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0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

0758 - Mörder aus der Spiegelwelt

Titel: 0758 - Mörder aus der Spiegelwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Lyon, Frankreich, Rue de Brest
    Durch die feine Struktur des kunstvoll drapierten Tülls konnte man als aufmerksamer Beobachter die Silhouette einer Frau erkennen. Seit Stunden stand sie dort unbeweglich wie eine Schaufensterpuppe. Nur ganz selten bewegte sie einen Arm, einen Fuß - die Sorgen machten ihre Gliedmaßen schwer wie Blei.
    Sorgen um die Existenz, die Zukunft.
    Ihr Blick war starr auf die Straße gerichtet, die an diesem trüben Tag noch menschenleerer schien, als sie es in der letzten Zeit ohnehin war. Die weltweite Rezession war auch in Frankreich deutlich zu spüren. Auch die Schönen und Reichen des' Landes hatten den Euro längst nicht mehr so locker sitzen, wie es früher der Fall war. Die Rue de Brest gehörte seit jeher zu den noblen Einkaufsvierteln von Lyon und bekam diese Auswirkungen besonders hart zu spüren.
    Marie Voloh hatte ihre Nobel-Boutique vor über 6 Jahren hier eröffnet und sie Donna M getauft. Der Name war rein logisch gewählt, denn in ihrer Zeit, als auf der ganzen Welt bekanntes Super-Model hatte die Presse Marie diesen Künstlernamen verliehen. Sie hatte ihn geschmeichelt akzeptiert und ihn geschäftstüchtig als Warenzeichen für sich patentieren lassen. Sie war Donna M - bis sie kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag entsetzt feststellten musste, dass die Zeit in diesem Beruf einen grausamen Part spielte. Für ein Modell bedeutete die berühmte 3 vor dem Komma in den Lebensjahren das nahende Ende des Jobs. Ausnahmen bestätigten natürlich auch hier die Regel, doch das traf nicht auf Marie zu.
    Wehmütig ließ sie ihre Blicke durch den-Verkaufsraum gleiten. Volle Regale waren Pflicht, doch wenn auch die Lagerräume mit Ware überquollen, die seit Monaten dort wie Blei lag, sprach das eine nur zu deutliche Sprache.
    Die Pariser Prêt-à-Porter-Kollektionen für die kalte Saison hüllen die Damenwelt in fließende Stoffe, gemischt mit zarten transparenten Teilen und dicken wärmenden Gewändern. So hatte es im vergangenen Herbst in den einschlägigen Medien geheißen. Marie hatte mit sicherer Hand und ihrer ganzen Erfahrung eingekauft. Yves Saint Laurent-Designer Tom Ford war hier mit seinen Modellen ebenso vertreten wie Marc Jacobs und viele andere Top-Kreateure der Branche.
    Nur die Kunden blieben aus.
    Ein harter Winter, der in der Rue de Brest für mehr als eine Geschäftsaufgabe gesorgt hatte. Und Donna M würde es als Nächstes treffen. Denn das Sommergeschäft ließ sich nicht viel besser an. Vielleicht noch vier, ganz sicher nicht mehr als sechs Wochen, dann würde Marie Voloh ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen können. Und dann? Sicher würde sie eine Arbeit finden, denn ihr noch immer bekanntes Gesicht würde so manche Tür öffnen. Zumindest hoffte sie es.
    Bestürzt hatte Marie festgestellt, dass sie sich in den vergangenen Monaten eine dumme Angewohnheit zu eigen gemacht hatte: Sie führte immer öfter Selbstgespräche. Ihre letzte Beziehung war kurz vor Weihnachten zerbrochen. Ein Hauptgrund dafür war sicherlich ihre nervliche Anspannung, die sie auch privat nicht ablegen konnte. Paul hatte das nicht länger mittragen wollen und war gegangen. Alles in allem also keine guten Aussichten für dieses Jahr.
    Marie Volohs Augen weiteten sich vor Entzücken, als sie die beiden Personen erkannte, die gerade eben in die Rue de Brest eingebogen waren und Arm in Arm schlendernd auf ihr Ladenlokal zuhielten.
    »Marie, die Sonne geht auf!« Ein freudiges Lächeln umspielte ihre Lippen. Professor Zamorra und seine Lebensgefährtin, die absolut modebewusste Nicole Duval! Gut, das würde Donna M natürlich nicht retten, aber unter Umständen konnte es die Miete für diesen Monat einbringen. Sofern das Scheckbuch des Professors heute locker saß…
    ***
    Marie Voloh und Nicole Duval begrüßten sich wie alte Freundinnen -Küsschen, Küsschen… Zamorra hingegen begnügte sich mit einem höflichen Handkuss und hielt sich dezent im Hintergrund, während Nicole über die sündhaft teuren Kleidungsstücke herfiel wie eine ausgehungerte Wölfin.
    »Aber keine Ladenhüter, Marie! Du kennst mich.« Die Frauen kannten sich gut genug, um das vertraute Du zu benutzen. Schließlich zählte Nicole seit der Eröffnung von Donna M zu den treusten Kundinnen.
    Die nächste Stunde kam Nicole kaum aus der Umkleidekabine heraus. Irgendwie schien sie aber mit nichts zufrieden zu sein, wirkte fahrig und nervös. »Hast du nichts wirklich Exquisites in deinem Laden, Marie? Ich weiß nicht,

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