Werke
schöne Dinge aus solchem für Eure Eltern veranlaßt.«
»Ja, und ich suche noch immer schöne Stocke Marmor zu erwerben, um sie gelegentlich zu künftigen Werken zu verwenden«, antwortete ich.
»Meine Vorliebe für den weißen Marmor habe ich wohl aus den reichen, schönen und großartigen Dingen gezogen,« entgegnete sie, »die ich in Italien aus ihm ausgeführt gesehen habe. Besonders wird mir Florenz und Rom unvergeßlich sein. Das sind Dinge, die unsere höchste Bewunderung erregen, und doch, habe ich immer gedacht, ist es menschlicher Sinn und menschlicher Geist, der sie entworfen und ausgeführt hat. Euch werden auch Gegenstände bei Eurem Aufenthalte im Freien erschienen sein, die das Gemüt mächtig in Anspruch nehmen.«
»Die Kunstgebilde leiten die Augen auf sich, und mit Recht,« antwortete ich, »sie erfüllen mit Bewunderung und Liebe. Die natürlichen Dinge sind das Werk einer anderen Hand, und wenn sie auf dem rechten Wege betrachtet werden, regen sie auch das höchste Erstaunen an«
»So habe ich wohl immer gefühlt«, sagte sie.
»Ich habe auf meinem Lebenswege durch viele Jahre Werke der Schöpfung betrachtet,« erwiderte ich, »und dann auch, so weit es mir möglich war, Werke der Kunst kennen gelernt, und beide entzückten meine Seele.«
Mit diesen Gesprächen waren wir allmählich dem Schlosse näher gekommen, und waren jetzt bei dem Pförtchen.
An demselben blieb Natalie stehen und sagte die Worte: »Ich habe gestern sehr lange mit der Mutter gesprochen, sie hat von ihrer Seite eine Einwendung gegen unseren Bund nicht zu machen.«
Ihre feinen Züge überzog ein sanftes Rot, als sie diese Worte zu mir sprach. Sie wollte nun sogleich durch das Pförtchen hinein gehen, ich hielt sie aber zurück und sagte: »Fräulein, ich hielte es nicht für Recht, wenn ich Euch etwas verhehlte. Ich habe Euch heute schon einmal gesehen, ehe wir zusammentrafen. Als ich am Morgen über den Gang hinter Euren Zimmern ins Freie gehen wollte, standen die Türen in einen Vorsaal und in ein Zimmer offen, und ich sah Euch in diesem letztern an einem mit einem altertümlichen Teppiche behängten Tischchen die Hand auf ein Buch gestützt stehen.«
»Ich dachte an mein neues Schicksal«, sagte sie.
»Ich wußte es, ich wußte es,« antwortete ich, »und mögen die himmlischen Mächte es so günstig gestalten, als es der Wille derer ist, die Euch wohlwollen.«
Ich reichte ihr beide Hände, sie faßte sie, und wir drückten uns dieselben.
Darauf ging sie in das Pförtchen ein und über die Treppe empor.
Ich wartete noch ein wenig.
Da sie oben war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, stieg ich auch die Treppe empor.
Das ganze Wesen Nataliens schien mir an diesem Morgen glänzender, als es die ganze Zeit her gewesen war, und ich ging mit einem tief, tief geschwellten Herzen in mein Zimmer.
Dort kleidete ich mich in so weit um, als es nötig war, die Spuren des Morgenspazierganges zu beseitigen und anständig zu erscheinen, dann ging ich, da die Stunde des Frühmahles schon heran nahte, in das Speisezimmer.
Ich war in demselben allein. Der Tisch war schon gedeckt und alles zum Morgenmahle in Bereitschaft gesetzt. Nachdem ich eine Weile gewartet hatte, kam Mathilde mit Natalie zugleich in das Zimmer. Natalie hatte sich umgekleidet, sie hatte jetzt ein festlicheres Kleid an, als sie beim Morgenspaziergange getragen hatte, weil sie gleich Mathilden bei Tische einen Gast durch ein besseres Kleid ehrte. Mit der gewöhnlichen Ruhe und Heiterkeit, aber mit einer fast noch größeren Freundlichkeit als sonst, begrüßte mich Mathilde und wies mir meinen Platz an. Wir setzten uns. Wir waren nun bei dem Frühmahle, wie wir es die mehreren Tage her gewohnt waren. Dieselben Gegenstände befanden sich auf dem Tische, und derselbe Vorgang wurde befolgt wie immer. Obgleich nur ein Dienstmädchen ab und zu ging, und wir in den Zwischenzeiten allein waren, indem Mathilde nach ihrer Gepflogenheit manche Handlungen, die bei einem solchen Frühmahle nötig sind, an dem Tische selbst verrichtete, so wurde doch über unsere besonderen Angelegenheiten auch jetzt nicht gesprochen. Gewöhnliche Dinge, wie sie sich an gewöhnlichen Tagen darbieten, bildeten den Inhalt der Gespräche. Teils Kunst, teils die schönen Tage der Jahreszeit, die eben war, und teils ein Abschnitt des Aufenthaltes während der Rosenzeit im Asperhofe wurden abgehandelt. Dann standen wir auf und trennten uns.
Und so wurde auch am ganzen Tage von dem
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