Zauber des Orients
Augen. „Willst du mich herausfordern, Bruder?“
Vere lachte. „Ich will dich weiß Gott nicht herausfordern, Bruder. Aber wenn du wirklich eine solche Frau findest …“
„Zwei“, berichtigte Drax. „Ich gelobe, ich werde sie finden. Und zwar zwei. Und du sollst die Erste bekommen.“
„Hm …“ Vere sah keineswegs überzeugt aus. „Nun gut, so sei es. In der Zwischenzeit müssen wir allerdings die Gespräche mit den beiden aufrechterhalten, ohne eine bindende Zusage zu geben. Der Regent hat uns zu einem inoffiziellen Besuch nach Zuran eingeladen“, fuhr er fort. „Ich halte es für besser, wenn du dorthin reist, Drax.“
„Da der Regent dich als Älteren von uns für seine Schwester auserkoren hat, kann ich ihn besser hinhalten, nicht wahr?“, ahnte Drax sofort. „Einverstanden. Übrigens, man würde dich gern in London sehen“, teilte er Vere mit. „Ich sagte ihnen, du kannst kommen, sobald ich wieder in Dhurahn zurück bin.“
„Das ist ja das Positive an unserer doppelten Regentschaft. Einer kann immer hier sein, um sich um die Belange des Landes zu kümmern.“
„Doch du bist derjenige, der lieber hierbleibt, während ich gern um die Welt fliege und mich um das Geschäftliche kümmere.“
„Die perfekte Partnerschaft, aufgebaut auf einem Vertrauen, das nichts und niemand erschüttern kann.“
Damit umarmten sie sich in der Tradition ihrer arabischen Vorfahren.
1. KAPITEL
„Sie sind völlig inkompetent! Ich weiß wirklich nicht, wie ich je denken konnte, Sie würden den Anforderungen des Jobs genügen. Da haben Sie angeblich studiert mit einem Abschluss als MBA, und Sie bringen nicht einmal die einfachsten Aufgaben zustande.“
Die harsche Tirade riss nicht ab. Sadie hielt den Kopf gesenkt und ließ das Gift auf sich niederregnen, denn sähe sie ihre libanesische Arbeitgeberin jetzt an, würde Madame al Sawar die tiefe Feindseligkeit in ihren Augen erkennen. Und Sadie konnte es sich nicht leisten, Madame erneut einen Grund für die Drohung zu geben, das Gehalt zurückzuhalten, wie sie es in den beiden Monaten, die Sadie inzwischen hier arbeitete, getan hatte.
Die unfairen und beißenden Beschuldigungen waren schlimm genug, aber hier stehen zu müssen und sich in einer Lautstärke zusammenstauchen zu lassen, die bis in den entferntesten Winkel des al Sawar-Haushalts – eines typisch arabischen Haushalts – zu hören sein musste, war umso schlimmer. Ein solcher Gesichtsverlust war absolut inakzeptabel, aber das war mal wieder typisch für ihre Chefin. Sie hatte gewartet, bis Sadie sich zu der ihr zustehenden Mittagspause in den friedlichen Garten der al Sawar-Villa im maurischen Stil zurückgezogen hatte. Auch wenn niemand zu sehen war, so war Sadie doch sicher, dass alleBediensteten sich hinter den Vorhängen versteckten und begierig darauf lauschten, wie Madame al Sawar ihre Assistentin abkanzelte.
Dabei brauchten sie nicht einmal zu lauschen, das Geschrei war ja nicht zu überhören! Wahrscheinlich hörte die ganze Straße mit. Sadie war übrigens nicht die Einzige, die das jähzornige Temperament ihrer Chefin zu spüren bekam. Es verging kaum ein Tag, an dem Madame nicht ihre Wut an einem der Bediensteten ausließ.
Natürlich hätte Sadie sich gegen die unfairen Anschuldigungen verteidigen können. Ja, sie hatte Betriebswirtschaft studiert und mit Auszeichnung abgeschlossen, sie hatte auch zusätzlich einen Abschluss als Master gemacht. Sie hätte ebenso verlauten lassen können, dass, ganz gleich, wie sehr Madame al Sawar es bedauerte, sie eingestellt zu haben, sie es sehr viel mehr bereute, den Job angenommen zu haben. Es war jedoch eine schlichte Tatsache, dass sie es sich einfach nicht leisten konnte, diese Stelle zu verlieren, vor allem, da Madame ihr seit ihrem Arbeitsbeginn hier noch kein Gehalt gezahlt hatte.
„Für jemanden, der so unfähig ist, habe ich keine Verwendung“, zeterte Madame weiter. „Sie sind entlassen.“
„Das können Sie nicht tun!“, stieß Sadie hervor. Die Panik ließ sie den Vorsatz vergessen, sich nicht auf dieses Wortgefecht einzulassen.
„So, meinen Sie? Ich versichere Ihnen, ich kann! Und bilden Sie sich nicht ein, Sie können hier rausgehen und sich den nächsten Job suchen.“ Die schrille Stimme überschlug sich. „Das wird nicht funktionieren. Die zuranischen Behörden gehen nicht gerade zimperlich mit illegalen Einwanderern um.“
Illegaler Einwanderer? Das konnte Sadie nicht auf sich sitzen lassen. „Ich bin nicht illegal
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