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Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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Fisch bewegte sich, von kurzen Schlägen seines halbmondförmigen Schwanzes angetrieben, still durch die nächtliche See. (Aus Der weiße Hai natürlich. Die aufgeworfene Frage: Wen wird der Hai zum Mittagessen verspeisen?)
    • Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. (Der Prozeß. Dieser erste Satz wirft alle möglichen Fragen auf. Warum wurde er verhaftet? Was wird mit ihm geschehen? Wer hat ihn verpfiffen und warum?)
    • Es ist eine weltweit anerkannte Wahrheit, daß ein alleinstehender Mann, der im Besitze eines ordentlichen Vermögens ist, nach nichts so sehr Verlangen habe wie nach einem Weibe. (Stolz und Vorurteil. Hier stellen sich ganz offenkundig zwei Fragen: Wer ist der alleinstehende Mann? Und wer wird die glückliche Frau sein?)
    • Die nächtliche Kälte verging allmählich, und die zurückweichenden Nebel enthüllten ein Heer, auf die Hügel verteilt, das noch ruhte. Doch während die Landschaft von Braun zu Grün überging, wachte das Heer auf und begann vor Eifer zu beben, sobald Gerüchte laut wurden. (Das rote Tapferkeitsabzeichen. Die Frage: Was sind das für Gerüchte?)
    • Anfang Juli, es war außergewöhnlich heiß, trat gegen Abend ein junger Mann aus seiner Kammer, die er in der S.-Gasse zur Untermiete bewohnte, auf die Straße hinaus und ging langsam, als wäre er unentschlossen, auf die K.-Brücke zu. (Verbrechen und Strafe. Indem der Autor das Element der Unentschlossenheit in eine Aussage über einen jungen Mann, der auf die Straße tritt, einbaut, wirft er die Frage auf, in welcher Hinsicht dieser junge Mann unentschlossen ist. Es stellt sich natürlich heraus, daß er mit sich hadert, ob er einen Mord begehen soll oder nicht.)
    • Artikel in der Wochenzeitschrift Enterprise (Westover, Maine) vom 19. August 1966:
    STEINREGEN BEOBACHTET… Wie von verschiedenen Personen glaubhaft berichtet wurde, ist am 17. August aus strahlend blauem Himmel ein Steinregen auf die Carlin Street in der Stadt Chamberlain niedergegangen. Die Steine stürzten zum größten Teil auf das Haus von Mrs. Margaret White, wobei das Dach weitgehend zerstört sowie zwei Dachrinnen und ein Fallrohr im Wert von ungefähr fünfundzwanzig Dollar beschädigt wurden. (Carrie. Diese Eröffnung wirft alle möglichen Fragen über dieses mysteriöse Ereignis auf: Was hat es ausgelöst? Warum fielen die Steine zum größten Teil auf dieses eine Haus? Und so weiter.)
    • Scarlett O’Hara war nicht eigentlich schön zu nennen. Wenn aber Männer in ihren Bann gerieten, wie jetzt die Zwillinge Tarleton, so wurden sie dessen meist nicht gewahr. (Aus Vom Winde verweht natürlich. Diese Eröffnung wirft ganz offenkundig die Frage auf, welche Konsequenzen es hat, daß beide Zwillingsbrüder in Scarletts Bann geraten sind. Werden sie um sie kämpfen? Und so weiter.)
    Deshalb sollten Sie Ihren verdammt guten Roman genauso wie die Meister des Genres beginnen, nämlich mit einer gewichtigen Frage, um damit den Leser so stark zu ködern, daß er nicht aufhören kann zu lesen.
    Webster gibt uns noch eine zweite Definition von Spannung an:
    Spannung: Zustand der Unsicherheit, zum Beispiel beim Warten auf eine Entscheidung, meist mit einem Gefühl der Angst oder Besorgnis verbunden.
    Spannung im ersten Sinne ist eine Form von Neugier. Der Autor wirft Fragen auf, die den Leser neugierig machen. Im zweiten Sinne des Wortes erweckt der Autor mehr als nur Neugier, indem er beim Leser Angst oder Besorgnis auslöst. Spannung, die den Leser ängst- lich oder besorgt macht, ist ganz bestimmt stärker als bloße Neugier.
    Wie erzeugen Autoren einen solchen Zustand?
    Betrachten Sie die folgende Szene:

Mary war ein neugieriges kleines Mädchen von achtzehn Monaten. Sie hatte hellblonde Locken, große, blaue Augen und Grübchen in den Wangen. Sie lernte gerade laufen, und ihre Mutter war stolz, daß sie schon alleine stehen konnte. Sie stellte sich gern an den Tisch, griff nach oben und zog Servietten und Besteck herunter. Ständig versuchte sie herauszufinden, was »da oben« so gerade außerhalb ihrer Reichweite war, als ob sie feststellen wollte, wie diese mysteriöse Welt funktioniert. Eines Tages hatte ihre Mutter gerade einen Topf mit ko- chendem Wasser auf dem Herd stehen, als das Telefon klingelte und sie kurz die Küche verließ, um ranzugehen. Mary schaute nach oben, sah den kupfernen Griff des Topfes über den Herd ragen und fragte sich, was das wohl sein

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