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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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taten es dann in eine Wanne, und badeten und wuschen mit demselben den Leichnam, der noch nicht starr war, und namentlich in der Wärme des Wassers die Glieder aufgelöset hernieder hängen ließ. Als er rein war, legten sie ihn auf ein Tuch und salbten ihn überall mit Salben, die sie zu diesem Zwecke mit sich herbei gebracht hatten. Dann rissen sie aus den offenen Schreinen und lasen von dem Boden auf, was da geblieben war, und kleideten die Leiche vollständig an. Was nach diesem Geschäfte von Hüllen noch übrig geblieben war, packten sie zusammen und trugen es nach Hause.
    Die Leiche war wieder in das Gemach, in dem sie früher gewesen war, herausgetragen und auf die Erde nieder gelegt worden. Deborah lag nun da, angekleidet wie das Weib eines armen Mannes. Es bildeten sich Gruppen, um in der Nacht zu wachen, die Totenweiber waren auch wieder zurück gekehrt, manche Menschen gingen in den nächtlichen Trümmerwegen zu Abdias' Höhle ab und zu, und in dem Vorgemache, das nach auswärts führte, klagten und heulten die Weiber, die um Lohn herbeigekommen waren.
    Am andern Tage begrub Abdias sein Weib in dem steinernen Grabe, und zahlte die zwei versprochenen Goldstücke.
    Sie hatte wenig Glück in dieser Ehe gehabt, und als es angefangen hätte, mußte sie sterben.
    Die Nachbarn segneten sie mit ihren Lippen in das Grab hinein, als dasselbe mit den nämlichen Steinen geschlossen wurde, unter denen Aron und Esther schliefen, und sagten: Abdias sei es eigentlich gewesen, der sie um das Leben gebracht habe.

3. Ditha
    Als Deborah begraben worden war und sich der letzte Stein über ihrem Leibe zu dem Nachbarsteine gefügt hatte, gleichsam als lägen sie zufällig da und bärgen nicht so kostbare Dinge wie die Körper verstorbener An gehörigen, und da sie auch so schwer befunden worden waren und so fest auf einander lastend, daß keine etwa begierig schweifende Hyäne die Glieder auszuscharren vermochte: ging Abdias nach Hause, und stand vor dem kleinen Kinde. Mirtha hatte in einem anderen Gemache eine bessere und tiefere Mauernische ausgefunden. Sie war einstens mit Seide ausgefüttert und mit seidenen Polstern bedeckt gewesen. Esther hatte gerne das schöne Kind Abdias, darauf gelegt, damit sich sein süßes Lächeln recht heiter von der schonen, dunklen, grünen Seide hervorhebe. Jetzt waren aber keine solchen Dinge in der Nische vorhanden; denn die Vorhänge und Überzüge aus Seide waren herabgerissen und auf Saumtieren verpackt worden, die Kissen lagen allein da und waren zerfetzt, so daß das, womit sie gefüllt waren, ein zartes, dünnes Gras, gleichsam das Haar der Wüste, heraus quoll, wie das Innere eines menschlichen Körpers. Mirtha zog dieses feine Gefüllsel gar heraus, lockerte es mit ihren Fingern auf und polsterte damit den nackten, von spitzigen Steinen unterbrochenen Boden der Nische. Dann suchte sie unter den herumliegenden Lumpen etwas zusammen, was sie darauf breitete, um das Kind auf dieses Bettlein legen zu können. Von Linnen war überhaupt wenig in der Wüste, und das Beste dieses Wenigen hatten die Reiter mitgenommen. Daher machte sie aus Wolle, aus andern Stoffen, ja aus seidenen Lappen, deren Farbe nicht mehr zu erkennen war, Windel und legte sie auf einen Haufen neben die Nische. Da das neugeborne Mädchen auf diesem Bettlein schlief, war es, daß Abdias von dem Begräbnisse heim kam und sich vor dasselbe hin stellte.
    »Es ist so gut,« sagte er, »Mirtha; wir müssen nun weiter sorgen.«
    Er ging hinaus, und führte die Eselin, die er gekauft hatte, und die noch immer in dem Gemache angebunden war, in dem er sie gelassen hatte, herein. Er stellte sie, damit sie recht gut verwahrt sei, in das Gewölbe, welches sonst das Prunkgemach Esthers gewesen war, und in das von oben herab durch das vergitterte Fenster das Licht fiel. Dort band er sie sorgsam an, und richtete den hölzernen Riegel, mit welchem die Tür inwendig versehen war, wieder her, daß man ihn nachts, da man herinnen schlief, immer vorschieben könne. Von dem Vorrate dürren Wüstenheues, mit dem er sonst immer seine Kamele gefüttert hatte, war genug vorhanden, indem das Heu nicht in seiner Behausung, deren Äußeres, in so ferne es brennbar war, von den Soldaten abgebrannt worden war, sondern in einer nicht weit davon befindlichen trockenen Höhle der Trümmer aufbewahrt worden war. Die Plünderer hatten es wohl gefunden, hatten auch versucht, es anzuzünden, aber wegen Mangel an Luftzug, und weil es so dicht gepackt war,

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