Werke
glücklich gelebt hatte, nur mehr wie blaue, duftige Erhebungen hinter mir stand.
Wir kamen nach dem Süden, dessen langgestreckte, einfache, verschwimmende Linien mich aufnahmen.
Mit einem sonderbaren gedrückten und schweren Herzen saß ich in dem Wagen und fuhr in der sonnenglänzenden, freundlichen und fruchtbaren Lombardie dahin. –
Ich war von da an in einer langen Reihe von Tagen und von Wochen in Venedig gewesen und hatte seine Schätze und den gesitteten, achtungswerten Menschenschlag kennen gelernt – ich war von da durch Toscana gefahren, das man den Garten Italiens nennt – ich hatte mich in die Campagna gewendet, die so luft-, duft- und lichtdurchwoben ist – ich war dann in Rom gewesen, das zwei große Vergangenheiten hat, eine geschichtliche und eine künstlerische – ich war nach Neapel gekommen und hatte gesehen, wie das blaue Meer, in dem die weißen Segel leuchteten, von dem langen Kranze der Stadt umschlungen ist, und wie wieder die Stadt in weitem Kreise von den grünen Höhen umfangen wird, in denen die Landhäuser wie andere Segel in einem zweiten Meere glänzen – ich war endlich einige Wochen in Neapel, das sie ein Stück Himmel nennen, geblieben; aber ich konnte nicht recht froh werden. Wenn ich in dem Wagen fuhr, wenn ich so auf freie Anhöhen kam, wenn ich die Merkwürdigkeiten der Zeit und Kunst ansah, oder wenn ich auf einer Felseninsel in der Bai von Neapel saß, schwebten mir die sanften Wangen und die schönen Augen Marias vor. Ich habe nie ein einfacheres, natürlicheres, edleres und großmütigeres Mädchen kennen gelernt. Die braune Farbe ihrer Wangen, gegen welche sie ihre Schönheit aufgeopfert hatte, kam mir verehrungswürdig vor, ich hätte sie durchaus nicht wegwünschen mögen, weil sie ihr Preis, ihr Schmuck und ihre Würde ist. Ihr klares, gerades Herz hatte sich so schön an das meine gewendet, was sie sagte und tat, war mir so zugeartet und verwandt, daß mir jetzt, da ich unter andern Menschen herum wanderte, war, als hätte ich meine Heimat, als hätte ich Vater, Mutter und alles verlassen. Ich hatte nie gewußt, was Zuneigung und Liebe zu einem Wesen des weiblichen Geschlechtes sei, jetzt wußte ich es.
Ich ging von Neapel noch gar in die Südspitze der Halbinsel und nach Sicilien. Dort aber wendete ich um. Den Plan eines längeren Verweilens in Italien gab ich nun vollends auf und suchte so schnell als möglich Treulust zu gewinnen. Ich ging durch die Halbinsel zurück, sah noch alles an, was ich auf der Hinreise nicht gesehen hatte, und nahm es mit ernstem Gemüte auf. In Livorno schiffte ich mich nach Genua ein, ging von da nordwärts und kehrte durch die Schweiz in das Vaterland zurück.
Es war ein trüber, nebliger Tag, als ich in Treulust eintraf. Der tiefe Herbst hing über der Gegend. Auf den Feldern waren keine Früchte mehr, sondern die Halme waren eingefurcht, und die braunen, nassen Schollen liefen dahin. Nur einige Futterkräuter und das letzte Gras auf den Rainen und Wiesen gab der Gegend ein Grün. Als ich zwischen meinen Gartenanlagen hinein fuhr, kamen mir die Gewächse, die in denselben standen, und die ich selber mit Freude gepflanzt hatte, wie schlechte Dinge vor. Unter Marias Händen wären sie besser gediehen.
Man hatte mich noch nicht erwartet; denn ich hatte in der letzten Zeit nicht geschrieben und von meiner Rückkehr nichts gemeldet. Als ich daher mit Postpferden in den Hof hinein fuhr und sie mich beim Aussteigen erkannten, kamen alle herbei, welche eben im Gebäude waren, und begrüßten mich und bezeugten ihre Freude, daß ich da sei. Mancher hatte mir zu sagen, welche Veränderungen während meiner Abwesenheit vorgefallen seien, und was er mir zeigen müsse. Mich freute die Freude der Leute, und es rührte mich, daß ich hier eine solche Anhänglichkeit besitze.
Ich dankte allen und grüßte sie von Herzen. Dann ließ ich meine Sachen abpacken, und mehrere der Leute geleiteten mich in meine Zimmer. Dort erwartete mich etwas Liebes. Ich fand nämlich da die Dinge, welche ich in Rikars Hause geschenkt erhalten und von Riva hieher gesendet hatte. Der Altknecht hatte sie auspacken und da nieder legen lassen. Auf dem Tische lag der Teppich und ließ einen Zipfel herab hängen, zum Zeichen, daß ihn meine Leute auseinander gelegt hatten, um zu sehen, ob er schön sei. Daneben lag das Fernrohr, lag der Lichtschirm, die Bücher Marias, die Büchschen mit dem Geigenharz, die Fächer mit den Saiten und alle die landwirtschaftlichen
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