Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Stoiber seine Memoiren, ebenfalls ein frommes Buch – im Sinn der Selbstbeweihräucherung. Weil die Welt sich ändert lautet der Titel. Zu den Memoiren Stoibers bemerkte Horst Seehofer in einem Grußwort, Stoiber habe darin ein hohes Maß an Rücksicht auf die politische Familie genommen: »Alles, was du schreibst, stimmt. Nur schreibst du auch über vieles nicht, was stimmt.« Die SZ kommentierte, die Memoiren würden so große Lücken aufweisen, als hätten sich die Motten vor der Drucklegung durchs Manuskript gefressen. Warum sah Stoiber sich veranlasst, so vieles auszublenden?
Die Scheinheiligkeit war immer schon das Kennzeichen bestimmter Hauptprotagonisten der CSU . Man tarnt sich als bekennender Christ, trägt die christlichen Werte wie eine Monstranz vor sich her, in Wirklichkeit aber schreckt man auch vor menschenverachtenden Praktiken mitunter nicht zurück. Man gibt vor, das Wohl der Bürger zu fördern, hat aber vor allem den Machterhalt und die eigene Karriere im Sinn. Man gibt vor, den sozialen Ausgleich zu wollen, begünstigt aber klammheimlich die Reichen und Superreichen. Man spiegelt Rechtsstaatlichkeit vor, praktiziert aber das Unrecht, schützt Straftäter und verfolgt Unschuldige. Tarnung und Täuschung sind das pseudopolitische Lebenselixier.
Die an Gustl Mollath verübte Schandtat ist die abscheulichste Ausgeburt dieser Skrupellosigkeit: Es war kein Justizirrtum, alle bekannten Fakten lassen auf vorsätzliches Handeln schließen! Den Arglosen gilt es die Augen zu öffnen. Doch es geht nicht allein darum, das Verwerfliche anzuprangern, sondern eine Umkehr zu erzwingen. Nach meinem ersten Buch prophezeite mir sarkastisch Erich Riedl, der frühere CSU -Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: »Der Titel Ihres nächsten Buches wird bestimmt heißen: ›Es geht alles so weiter wie bisher!‹« Dieser Titel wäre in der Tat ebenso zutreffend wie der gewählte.
Aber es darf nicht so weitergehen!
Einführung
1 Das Echo auf das Buch »Macht und Missbrauch«
Die Präsentation des Buches
Im voll besetzten großen Saal des Literaturhauses in München wird am 9 . Juli 2009 mein Buch Macht und Missbrauch vorgestellt. Unter den Zuhörern befinden sich mehrere Landtagsabgeordnete, hohe Beamte und viele Journalisten. Jürgen Horbach, der Vorstandsvorsitzende der VEMAG -Verlagsgruppe, in deren Fackelträger Verlag mein Buch erschienen ist, verweist in seinen einführenden Worten auf die Brisanz des Buches und das hohe Risiko zu erwartender Gegenschläge. Michael Stiller, über lange Jahre leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung für den Bereich der bayerischen Landespolitik, rückt in seiner Rede meinen früheren Widerstand gegen die massiven Gesetzwidrigkeiten bestimmter Spitzenpolitiker in den Vordergrund.
Fast 30 Jahre war ich im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen tätig. Als ich mich 1977 wegen rechtswidriger Machenschaften bei Entscheidungen von Steuerfällen mit Be zügen zu F. J. Strauß an den Bayerischen Landtag wandte, löste ich einen großen Skandal aus. Der Landtag setzte einen Untersuchungsausschuss ein, der Rechnungshof bestätigte jedoch meine Vorwürfe. Daraufhin verfolgte mich Strauß mit Disziplinarverfahren und Zwangsversetzung und verhinderte jahrelang meine Beförderung zum Ministerialrat. Diese konnte ich aber 1980 im Zuge seiner Kanzlerkandidatur erreichen. Großes Aufsehen erregte ich ein zweites Mal, als ich mich 1993 erneut an den Landtag wandte und meine durch Strauß veranlasste Diskriminierung schilderte. Strafverfahren und Disziplinarverfahren, die man daraufhin gegen mich einleitete, scheiterten kläglich. Jetzt, nach meiner Pensionierung, legte ich in meinem Buch diese und viele andere Missbräuche der Macht offen.
Als das Publikum nach der Lesung Fragen an mich stellt und von mir wissen will, was mich dazu veranlasst hat, dieses Enthüllungsbuch zu schreiben, antworte ich, dass ich den Gesetzwidrigkeiten und Straftaten bestimmter Spitzenpolitiker der CSU entgegenwirken und diese für die Zukunft verhindern sowie den Bürgern, die den Politikern bisher blind vertraut hätten, die Augen öffnen wolle. Darüber hinaus war es mein Anliegen, jenen Beamten, die pflichtgemäß Recht und Gesetz anwenden wollten, dafür aber »von oben« abgestraft wurden, eine Hilfestellung zu geben.
Lange hatte ich gebangt, ob das Buch wirklich erscheinen würde! Wer alles wurde doch darin angegriffen, bloßgestellt, teilweise schwerer Verfehlungen beschuldigt:
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