Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter
Bestandsaufnahme
Im Jahr 1987 veröffentlichte die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) den wegweisenden Bericht Unsere gemeinsame Zukunft . Vorsitzende der Kommission war die ehemalige norwegische Ministerpräsi dentin Gro Harlem Brundtland. Der Bericht ist für seine Definition des Begriffs »Nachhaltige Entwicklung« bekannt. Er hat eine ernsthafte Debatte darüber ausgelöst, wie wir uns für nachhaltige Entwicklung engagieren können. Gegenstand des Berichts waren unter anderem die globalen Allmendressourcen. Heute wissen wir, dass die Menschen es in den zwei darauf folgenden Jahrzehnten versäumt haben, die Tragödie der massiven Überfischung der Meere zu verhindern,der Abholzung unserer Wälder Einhalt zu gebieten und den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren. Immerhin, in ein paar Nischen (die Hummerfischerei im US-Bundesstaat Maine ist ein wichtiges Beispiel hierfür) sind die Gemeingü ter heute in besserem Zustand als noch vor ein oder zwei Jahrzehnten.
Ein Grund für diesen zwiespältigen Befund ist, dass sich die betrachteten Ressourcen erheblich voneinander unterscheiden. Ein weiterer Grund liegt darin, wie wir bereits gesehen haben, dass Funktionäre und Berater sich in Sachen Ressourcenmanagement oft für eine einzige idealisierte Lösung einsetzen. Solche Empfehlungen sind Teil des Problems statt Teil einer Lösung. Und schließlich sind viele der dringendsten Probleme, denen künftige Generationen begegnen müssen, globaler Natur. Auf globaler Ebene aber ist es sehr viel schwieriger als auf lokaler Ebene, sinn- und wirkungsvolle Regulierungsformen zu entwickeln.
Wie die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung in ihrem Bericht feststellte, werden im globalen Raum
»traditionelle Formen der nationalen Souveränität […] durch die ökologische und wirtschaftliche Verflechtung zu nehmend infrage gestellt. Nirgends gilt dies mehr als mit Blick auf die globalen Ökosysteme, die wir uns alle teilen müssen.« (WCED, S. 261)
Daher forderte die Brundtland-Kommission Wissenschaftler, Funktionäre und Bürger heraus, sich der Erkenntnis zu stellen, dass es nur eine gemeinsame Zukunft gibt.
Diese Zukunft ist akut bedroht, wenn wir uns nichtdarauf konzentrieren, unser gemeinsames Erbe zu schützen und zugleich die Menschen besser an den Erträgen teilhaben lassen, die wir aus den Ressourcen schöpfen. Überall.
Die WCED verstand »Umwelt« als das, worin Menschen leben; mit dem Begriff »Entwicklung« beschrieb sie die Anstrengungen, die sie unternehmen, um ihr Leben zu verbessern. Die Kommission schrieb:
»Die Menschheit kann Entwicklung nachhaltig gestalten und somit sicherstellen, dass die Bedürfnisse der heutigen Generationen befriedigt werden, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen aufs Spiel zu setzen, ihre Bedürfnisse ebenfalls zu befriedigen.« (WCED-Bericht, Fußnote 1, S. 8)
Es folgte die erste Bilanz
Ein Jahrzehnt nach Veröffentlichung des Berichts wertete William Clark von der Harvard Kennedy School of Government den Einfluss der Brundtland-Kommission auf das weltweite Umweltengagement aus. Clark berichtete von den vielen Enttäuschungen, Rückschlägen und dem zunehmenden Zynismus auf internationalen Konferenzen, die sich eigentlich mit dem Vorankommen in Richtung nachhaltiger Entwicklung befassen sollten. Daneben identifizierte er aber auch positive Entwicklungen. » Um sie zu sehen «, so argumentiert er im Editorial eines Beitrags »Brundtland +10, Rio +5« im September 1997:
»… ist ein Perspektivwechsel nötig; von der kurzfristigen, globalen Perspektive der internationalen Umweltdiplomatie zu langfristigen Perspektiven für konkrete Prozesse nachhaltiger Entwicklung vor Ort. Man findet sie nicht geballt an einem Ort […]. Die Befunde, die sich dabei ergeben, sind natürlich gemischt. Da gibt es vor Ort Katastrophen, wirtschaftliche Kurzsichtigkeit, Geiz und programmatische Mängel. Aber verglichen mit der Situation vor 20, zehn oder gar fünf Jahren ist es doch sehr erstaunlich, in welchem Maße sich die Idee der Nachhaltigkeit durchgesetzt hat.«
Nur wenige Jahre später, 2001 bis 2005, wurden für das von UN-Generalsekretär Kofi Annan in Auftrag gegebene Millennium Ecosystem Assessment (MEA) aktuelle Daten zum Zustand der weltweiten Ökosysteme erhoben. Das erste und wichtigste Ergebnis war, dass sich die Ökosysteme im vergangenen halben Jahrhundert schneller verändert haben als in jedem vergleichbaren Zeitraum der Menschheitsgeschichte zuvor. Die
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