0139 - Wo der Werwolf lauert
hinein, auf Zamorras Brust zu. Ein dämonisches Triumphgeheul ertönte aus dem Nichts. Zamorras Amulett strahlte silbern.
Seinen Körperwürde es schützen, aber was war mit Zamorras Seele, die in der Über-Dimension schwebte? Statt verschiedener Farben, wirbelnder Sonnen und Energiewellen sah Zamorra Schatten, die sich rasch um ihn herum ausbreiteten.
Dämonische Fratzen und Klauen waren bereits undeutlich zu erkennen und manifestierten sich immer stärker. Gebrüll und Geheule erschollen anstatt der Sphärenklänge, und die Donnerschläge krachten immer lauter und näher.
Verzerrte und überlaute Hahnenschreie dröhnten und wollten Zamorras Trommelfelle zersprengen. Sein Körper wie seine Seele wurden von den Mächten der Finsternis attackiert. Wenn Dunkelheit die Seele umfing, dann war sie verloren.
Selbst wenn das silberne Amulett den Körper in seiner Aura barg und rettete, nützte das nichts. Dann würde nur ein lallender Idiot übrigbleiben. Ein seelenloser Zombie, der nicht richtig lebte und auch nicht richtig tot war.
Zamorra erkannte die Gefahr, er bot alle Energie auf, um Seele und Körper zusammenzubringen. Unvermittelt fand er sich mit seinem ganzen Bewußtsein in dem Turmzimmer wieder, in dem ein dämonischer Sturm und Wirbel raste, in dem die Blitze zuckten und der magische Kreis fast völlig überwunden war.
Zamorra befand sich wieder mit Leib und Seele in der stofflichen Welt. Die Wände waren für ihn fest und undurchsichtig. Er wankte, die silberne Aura des Amuletts umgab und schützte ihn. Aber würde sie ausreichen?
Die Wandpaneele und die Möbel im Turmzimmer brannten bereits. Alles war in Rauch und Qualm gehüllt. Immer noch zuckten die Blitze von der Feuerhand. Zamorra packte mit der Linken sein silbernes Amulett, mit der Rechten griff er in die Brusttasche seiner schwarzen Robe und zog ein silbernes Kreuz hervor.
Er warf es gegen die Feuerhand und rief den stärksten Bannspruch, den er kannte. Ein gewaltiger Knall ertönte, eine orangefarbene Stichflamme zuckte auf. Zamorra wurde rücklings gegen die massive Eichentür des Turmzimmers geschleudert.
Die Blitze hatten sie schon fast verkohlt. Zamorra durchbrach sie glatt und flog gegen die Wand auf der anderen Seite. Die Luft blieb ihm weg, er glaubte, sein Rückgrat sei in zwei Teile gebrochen.
Er rutschte an der Wand zu Boden und war für Augenblicke bewußtlos. Als er wieder zu sich kam, hörte er unten an der Treppe die Stimmen Raffaels und eines weiteren Bediensteten, der auf dem Schloß wohnte.
Der Höllenspuk war vorbei. Doch im Turmzimmer brannte es, dichter Rauch quoll aus der Tür. Mühsam und unter Schmerzen erhob sich Zamorra. Seine Wirbelsäule hatte den Aufprall also doch ausgehalten. Hustend taumelte der Professor die Treppe hinunter, wobei er sich am eisernen Handlauf festhielt.
Mit zerrissenem und verkohltem Gewand, versengtem Haar und geschwärztem Gesicht bot er einen schlimmen Anblick. Unten an der Treppe brannte das elektrische Licht.
»Ist Ihnen etwas passiert, Professor?« fragte Raffael voller Angst.
»Nein«, antwortete Zamorra. »Holt Feuerlöscher und erstickt die Flammen im Turmzimmer. Es besteht keine Gefahr mehr.«
Während Raffael und der Châteaugärtner davoneilten, wankte Zamorra ins Freie. Die frische, kühle Nachtluft belebte ihn rasch, kühlte seine fieberheiße Stirn und trocknete den Schweiß an seinem Körper. Aus dem geborstenen Fenster des Turmzimmers züngelten die Flammen und quoll Rauch.
Die Schäden würden zu reparieren sein. Im Eckturm gab es nicht viel, was brennbar war, und ein Übergreifen des Feuers war nicht zu befürchten. Aber Zamorra hatte wieder eine Hoffnung weniger.
Mußte er sich wirklich damit abfinden, Nicole Duval und Bill Fleming für immer verloren zu haben? Und wie würde sein ferneres Leben aussehen, wenn es sich wirklich so verhielt?
Eine abgrundtiefe Verzweiflung wollte Zamorra erfassen und zur völligen Selbstaufgabe bringen. Sein starker Geist wehrte sich dagegen. Aber ohne Nicole und Bill würde Zamorra nie mehr der Alte sein.
***
Zur gleichen Zeit wie Zamorra, führte im fernen Rumänien auf einem kleinem in den Waldbergen der Ostkarpaten gelegenen Anwesen ein Hexer seine Beschwörung durch. Dort war die Geisterstunde fast vorüber. Ein Feuer brannte auf der Waldlichtung, die mächtige alte Eichen und Buchen umgaben. Es beleuchtete die baufällige Hütte, den Anbau und den ungefügen hölzernen Käfig, der an diesem lehnte.
Sein roter Schein bestrahlte
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