Calendar Girl
1
Ich sitze weit nach hinten gebeugt auf diesem harten Stuhl. Meine Arme sind mit Handschellen gefesselt, Lederbänder zurren mich fest an die Lehne. Mir tut der Rücken weh. Mein Peiniger hat meine Beine so arrangiert, dass sie lang ausgestreckt in seine Richtung weisen, er hat mich in diese verrenkte Haltung geschoben und gezerrt, und jetzt hänge ich hier auf dem Stuhl, die Lehne drückt mir gegen die Schulterblätter, ich habe Mühe zu atmen und spüre die Gänsehaut auf meinen Armen.
Ich trage schwarze Reizwäsche, ein eng geschnürtes Korsett, einen Strumpfhalter, schwarze Nylons, hochhackige Schuhe, in denen ich keinen Schritt laufen könnte. Ich zittere.
Er kniet ein Stück entfernt vor mir, starrt zwischen meine Beine. Die Scheinwerfer blenden mich. Ich spüre, wie sich Tränen in meinen Augen sammeln und an meinen Schläfen entlang in meinen Haaransatz sickern. Ich habe einen Knebel im Mund, deshalb ist es mir unmöglich, zu schreien. Ich knurre und gurgele, stöhne und krümme mich.
»Nun halt doch endlich mal still!«, höre ich seine Stimme. Tief und befehlend. Ich hasse ihn dafür.
Etwas klickt, mehrmals hintereinander, scharf und metallisch. Ich höre, wie er sich bewegt, seitlich von mir Position bezieht. »Dreh den Kopf«, befiehlt er. »Schultern ganz zurück.«
Klicken. Schritte. Endlich geht das Licht aus und er nähert sich. Ich blinzele, stöhne noch einmal und trete nach ihm, in der Hoffnung, seine Eier zu erwischen oder wenigstens sein Knie.
Er weicht aus, lacht, fummelt an mir herum. Zerrt an den Lederbändern, dann höre ich, wie er die Handschellen aufschließt. Als Letztes nimmt er mir den Knebel ab. Ich richte mich auf, beuge mich vor, bis meine Stirn die Knie berührt, und höre, wie mein Nacken leise Knackgeräusche von sich gibt. »Du Arsch«, sage ich. »Das waren nie im Leben zehn Minuten.«
Er lacht wieder, leise, dunkel. »Fünfzehn. Nun stell dich nicht so an, Caro. Jennifer hält diese Pose locker eine halbe Stunde und kann dabei noch telefonieren.«
»Wohl kaum mit einem Knebel zwischen den Zähnen«, fauche ich und richte mich auf. Ich zerre an der Verschnürung der Corsage. »Hilf mir mal, Fo. Und zeig mir die Fotos. Wenn da irgendwo mein Gesicht zu erkennen ist, bring ich dich um!«
Er wirft mir einen Bademantel zu und ich wickele mich dankbar hinein. Der Bademantel gehört ihm, ich könnte darin zelten. Er beugt sich schon über sein Tablet und nickt, murmelt, markiert. Ich schaue ihm über die Schulter und starre auf meinen verdammt nackten Körper in künstlerischem Schwarzweiß.
Bin ich das? So lange Beine habe ich nicht. Und die Corsage pusht meine nicht allzu üppige Oberweite zu erstaunlichen Dimensionen hoch. Und - Gott sei Dank! - mein Gesicht ist nicht zu erkennen, nur das hochgereckte Kinn, die Linie der Wangenknochen, ein Stück des Lederbands, das mich knebelt. Eine Mähne, die über die Stuhllehne fast bis zum Boden hängt. Ich greife mir unwillkürlich ins Haar. Müsste mal wieder was abschneiden. Wollig und dicht. Ich habe es gehasst als Teenager, hab alles ausprobiert, um es glatt zu kriegen.
»Das hier ist schön«, sagt Fo und tippt mit dem Stylus auf ein Bild, das deutlich zeigt, wie dunkel meine Haut ist und dass ich mich untenrum nicht rasiere. Ich räuspere mich und merke, dass ich rot werde. Was man glücklicherweise bei mir kaum sieht.
Fo hebt den Blick und sieht mich an. »Caro?«
»Alles okay«, sage ich. »Tolle Fotos, du bist ein Künstler.«
Er verdreht die Augen und wischt auf dem Bildschirm herum. »Kaffee?«, fragt er geistesabwesend.
»Ja, gerne«, antworte ich und merke erst nach einer Weile, dass er wohl erwartet, dass ich mich darum kümmere. Ich grinse und schüttele den Kopf. Fokko Tjarks. Mein Mitbewohner. Meine beste, meine allerbeste Freundin.
Nein, Fokko ist nicht schwul. Aber er ist mehr als nur ein Mitbewohner oder ein Freund. Er ist wirklich das, was jedes Mädchen hat und braucht - die beste Freundin. Keine Ahnung, das sollte ja zwischen Männlein und Weiblein so nicht funktionieren, aber bei uns tut es das. Wir wohnen zusammen, wir streiten uns, wir gehen zusammen ins Kino oder einen trinken ... nicht mehr. Wir haben es beide auch nie in Erwägung gezogen, dass da mehr sein sollte oder könnte. Es ist gut so, wie es ist.
Ich steige in meine Jeans und ziehe das T-Shirt über den Kopf, dann binde ich mein Haar zusammen und lade die Kaffeemaschine. Ich gehe zum Kühlschrank und sehe nach, ob noch Milch da ist und
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