0112 - Acht Minuten nach Mitternacht
sich da nicht sonderlich um die Aufklärung dieses Mordes bemüht, damit will ich dieser Behörde beileibe keinen Vorwurf machen, ich sage das streng vertraulich, aber auch daran konnte ich nichts ändern. In den Augen der Polizei war Robin Masters ein Zuchthäusler, und der Coroner war wohl derselben Ansicht. Getötet von einer oder mehreren unbekannten Personen, lautete sein Spruch. Wenn Sie meine Ansicht hören wollen, so ist es die, das man die Toten ruhen lassen soll. Sie können Masters nicht mehr zum Leben erwecken, und wie wohl bekannt ist, ist es nicht möglich, einen Urteilsspruch gegen einen Verstorbenen aufzuheben. Das ist Gesetz. Was wollen Sie eigentlich mit Ihren Nachforschungen erreichen?«
»Wir wollen die Leute, die hinter dem damaligen Schwindel, der ja keinesfalls verjährt ist, stecken, zur Rechenschaft ziehen und die beiden Mörder auf den elektrischen Stuhl bringen.«
Humphrey hob die Schultern und breitete die Hände aus. Es fehlte nur noch, dass er uns für verrückt erklärt hätte.
»Sie werden in ein Wespennest stechen, sich Unannehmlichkeiten machen und wahrscheinlich einen Skandal provozieren«, orakelte er. »Dieselbe Auseinandersetzung habe ich mit Evelyn gehabt, die sie ja wahrscheinlich kennen. Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass sie sich selbst in Gefahr begibt, wenn die ganze Geschichte wieder aufgerührt wird. Sie ist ein hübsches Mädchen, hat ein ganz ansehnliches Vermögen, und es geht ihr gut. Was will sie eigentlich noch?«
»Wir sprechen hier nicht von Miss Masters, sondern von ihrem Vater«, wies ich ihn zurecht. »Wir sind nicht hier, um uns mit Ihnen zu streiten, sondern verlangen Auskünfte. Wir veranlangen ferner, dass Sie über diese unsere Unterredung schweigen. Wir wollen nicht, dass die Verantwortlichen vorzeitig gewarnt werden.«
»Dass ich als Anwalt schweige, ist selbstverständlich«, belehrte er uns beleidigt. »Aber etwas anderes kann ich weder tun noch versprechen. Zweifellos kennen Sie die Akten, und mehr, als darin steht, weiß ich auch nicht.«
»Wer ist Jonny?«, fragte ich plötzlich, um ihn zu überrumpeln.
Er nahm die Brille ab, zog ein Lederläppchen heraus und polierte die Gläser.
»Dasselbe hat mich Evelyn Masters gefragt, aber ich konnte es ihr genau so wenig sagen wie Ihnen. Es hat diesen Jonny mit Bestimmtheit gegeben, oder es gibt ihn sogar noch, aber er scheint mit dem Fall nichts zu tun gehabt zu haben. Andernfalls stünde sein Name in den Akten.«
Er klopfte seine Taschen ab, förderte eine leere Zigarettenpackung zu Tage und rief.
»Ellen, Ellen!«
Das unmögliche Mädchen steckte den Kopf durch die Tür.
»Ja, Mr. Humphrey.«
»Hole mir Zigaretten.«
»Ja, Mr. Humphrey.«
»Dumm wie die Nacht«, kommentierte er, »und neugierig wie die Sünde.«
Ich reichte ihm meine Packung hinüber und gab ihm Feuer.
»Tja, das ist wohl alles«, knurrte er bedauernd. »Ich würde mich freuen, wenn Sie mich auf dem Laufenden hielten. Ich mochte Masters, ich mochte ihn tatsächlich. Wir kannten uns schon ewige Zeiten…, Abfer« - er zuckte mit den Schultern, »es ist nichts daran zu tun.«
»Sie waren also gewissermaßen befreundet?«, hakte ich ein. »Dann müssen Sie sich doch ein Bild darüber gemacht haben, ob man dem Mann einen derartigen Betrug Zutrauen konnte oder nicht.«
»Ich traue jedem Menschen alles zu«, knurrte er. »Ich bin schon zu oft hineingefallen. Trotzdem hätte ich es von ihm nicht gedacht. Wir haben so manche Partie Schach zusammen gespielt.«
Das machte mir Robin Masters sympathisch. Schachspieler sind im Allgemeinen nicht dumm, und die Art, wie dieser Ölschwindel angelegt worden war, schien mir so plump zu sein, dass nur ein ausgemachter Dummkopf dafür in Frage kommen konnte.
»Hatte Masters noch andere Hobbys?«, forschte ich.
Es wäre ja möglich, dass er Pferde gewettet oder sonstigen Unsinn gemacht habe, wozu er viel Geld brauchte.
»Das einzige, was er tat, war Boxen.« Humphrey fing an, sich zu erwärmen. »Er war Stammkunde bei Bob Shaw. Big Bob Shaw, wie er genannt wird, und behauptete, zwei oder drei Runden in der Woche erhielten ihn jung. Ich konnte das nie begreifen. Ich halte nichts davon. Wenn einer den anderen verprügelt, auch wenn es mit Handschuhen geschieht.«
Ich bohrte noch eine Zeitlang weiter, hörte, dass Masters eine gute Ehe geführt und keine Seitensprünge gemacht habe, aber sowie ich auf eine Angelegenheit kam, die mir wirklich am Herzen lag, den Prozess und den Mord,
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