellte sofort die Tätigkeit seiner Lunge und seines Herzens ein, sodass er still wie der Tod auf dem Schlachtfeld liegen blieb. Sie konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, ihn bei sich zu behalten, ein flackerndes, schwaches Licht, das sich nur noch vor dem grauenhaften Schmerz zurückziehen wollte. Aber Sara hatte keine Zeit für Kummer oder andere Emotionen. Sara hielt Falcon mit grimmiger Entschlossenheit bei sich, während der Kampf um sie herum seinen Fortgang nahm.
Mikhail sah den alten Krieger fallen, dessen Körper übersät mit Löchern war. Der Prinz war schon in Bewegung und zerbrach die Speere wie Zündhölzer, während er kämpfte wie ein Wilder und Jacques im Geiste lenkte. Die Klone versuchten, sich neu zu formieren, um die Jäger von dem Geruch des Vampirs abzubringen, aber es war zu spät. Der Vampir hatte sich im Kampf gezeigt, und Mikhail hängte sich an Falcons Fingerspuren an der Brust des Untoten.
Der Vampir fauchte und kreischte vor Wut und Hass, doch der Fesselzauber wirkte. Der Vampir konnte nicht seine Gestalt verändern, und ihm blieb auch keine Zeit mehr dafür. Der Prinz trieb ihm seine Faust tief in die Brust. Jacques schnitt dem Monster sauber die Kehle durch. Das war jedoch nur eine
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