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Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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obwohl er schon Schuhschützer trug. Er durchquerte den Flur und begab sich in die Küche zu Westman, die mit dem Rücken am Fenster stand. Von hier aus konnte man den ganzen Raum überblicken.
    »Was siehst du, Petra?«
    »Zunächst einmal sehe ich Kinder, denen Schlimmes zugestoßen ist«, antwortete sie resigniert. »Schon wieder.«
    Er vermutete, dass sie an den kleinen Jungen dachte, den sie vor weniger als einem halben Jahr in einem Gebüsch gefunden hatte. Sjöbergs Gedanken wanderten dagegen zu einem kleinen Mädchen in einer Badewanne zurück.
    »Ich sehe eine einsame Frau«, fuhr Westman fort. »Eine entwurzelte Frau mit Geldproblemen.«
    »In einer Eigentumswohnung in Norra Hammarbyhamnen? Die Wohnungen hier kosten Millionen.«
    »Ja, ich weiß, dass das nicht zusammenpasst. Aber hier herrscht das Gegenteil von Überfluss. Der Kühlschrank und die Schränke enthalten nicht mehr als das Allernotwendigste. Und alles ist billig: Kleidung, Möbel, Hausrat, Körperpflegeartikel. Man könnte es auch sparsam möbliert nennen. So gut wie keine persönlichen Gegenstände. Es sieht nicht fertig aus. Das muss dir doch auch aufgefallen sein, Conny.«
    »Und warum glaubst du, dass sie allein war?«
    »Genau darum. Weil alles so unpersönlich ist. Sie wollte nicht hier sein. Zu Hause war für sie woanders.«
    Als die Techniker mit Gabriella Hansson an der Spitze ankamen, hatte Sjöberg die Wohnung am Trålgränd 5 schon verlassen und befand sich unten im Hof. »Hallo, Bella«, sagte Sjöberg.
    »Du siehst müde aus.«
    Sie blieb nicht stehen, sondern verlangsamte nur ihr Tempo, als sie an den Polizisten vorüberging.
    »Es sind Kinder. Überall Blut«, warnte Sjöberg.
    »Unfall?«
    »Ausgeschlossen.«
    Sie beschleunigte wieder ihre Schritte und eilte zielstrebig weiter, leicht gebeugt von dem Gewicht der beiden großen Taschen, die sie in den Händen trug. Sjöberg machte kehrt und lief zum Eingang zurück, und während er ihr die Tür aufhielt, wagte er eine vorsichtige Bitte:
    »Wir brauchen alles, was uns etwas über ihre Identität sagen kann. Persönliche Dokumente, Adressen, Rechnungen ...«
    »... Fotografien, Quittungen, Korrespondenz und so weiter«, ergänzte Hansson. »Du hast es vor vier auf deinem Schreibtisch.«
    Auch der Rechtsmediziner Kaj Zetterström schlüpfte zusammen mit einem Kollegen hinein, bevor Sjöberg die Tür hinter ihnen ins Schloss fallen ließ und sich hinunter zum Hammarbykanal und dem Uferweg begab, über den man ein paar Blöcke weiter zur Polizeiwache gelangte. Er beeilte sich nicht, seine Kollegen einzuholen, deren Rücken gut hundert Meter weiter vorn im Nieselregen verschwanden. Er wollte eine Weile mit sich selbst und seinen Gedanken allein sein, zumindest während der vier Minuten, die er bis zur Östgötagatan 100 brauchte.

Dienstagnachmittag
    E in paar Stunden später hatten Conny Sjöberg, Jens Sandén, Petra Westman, Jamal Hamad und der groß gewachsene Staatsanwalt Hadar Rosén – wie üblich im grauen Anzug, mit weißem Hemd und Krawatte – sich um den Tisch im blauen, ovalen Besprechungsraum versammelt. Auch der stellvertretende Polizeidirektor Gunnar Malmberg war zu Sjöbergs Überraschung gekommen, denn er wollte sich ein Bild davon machen, wie man an diesen aufsehenerregenden Fall herangehen wollte. Er versuchte, ein Lächeln in sein vom Ernst der Stunde geprägtes Gesicht zu zaubern, während er jeden Einzelnen mit Handschlag begrüßte, und Sjöberg stellte mit Erleichterung fest, dass auch Westman unverkrampft mit der Situation umzugehen schien. Er konnte sich nicht erinnern, sie seit diesem unangenehmen Zwischenfall vor einem halben Jahr gemeinsam in einem Zimmer gesehen zu haben, als Malmberg ihr auf Anweisung von Polizeidirektor Roland Brandt mehr oder weniger befohlen hatte, ihren Abschied zu nehmen. Anlass war eine obszöne E-Mail, die von Westmans Mailkonto an Brandt geschickt worden war und die Sjöberg am liebsten niemals gesehen hätte. Aber das Ganze war mittlerweile von beiden Seiten anscheinend vergeben und vergessen, und das war auch gut so, denn interne Zwistigkeiten konnten sie sich nicht leisten.
    »Bella kommt nicht, aus nachvollziehbaren Gründen«, begann Sjöberg, »aber sie hat schon einiges Material geliefert, mit dem wir arbeiten können.«
    Er hielt eine durchsichtige Plastiktüte hoch, deren Inhalt offensichtlich aus verschiedenen Papieren, einem Pass und einigen Ansichtskarten bestand.
    »Verdammt fix, diese Frau«, stellte Sandén

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