überSINNLICHE Nächte - überSINNLICHE Nächte - Wild Nights
auf der anderen Seite bei deiner Frau bleiben darfst. Der schwierigste Teil wird der sein, wenn du zurückkehren möchtest. Du musst vor Sonnenaufgang zu uns zurückkommen. Sonst bleibst du auf ewig auf der anderen Seite.«
Ulrich sank noch mehr in sich zusammen. »Ich verstehe. Es wird sein, als würde ich sie ein zweites Mal verlieren. Nur dass es diesmal für immer sein wird.«
Anton schüttelte den Kopf. »Nein, so lange wird es nicht dauern. Unser Leben auf Erden ist verglichen damit sehr kurz. Die Ewigkeit dauert ewig an.« Anton musste über seinen eigenen Witz lachen. »Du musst mir aber versprechen, dass du aus freien Stücken zurückkommst. Sonst kann ich es nicht riskieren, dich auf die andere Seite zu schicken. Aber so wie ich dich kenne, weiß ich, dass du ein Mann bist, der zu seinem Wort steht.«
Ulrich zögerte nur kurz. Dann nickte er und umfasste Antons Hand mit seiner. Erst jetzt merkte Luc, dass er unwillkürlich die Luft angehalten hatte. Er ließ die Luft entweichen und seufzte leise. Dieses ganze Gerede über Tod und Schleier und Welten. Nichts davon ergab für ihn einen Sinn. Er beobachtete Tia und Keisha, die noch immer angeregt plauderten. Tias Hand ruhte auf Keishas fast noch flachem Bauch. Ihre Gesichter strahlten. Sie lachten.
Das ergab für ihn einen Sinn.
Ein Schauer rann über seinen Rücken.
Luc hatte das Gefühl, eine Hand würde über seine Wange streicheln. Dann schwebte dieses geisterhafte Wesen zum Haus. Er drehte sich um und suchte Antons Blick. Er sah, wie Anton diesem Nichts hinterherblickte, das die Haustür ansteuerte. Anton wandte sich zu Luc um. Seine bernsteinfarbenen Augen richteten sich geradezu hypnotisierend auf Luc.
Ja, das war sie. Du hast es nicht geglaubt. Anton wirbelte herum und schlug Ulrich freundschaftlich auf den Rücken. »Komm mit ins Haus«, sagte er, als wäre der Geist von Ulrichs Frau nicht gerade über die Veranda spaziert. »Alexandria und Stefan haben für uns ein spätes Mittagessen vorbereitet. Wir können das, was auf uns zukommt, am besten bei einer guten Mahlzeit besprechen.«
Ulrich saß am Ende der langen Tafel. Hier spürte er die Einsamkeit, die ihn von den anderen am Tisch trennte, deutlicher als zuvor. Jeder hatte einen Liebhaber oder eine Geliebte. Jeder hatte einen Gefährten, wie er einst Camille gehabt hatte.
Verflucht sollte sie sein! Warum hatte sie so viele Risiken eingehen müssen? Ulrich fragte sich, ob er irgendwann die Wut überwinden würde oder das Gefühl von Hilflosigkeit, das ihn jedes Mal überkam, wenn er an den Verlust der einzigen Frau dachte, die er je geliebt hatte.
Hatte nicht ihre abenteuerlustige Persönlichkeit einen Teil ihres Zaubers ausgemacht? Hatte er sich nicht zu dieser übermütigen Eigenschaft hingezogen gefühlt? Zu ihrer Kraft, ihrer Überlegenheit als Frau?
Ja. Ulrich seufzte.
Ob es ihm irgendwann möglich sein würde, an Camille zu denken, ohne sie für die Jahre, die er ihretwegen in Einsamkeit hatte verbringen müssen, verantwortlich zu machen?
Camille hatte so viel verpasst. Ulrich fing ein Lächeln von Tia auf und erwiderte es strahlend. Wer hätte gedacht, dass er etwas dazu beigetragen hatte, diese hübsche, junge Frau zu kreieren? Sie war strahlend schön und ebenso stur wie ihre Mutter. Aber ihre Sturheit wurde durch Ulrichs eigenen gesunden Menschenverstand abgemildert.
Verflucht soll sie sein! Camille hätte da sein sollen, sie hätte ihm helfen sollen, die gemeinsame Tochter großzuziehen.
Aber wenn sie da gewesen wäre - ob Tia sich dann auch zu so einer wunderbaren Frau entwickelt hätte? Ob aus ihr sogar etwas Besseres geworden wäre? Ulrich konnte sich nicht vorstellen, was an Tia noch verbessert werden könnte.
Und dann war da noch Luc. Er war für ihn wie der Sohn, den er nie gehabt hatte. Der Sohn, den Camille ihm vielleicht geschenkt hätte, wenn sie noch lebte. Luc hatte Camilles Leben ein abruptes Ende gesetzt, und er hatte sein Bestes gegeben, um für das zu büßen, was er als seine ungeheuerlichste Sünde ansah. Er hatte mehr als nur dafür gebüßt. Er war inzwischen unentbehrlich, und, was viel wichtiger war, er wurde geliebt.
Antons Lachen lenkte Ulrichs Aufmerksamkeit von seinen Gedanken ab. Das Alphamännchen des Montanarudels lachte nicht oft, aber es war für jeden ersichtlich, dass das Kind, das Keisha unter dem Herzen trug, den düsteren Zauberer weicher machte. Gewöhnlich war es Stefan, der in einer Runde wie dieser lachte und Scherze machte oder
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