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West-östlicher Divan (German Edition)

West-östlicher Divan (German Edition)

Titel: West-östlicher Divan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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ich so der Seele Brand,
Lied, es wird erschallen:
Schöpft des Dichters reine Hand,
Wasser wird sich ballen.
    Dreistigkeit
    Worauf kommt es überall an,
Daß der Mensch gesundet?
Jeder höret gern den Schall an,
Der zum Ton sich rundet.
    Alles weg, was deinen Lauf stört!
Nur kein düster Streben!
Eh' er singt und eh' er aufhört,
Muß der Dichter leben.
    Und so mag des Lebens Erzklang
Durch die Seele dröhnen!
Fühlt der Dichter sich das Herz bang,
Wird sich selbst versöhnen.
    Derb und tüchtig
    Dichten ist ein übermut,
Niemand schelte mich!
Habt getrost ein warmes Blut
Froh und frei wie ich.
    Sollte jeder Stunde Pein
Bitter schmecken mir,
Würd ich auch bescheiden sein
Und noch mehr als ihr.
    Denn Bescheidenheit ist fein,
Wenn das Mädchen blüht,
Sie will zart geworben sein,
Die den Rohen flieht.
    Auch ist gut Bescheidenheit,
Spricht ein weiser Mann,
Der von Zeit und Ewigkeit
Mich belehren kann.
    Dichten ist ein übermut!
Treib es gern allein.
Freund' und Frauen, frisch von Blut,
Kommt nur auch herein!
    Mönchlein ohne Kapp und Kutt,
Schwatz nicht auf mich ein!
Zwar du machest mich kaputt,
Nicht bescheiden, nein!
    Deiner Phrasen leeres Was
Treibet mich davon,
Abgeschliffen hab ich das
An den Sohlen schon.
    Wenn des Dichters Mühle geht,
Halte sie nicht ein:
Denn wer einmal uns versteht,
Wird uns auch verzeihn.
    All-Leben
    Staub ist eins der Elemente,
Das du gar geschickt bezwingest,
Hafis, wenn zu Liebchens Ehren
Du ein zierlich Liedchen singest.
    Denn der Staub auf ihrer Schwelle
Ist dem Teppich vorzuziehen,
Dessen goldgewirkte Blumen
Mahmuds Günstlinge beknieen.
    Treibt der Wind von ihrer Pforte
Wolken Staubs behend vorüber,
Mehr als Moschus sind die Düfte
Und als Rosenöl dir lieber.
    Staub, den hab ich längst entbehret
In dem stets umhüllten Norden,
Aber in dem heißen Süden
Ist er mir genugsam worden.
    Doch schon längst, daß liebe Pforten
Mir auf ihren Angeln schwiegen!
Heile mich, Gewitterregen,
Laß mich, daß es grunelt, riechen!
    Wenn jetzt alle Donner rollen
Und der ganze Himmel leuchtet,
Wird der wilde Staub des Windes
Nach dem Boden hingefeuchtet.
    Und sogleich entspring ein Leben,
Schwillt ein heilig heimlich Wirken,
Und es grunelt und es grünet
In den irdischen Bezirken.
    Selige Sehnsucht
    Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet:
Das Lebendige will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
    In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.
    Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.
    Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt.
    Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
    Tut ein Schilf sich doch hervor,
Welten zu versüßen!
Möge meinem Schreiberohr
Liebliches entfließen!
    Buch Hafis
    Hafis Nameh: Buch Hafis
    Sei das Wort die Braut genannt,
Bräutigam der Geist;
Diese Hochzeit hat gekannt,
Wer Hafisen preist.
    Beiname
    Dichter
    Mohammed Schemseddin, sage,
Warum hat dein Volk, das hehre,
Hafis dich genannt?
    Hafis
        Ich ehre,
Ich erwidre deine Frage.
Weil in glücklichem Gedächtnis
Des Korans geweiht Vermächtnis
Unverändert ich verwahre,
Und damit so fromm gebare,
Des gemeinen Tages Schlechtnis
Weder mich noch die berühret,
Die Propheten-Wort und Samen
Schätzen, wie es sich gebühret—
Darum gab man mir den Namen.
    Dichter
    Hafis, drum, so will mir scheinen,
Möcht ich dir nicht gerne weichen:
Denn, wenn wir wie andre meinen,
Werden wir den andern gleichen.
Und so gleich ich dir vollkommen,
Der ich unsrer heil'gen Bücher
Herrlich Bild an mich genommen,
Wie auf jenes Tuch der Tücher
Sich des Herren Bildnis drückte,
Mich in stiller Brust erquickte
Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens
Mit dem heitern Bild des Glaubens.
    Anklage
    Wißt ihr denn, auf wen die Teufel lauern
In der Wüste, zwischen Fels und Mauern?
Und wie sie den Augenblick erpassen,
Nach der Hölle sie entführend fassen?
Lügner sind es und der Bösewicht,
Der Poete, warum scheut er nicht,
Sich mit solchen Leuten einzulassen!
    Weiß denn der, mit wem er geht und wandelt,
Er, der immer nur im Wahnsinn handelt?
Grenzenlos, von eigensinnigem Lieben,
Wird er in die öde fortgetrieben,
Seiner Klagen Reim', in Sand geschrieben,
Sind vom Winde gleich verjagt;
Er versteht nicht, was er

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