Unverstanden
in der Zeit, als sie versuchte, an alles Mögliche zu denken außer an Jeffrey, war er in ihrem Hinterkopf doch immer da gewesen.
Sie strich ihm mit den Lippen langsam und zärtlich über den Hals, bis seine Haut reagierte. Sie ließ die Hände über seinen Rücken zur Taille gleiten und zog ihn an sich auf eine Art, die unmissverständlich war.
Er schaute überrascht, aber als sie ihn auf den Mund küsste, küsste er zurück. In diesem Augenblick wollte Sara weniger Sex als die Intimität, die dazugehörte. Wenigstens war dies etwas, was sie wirklich gut konnte.
Jeffrey löste sich wieder von ihr. »Lass uns nach Hause fahren, okay?« Er steckte ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ich koche uns etwas und dann legen wir uns auf die Couch und …«
Sie küsste ihn noch einmal, knabberte an seiner Lippe, drückte ihn wieder an sich. Er brauchte nie viel Überredung, aber als seine Hand zum Reißverschluss ihres Rockes glitt, wanderten ihre Gedanken zu Dingen, die zu Hause zu erledigen waren: der Stapel Wäsche, der zusammengelegt werden musste, der tropfende Wasserhahn im Gästezimmer, das zerrissene Einlegepapier in den Schubladen der Küchenschränke.
Schon die Vorstellung, ihre Strumpfhose auszuziehen, empfand sie als Überforderung.
Er löste sich mit einem schmalen Lächeln wieder von ihr. »Komm«, sagte er, nahm sie bei der Hand und führte sie aus dem Waschraum. »Ich fahre dich nach Hause.«
Mitten in der Eingangshalle bimmelte sein Handy. Er schaute Sara fragend an, als brauche er ihre Erlaubnis, um den Anruf anzunehmen.
»Mach nur«, sagte sie, weil sie wusste, dass derjenige, der anrief, es noch einmal versuchen oder, noch schlimmer, zu ihnen nach Hause kommen würde. »Geh nur dran.«
Er wirkte noch immer widerwillig, zog aber dennoch das Handy vom Gürtel. Sie sah ihn die Stirn runzeln, als er auf die Anruferkennung schaute und sich dann meldete: »Tolliver.«
Sara lehnte sich an die Empfangstheke und verschränkte
die Arme, während sie versuchte, seine Miene zu interpretieren. Sie war schon viel zu lange die Frau eines Polizisten, um noch zu glauben, dass es so etwas wie einen einfachen Anruf gab.
»Wo ist sie jetzt?«, fragte Jeffrey. Er nickte und seine Schultern verkrampften sich, als er die Antwort hörte. »Okay«, sagte er und schaute auf seine Uhr. »Ich kann in drei Stunden dort sein.«
Er unterbrach die Verbindung und drückte dann das Handy so fest, dass Sara schon meinte, er zerbräche es.
»Lena«, sagte er knapp, als Sara ihn eben fragen wollte, was los sei. Lena Adams war Detective in seiner Truppe und neigte dazu, permanent in Schwierigkeiten zu geraten und Jeffrey mit hineinzuziehen. Allein schon die Erwähnung ihres Namens verhieß nichts Gutes.
Sara sagte: »Ich dachte, sie ist in Urlaub.«
»Es gab da eine Explosion«, antwortete Jeffrey. »Sie ist im Krankenhaus.«
»Alles in Ordnung mit ihr?«
»Nein«, sagte er und schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er eben gehört hatte. »Sie wurde wegen Mordverdachts verhaftet …«
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