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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther
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entwickelt hat, auch im Gehirn verankert. Später wird sie bei jeder Erfahrung des Getrenntwerdens zwangsläufig als innere Referenz, wie es sein müsste, mit aktiviert. Und damit werden auch die neuronalen Netzwerke, die diese Information tragen, auf jeder Entwicklungsstufe unseres Lebens immer wieder neu stabilisiert.
    So trägt also jeder Mensch zeitlebens all das weiter in sich, was er in der Welt, in der er sich zurechtzufinden versucht, nicht leben kann: das kleine Kind, das er einmal war, den weiblichen oder männlichen Anteil, den er abgespalten hat, die Ganzheit, die er in sein Denken und sein Fühlen, in seinen Kopf und seinen Körper zerlegt hat, die Liebe, die er einmal erfahren hat. Erträglich wird ihm dieser Zustand durch bestimmte Vorstellungen, Überzeugungen, Haltungen und Einstellungen, die er im Laufe seines Lebens aufgrund der Erfahrungen, die er beim Versuch, seine Grundbedürfnisse zu stillen, gemacht und in seinem Frontalhirn verankert hat. Sie heißen: »Da muss man durch«, »Da hat man keine Wahl«, »Das geht nicht anders«, »Das hält man aus.«
    Um glücklich zu werden, müsste ein solcher Mensch die durch diese negativen Erfahrungen entstandenen Verschaltungsmuster und die von ihnen generierten einengenden Vorstellungen, Überzeugungen, Haltungen und Einstellungen irgendwann wieder auflösen. Das heißt, er müsste genau das loslassen können, was ihn bisher gehalten hat. Beim Sterben geschieht das möglicherweise von ganz allein, weil dann, wenn die Blutversorgung des Gehirns zusammenbricht, das Frontalhirn meist zuerst seine Funktionsfähigkeit verliert. Aus eigener Kraft und zu Lebzeiten schaffen es allerdings nur sehr wenige Menschen, ihre im Frontalhirn verankerten, ihnen Halt bietenden Vorstellungen, Überzeugungen, Haltungen und Einstellungen loszulassen. Denn das macht Angst, und die ist nur durch ein anderes, gegenteiliges Gefühl zu überwinden: durch vorbehaltlose und allumfassende Liebe. Wenn einem Menschen das gelänge, wäre er mit sich und der Welt versöhnt.

Potentialentfaltung in menschlichen Gemeinschaften
    Kein Lebewesen ist ohne andere Lebewesen überlebensfähig. Jedes Tier, jede Pflanze, ja sogar jedes Bakterium verdankt seine Existenz dem Umstand, dass es Eltern gab, die es gezeugt und mit dem zum Überleben Notwendigen ausgestattet haben. Jedes Individuum einer Art ist also immer nur das letzte heute lebende Glied einer langen Kette transgenerational miteinander verbundener Vorfahren. Die Mitglieder einer Art sind also alle miteinander verwandt, sind nur unterschiedlich gewordene Nachfahren der gleichen Vorfahren. Und weil diese am Anfang der Ahnenkette stehenden Vorfahren einer bestimmten Tier- oder Pflanzenart ja selbst auch nur unterschiedlich gewordene Nachfahren von gemeinsamen Vorfahren waren, sind auch die Mitglieder verschiedener Arten über diese gemeinsamen Vorfahren noch immer eng miteinander verbunden. Manche Merkmale teilen sie noch immer miteinander, andere Merkmale sind erst später entstanden, sind also spezifische Merkmale entweder der betreffenden Art, der betreffenden familiären Linie, also der Sippe, oder aber des aus dieser Linie hervorgegangenen Individuums. Die Möglichkeit, dass als gegenwärtige Verkörperung dieser jeweiligen Entwicklungslinien genau dieses Individuum entsteht, was jedes einzelne Lebewesen heute ist, war also von Anfang an bereits in unseren ersten Vorfahren angelegt. Es hat sich erst im Verlauf dieser langen Entwicklungsreihe in dieser Weise entfaltet. Bei uns so, bei anderen Lebewesen anders, je nachdem, welche Voraussetzungen und Möglichkeiten für die eigene Entwicklung innerhalb der jeweiligen Lebenswelt von den jeweiligen Vorfahren bereitgestellt, übernommen und genutzt werden konnten.
    Die wichtigste Voraussetzung, die unsere Vorfahren für uns bereitgestellt haben, sind die von ihnen gemeinsam über Generationen hinweg geschaffenen und weitergegebenen Kulturleistungen. Die biologischen Voraussetzungen, also die genetischen Anlagen, die es ermöglichen, diese Kulturleistungen hervorzubringen, haben diese Vorfahren nicht selbst geschaffen. Die haben sie von ihren damals noch ziemlich tierischen Vorfahren übernommen. Dazu zählen vor allem all jene genetischen Anlagen, die die Herausbildung eines enorm plastischen, zeitlebens umbaufähigen Gehirns ermöglichen. So ein Gehirn hatten sie damals auch schon, aber die Erfahrungen, die sie damals in ihren frühen Gemeinschaften machen konnten, waren eben andere

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