Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
mehrerer Jahrzehnte zur wirklichen Gefahr wird, gehen Bewusstsein und Wachsamkeit in der Bevölkerung rasch verloren. Gerade beim Sumatra-Andaman-Tsunami hat sich jedoch gezeigt, wie der Lebensstil einer «Katastrophenkultur» im Notfall Leben retten kann. Die Zahl der Opfer war weitaus geringer, wo sich japanische Touristen an den Stränden aufhielten, die den Rückgang des Wassers aus ihrem kulturellen Wissen heraus als Warnzeichen erkannten und die Warnung an andere weitergaben.
Zur
awareness
gehören grundlegende Kenntnisse über das vielfältige Verhalten von Tsunamis: Etwa dass der plötzliche, starke Rückgang des Meeres eindeutig einen Tsunami ankündigt, dass sich aber umgekehrt eben nicht jeder Tsunami auf diese Weise ankündigt, sondern völlig unvermutet und ohne Warnzeichen auftreten kann. Ebenso wichtig ist das Wissen, dass auch schwache Erdbeben große Tsunamis auslösen können, dass mehrere große Tsunamiwellen über einen Zeitraum von Stunden anrollen können und dass der Rückfluss eines Tsunamis ebenso gefährlich sein kann wie das Auftreffen, vor allem, wenn das Land zum Meer hin abfällt. Das Wissen oder Nichtwissen über das Verhalten von Tsunamis kann hier über Leben und Tod entscheiden.
Genauso wichtig ist das Wissen über die Schwachstellen in der heimischen Infrastruktur (zum Beispiel Gebäude, Straßen,Lage der besonders schwachen Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Kranke und alte Menschen) und natürlich das Wissen über die notwendigen Maßnahmen im Ernstfall.
Und eine schützende «Katastrophenkultur» verlangt, dass dieses Wissen im entscheidenden Augenblick in richtiges Handeln umgesetzt wird.
Awareness
muss mit
preparedness
Hand in Hand gehen. Das Überleben hängt entscheidend davon ab, ob Menschen die notwendigen Informationen sofort nach einem Erdbeben erhalten, ob sie die Gefahr richtig einschätzen und ob sie in der Lage sind, rasch und sinnvoll zu handeln. Das heißt konkret: schnellstmögliche Evakuierung – nur die Flucht auf höher gelegenes Gelände kann Leben retten.
Individuell und damit unabsehbar ist in einer solchen Situation lediglich die Stärke des Tsunamis, die direkt mit der allgemeinen Warnung an die Bevölkerung übermittelt werden muss. Alle anderen Informationen gelten unabhängig von der individuellen Katastrophe, sie müssen bereits vorher präsent sein: die Evakuierungsrouten, die Zufluchtsorte in den verschiedenen Stadtteilen, das korrekte Handeln im Notfall, das je nach Gruppe – Schulklasse, Angestellte eines Unternehmens, Hafenarbeiter – variieren kann. Ein unverzichtbares Hilfsmittel ist die
tsunami hazard map
, ein Stadtteilplan für die Evakuierung, in dem alle Routen und Fluchtorte verzeichnet sind. Solche Pläne werden individuell für Städte und kleinere Orte erstellt; sie gehören in den gefährdeten Gebieten in jeden Haushalt.
Zur präventiven Schulung gehören heute auch Vorlesungen, in denen wissenschaftliche Fakten wie auch persönliche Erfahrungen weitergegeben werden, oder Workshops, in denen die Teilnehmer die strukturellen Schwächen ihrer Gegend untersuchen,
hazard maps
erstellen und andere Aktivitäten im Rahmen einer Evakuierung vorbereiten.
Damit all das angesammelte Wissen im Ernstfall ohne Verzug in richtiges Handeln umgesetzt werden kann, muss die Evakuierung trainiert werden – immer und immer wieder. In Schulen in Japan und in den Pazifikstaaten, inzwischen auch in den betroffenen Küstenregionen des Indischen Ozeans, sind solche Übungen ein fester Teil des Lehrplans. Andere Bevölkerungsgruppenüben den Ernstfall mit Hilfe lokaler Organisationen oder Nachbarschaftsvereinigungen.
Auch in Regionen, in denen Tsunamis kaum als erlebte Gefahr bekannt sind, wird mittlerweile gezielte Schulung betrieben. So ist im amerikanischen Bundesstaat Oregon die Erwartung eines starken Bebens mit Tsunami mittlerweile Teil der regionalen Identität geworden. Seit dem Erdbeben mit Tsunami von 1700, das durch die historische Tsunamiforschung identifiziert worden ist, hat es in der Cascadia-Region an der amerikanischen und kanadischen Nordwestküste kein stärkeres Erdbeben mit Tsunami mehr gegeben; die Forschung vermutet daher, dass solch ein Ereignis längst fällig ist. Darüber hinaus waren die Küsten Oregons in den vergangenen Jahrzehnten von leichteren Tsunamis betroffen, die durch Erdbeben in anderen Pazifikregionen ausgelöst wurden. Lokale und regionale Maßnahmen – etwa der
Tsunami Awareness Month
mit zahlreichen
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