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Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Kapitel 1
Blutspur

    Rowarn schlief und wusste noch nicht.
    Der Morgen zog unschuldig und rein herauf, behutsam tastete der erste Sonnenstrahl über den Horizont und kündigte einen strahlenden Tag an. Die Sterne schwanden im aufdämmernden Licht, und ein zartrosa Streifen breitete sich am Rand der Welt aus. Leises Piepsen drang aus den Büschen, als die Jungvögel erwachten. Ihre Eltern plusterten das Gefieder auf und schüttelten sich, bevor sie sich ausgiebig putzten und auf die anstrengende Futtersuche vorbereiteten. Der letzte Nachtjäger schlich müde in den Wald, ohne sich noch einmal umzudrehen. Frühnebel kroch über die zartgrünen Wiesen, und tauglänzende Blüten öffneten sich und gaben ihr süß duftendes Inneres der Sonne preis.
    Rowarn drehte sich selig lächelnd im Gras um. Anini ..., seufzte er im Traum, der so wirklich schien. Ein Traum, der gestern in der Dämmerung mit dem Fest begonnen hatte.
    Die Lobpreisung des wachsenden Korns war voll der Ausgelassenheit und des Frohsinns gewesen. Rowarn hatte sich die ganze Zeit am Rand des Festes gehalten, so nah und doch fern, hatte geschwiegen und sich beinahe unsichtbar gemacht. Es gab nur einen Grund für ihn, hier zu sein, und immer nur hatte er sie angesehen: Anini , Schönste der Stadt , so wurde sie genannt, und so flüsterte Rowarn ihren Namen auch heimlich für sich, kostete jede einzelne Silbe wie einen süßen Honigtropfen. Während die anderen aßen und tranken, während köstliche Düfte seine Nase umschmeichelten, verspürte Rowarn kein Verlangen nach saftigem Braten, gewürzt mit den ersten Frühlingskräutern, nach dampfendem Brot aus dem Holzofen und schwerem Honigbier. Anini war für ihn Nahrung genug, die seine Augen sättigte, und der Magen musste schweigen.
    An diesem Abend strahlte sie heller als der Mond, mit kupferrotem, blumenumkränztem Haar und Augen wie Kornblumen, und mit roten Lippen, die entweder fröhlich lachten oder weich küssten – vielleicht einen jungen Verehrer, ab und zu ein rotwangiges Kind. Anini konnte wählerisch sein, mit wem sie tanzte, doch sie erwählte viele während des langen Abends, unter dem Schein der Öllampen und Kerzen in bunten Gläsern, die ein zauberisches Licht verströmten. 
    Mit fortschreitender Dunkelheit wechselte die Stimmung zusehends zu trunkener Heiterkeit, viele Gesichter glänzten, Nasenspitzen wurden rot von Bier und Wein. Das neue Frühjahr musste ausgiebig gefeiert werden, damit es eine gute Ernte gab. Und die Vorzeichen waren gut: Das Wetter war klar, die Luft mild und voller Blütenduft. 
    Als es allmählich auf Mitternacht zuging, die Musiker erschöpft zu langsameren Weisen übergingen und der Kreis sich lichtete, kam Anini unerwartet auf Rowarn zu, der den ganzen Abend hindurch seinen Platz auf der Bank am Rande des Lichtscheins nicht verlassen hatte. Er konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich zu ihm wollte. Erfreut, aber auch unsicher, sah er ihr entgegen. (War dies noch Traum? Oder schon Erinnerung? Oder ... Wirklichkeit?)
    Sie blieb vor ihm stehen, die Hände in die Seiten gestemmt. »Nun, Rowarn«, begann sie mit strenger Stimme. »Was sitzt du stundenlang hier herum und starrst mich fortwährend an? Missfalle ich dir so sehr?«
    Er machte ein erschrockenes Gesicht und schüttelte betreten den Kopf. »G-ganz im Gegenteil, ich, ähm, finde dich w-wunderschön«, brachte er ungelenk heraus.
    »So?« Ihre Augen blitzten auf. »Und warum hast du mich dann nie zum Tanzen aufgefordert? Den ganzen Abend habe ich darauf gewartet!«
    Er blinzelte überrascht. »Ich hätte nie gewagt ...« Dabei tanzte er gern, er konnte sich sehr geschmeidig und ausdrucksstark im Einklang der Musik bewegen, als wäre es ihm angeboren.
    Da lachte sie. »Rowarn, du bist ein Tölpel. Hattest du so viel Angst, ich könnte dich abweisen, dass du es gar nicht erst versuchen wolltest? Du musst noch viel lernen! Du solltest dich mehr in menschlicher Gesellschaft aufhalten, wo du hingehörst, und nicht nur bei deinen hufbeinigen Muhmen. Die haben dich ja mehr wie einen der Ihren aufgezogen, anstatt wie einen Menschen.«
    »Es – es tut mir leid«, stammelte er. »Ich wusste nicht, ob ich willkommen bin, nach all dem Schrecklichen, was in letzter Zeit …«
    »Sch-scht.« Anini legte ihm einen Finger an den Mund. »Lass die anderen doch reden, sie sind nur neidisch. Und sie fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen. Aber ich weiß, dass du ein gutes Herz hast. Ich kann es in deinen Augen sehen.«

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