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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Mondscheins unerachtet, mit einer großen Laterne in das Zimmer trat und laut rief: ›Da bin ich, meine Herren, nun kanns fortgehen.‹ Der Doktor stellte sich dicht vor ihm hin und sprach, ihm die Dampfwolken ins Gesicht blasend: ›Willkommen, Freund! Bist du der Squenz, der Mondschein trägt und Hund und Dornbusch? Ich habe dich geputzt, Halunke, darum scheinst du hell! Gut’ Nacht denn, viel des schnöden Safts hab’ ich getrunken, gut’ Nacht, mein werter Wirt, gut’ Nacht mein Pylades!‹ – Ewson schwur, daß kein Mensch zu Hause gehen solle, ohne den Hals zu brechen, aber niemand achtete darauf, vielmehr nahm der Hausknecht den Doktor unter den einen, den Amtmann, der noch immer über den Verlust des Prinzen Eugen lamentierte, unter den andern Arm, und so wackelten sie über die Straße fort nach dem Amtshause. Mit Mühe brachten wir den närrischen Ewson in sein Zimmer, wo er noch die halbe Nacht auf der Flöte tobte, so daß ich kein Auge zutun und mich erst, im Wagen schlafend, von dem tollen Abend im Gasthause erholen konnte.«
    Die Erzählung des Leibarztes wurde oft durch lauteres Gelächter, als man es wohl sonst im Zirkel eines Hofes hören mag, unterbrochen. Der Fürst schien sich sehr ergötzt zu haben. »Nur eine Figur«, sagte er zum Leibarzt, »haben Sie in dem Gemälde zu sehr in den Hintergrund gestellt, und das ist Ihre eigne, denn ich wette, daß Ihr zuzeiten etwas boshafter Humor den närrischen Ewson sowie den pathetischen Doktor zu tausend tollen Ausschweifungen verleitet hat und daß Sie eigentlich das exzitierende Prinzip waren, für das Sie den lamentablen Amtmann ausgeben.« – »Ich versichere, gnädigster Herr,« erwiderte der Leibarzt, »daß dieser aus seltner Narrheit komponierte Klub so in sich abgeründet war, daß alles Fremde nur dissoniert hätte. Um in dem musikalischen Gleichnis zu bleiben, waren die drei Menschen der reine Dreiklang, jeder verschieden, im Ton aber harmonisch mitklingend der Wirt sprang hinzu wie eine Septime.« – Auf diese Weise wurde noch manches hin- und hergesprochen, bis sich, wie gewöhnlich, die fürstliche Familie in ihre Zimmer zurückzog und die Gesellschaft in der gemütlichsten Laune auseinanderging. – Ich bewegte mich heiter und lebenslustig in einer neuen Welt. Je mehr ich in den ruhigen gemütlichen Gang des Lebens in der Residenz und am Hofe eingriff, je mehr man mir einen Platz einräumte, den ich mit Ehre und Beifall behaupten konnte, desto weniger dachte ich an die Vergangenheit, sowie daran, daß mein hiesiges Verhältnis sich jemals ändern könne. Der Fürst schien ein besonderes Wohlgefallen an mir zu finden, und aus verschiedenen flüchtigen Andeutungen konnte ich schließen, daß er mich auf diese oder jene Weise in seiner Umgebung festzustellen wünschte. Nicht zu leugnen war es, daß eine gewisse Gleichförmigkeit der Ausbildung, ja eine gewisse angenommene gleiche Manier in allem wissenschaftlichen und künstlerischen Treiben, die sich vom Hofe aus über die ganze Residenz verbreitete, manchem geistreichen und an unbedingte Freiheit gewöhnten Mann den Aufenthalt daselbst bald verleidet hätte; indessen kam mir, so oft auch die Beschränkung, welche die Einseitigkeit des Hofes hervorbrachte, lästig wurde, das frühere Gewöhnen an eine bestimmte Form, die wenigstens das Äußere regelt, dabei sehr zustatten. Mein Klosterleben war es, das hier, freilich unmerklicherweise, noch auf mich wirkte. – So sehr mich der Fürst auszeichnete, so sehr ich mich bemühte, die Aufmerksamkeit der Fürstin auf mich zu ziehen, so blieb diese doch kalt und verschlossen. Ja, meine Gegenwart schien sie oft auf besondere Weise zu beunruhigen, und nur mit Mühe erhielt sie es über sich, mir wie den andern ein paar freundliche Worte zuzuwerfen. Bei den Damen, die sie umgaben, war ich glücklicher; mein Äußeres schien einen günstigen Eindruck gemacht zu haben, und indem ich mich oft in ihren Kreisen bewegte, gelang es mir bald, diejenige wunderliche Weltbildung zu erhalten, welche man Galanterie nennt und die in nichts anderm besteht, als die äußere körperliche Geschmeidigkeit, vermöge der man immer da, wo man steht oder geht, hinzupassen scheint, auch in die Unterhaltung zu übertragen. Es ist die sonderbare Gabe, über nichts mit bedeutenden Worten zu schwatzen und so den Weibern ein gewisses Wohlbehagen zu erregen, von dem, wie es entstanden, sie sich selbst nicht Rechenschaft geben können. Daß diese höhere und eigentliche

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