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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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gegenüber dagegen auf einen See. An dieser Wand stand ein altes Sofa mit grünem, genopptem Bezug, an der gegenüberliegenden ein Schrank. Er öffnete die Tür und schaute hinein. Leer. Der Bretterboden war verschmutzt und klebrig. Vorsichtig ließ er sich auf das Sofa sinken. Die Federn ächzten, und eine Staubwolke stob von dem verschlissenen Bezug auf. Also ging er wieder in die erste Kammer, zu dem Bett mit der Matratze. Streifte Jacke und T-Shirt ab und legte sich hin. War für eine Ewigkeit verschwunden. Als er endlich wieder erwachte, hatte er vergessen, wo er war, und außerdem hatte er geträumt. Deshalb beging er den großen Fehler, ohne vorheriges Nachdenken in die Sonne hinauszulaufen. Es war demütigend, seinen eigenen Inhalt von der Treppe kratzen und sich Nestors boshaftes Gelächter anhören zu müssen. Während ihm sein
    Gedärm wie Schlangenbrut durch die Finger glitt.
    Er erwachte zum zweitenmal. Setzte sich vorsichtig auf und starrte ins Leere. Strich sich über die Brust, doch die Brust war unversehrt. Nur eine rote, gezackte Narbe war noch vorhanden. Sie begann mitten zwischen den Brustwarzen und zog sich zum Nabel hinunter. Die Sonne stand jetzt höher am Himmel. Er stand auf. Die Kammer war fast leer, außer dem Bett gab es nur einen grob gezimmerten Nachttisch, kaum mehr als eine Kiste. Langsam durchquerte er den Raum. Öffnete die Nachttischschublade. Und während er hineinstarrte, rieb er sich zerstreut eine wehe Stelle an der Hüfte. Er hatte auf etwas Hartem gelegen. Er kehrte zum Bett zurück und betrachtete die Matratze. Betastete sie mit den Fingern. Dort lag etwas Schmales, Hartes. Mißtrauisch hob er die Matratze an und drehte sie um. Auf der Unterseite wies der Bezug ein großes Loch auf, ein wenig von der Schaumgummifüllung war entfernt worden. Er schob die Hand in das Loch und bohrte sich einen Weg. Fand etwas Kaltes. Zog es hervor und starrte es verwundert an, mochte seinen Augen nicht trauen. Ausgerechnet hier, in dieser heruntergekommenen Kate, in einer alten, angeschimmelten Matratze, lag ein Revolver. Er hielt ihn vorsichtig mit beiden Händen und schaute in den Lauf hinein. In Errkis Händen war diese Waffe ein fremder Gegenstand, doch als er sie in die rechte Hand nahm und mit dem Finger den Abzug berührte, spürte er, wie gut sie darin lag. Welche Kraft sie besaß. Alle Macht auf Himmel und Erden. Brise, Windstoß und Sturm. Neugierig öffnete er das Magazin und schaute hinein. Dort steckte eine einzige Kugel. Aufgeregt nahm er sie heraus und untersuchte sie sorgfältig. Sie war lang und blank und an der Spitze überraschend rund. Er schob sie wieder ins Magazin und freute sich darüber, wie gut sie hineinpaßte. Nachdem er diesen Fund gemacht hatte, sah er sich erst einmal ausgiebig um. Irgendwer hatte hier übernachtet und den
    Revolver versteckt. Das war seltsam. Vielleicht war der Unbekannte überrascht worden und hatte die Waffe nicht mitnehmen können. Vielleicht wartete er auf den richtigen Zeitpunkt, um zurückzukommen und sie zu holen. Es war ein schöner Revolver. Errki hatte keine Ahnung von Waffen, aber diese hielt er für einen großkalibrigen Revolver von teurer Marke. Er las die kleinen Buchstaben auf dem Schaft: Colt.
    »Was meinst du, Nestor«, murmelte er und drehte und wendete die Waffe. Dann hielt er inne und ließ sie fallen. Sie knallte auf den Boden. Er lief in die Küche, klammerte sich am Spülbecken an und blieb eine Weile so stehen. Das hätte er sich ja denken können. Daß Nestor ekelhafte Vorschläge machen würde. Er hörte, wie sie da unten in dem finsteren Keller lachten, daß der Staub nur so aufflog. Dann ging er wieder in die Kammer und starrte den Revolver lange an. Endlich schob er ihn in die Matratze zurück. Er brauchte ihn nicht, er hatte andere Waffen. Danach wanderte er durch das Haus, von der Küche ins Wohnzimmer und zurück, und die ganze Zeit starrte er die verdreckten Bodenbretter an. Sie knackten und ächzten in unterschiedlicher Tonhöhe. Bald hatte er auf seiner Wanderung von Zimmer zu Zimmer eine ganze Melodie gespielt. Seine schwarzen Haare wurden wütend hin und her geschwenkt, Jacke und Hose taten es ihnen nach. Er streckte die Arme schräg nach unten und bewegte die Finger im Takt der Brettermusik. Er wurde in den Rhythmus hineingesogen, er ging und ging, er konnte nicht aufhören und wollte es auch gar nicht. In dieser leichten Trance fand er Frieden, er brauchte nur zu gehen, hin und her, mit gleichmäßigen

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