02 - Beiss mich, wenn du kannst
Schreibtisches stand. „Und uns fortpflanzen. Der Eisprung weiblicher Werwölfe findet ausschließlich während einer Mondfinsternis statt, woraus folgt, dass wir jedes Jahr nur eine oder höchstens zwei Chancen haben, schwanger zu werden. Wenn überhaupt. Letztes Jahr beispielsweise hatten wir nicht mal diese eine Chance. Und da wir Frauen das Wer-Gen übertragen, können wir uns mit so ziemlich jedem Geschöpf paaren und trotzdem ein Wer-Baby zur Welt bringen. Wir von der NASA allerdings empfinden eine gewisse Verantwortung der Gesellschaft gegenüber, unsere Rasse so rein wie möglich zu halten - und ziehen deshalb Menschen vor! Auf diese Weise müssen wir uns keine Gedanken wegen irgendwelcher andersweltlicher Gene machen, die sich mit unseren eigenen vermischen könnten."
Na gut, so viel wusste ich auch schon vorher. Nicht aus erster Hand, versteht sich. Auch wenn ich heute ein scharfer, hipper, total angesagter Vampir bin, bin ich doch in einer sehr behüteten Welt groß geworden. Die meisten meiner Freunde waren gebürtige Vampire, und ich hatte mich noch nie zuvor mit einem richtigen Werwolf unterhalten, zumindest nicht länger als ein paar Minuten. Bis jetzt. Sicher, ich bin genauso gebildet wie jeder andere gebürtige Vampir auch, und so hatte ich schon früh alles über Sexualität und die verschiedenen Spezies gelernt. Aber das alles von einem selbstgerechten Vampir-Hauslehrer namens Jacques zu hören, dessen Unterrichtsstunde extrem kurz und knapp ausfiel (andere Kreaturen wurden unserer wertvollen Zeit nicht als würdig erachtet), und es direkt von Viola zu hören (inklusive aller Details), das waren zwei ganz verschiedene Dinge. Sie sprach aus Erfahrung.
„Wie können Sie denn die Rasse rein erhalten, wenn Sie sich mit einem Menschen paaren?"
Ihr schönes Gesicht signalisierte mir Weißt du denn gar nichts?!
„Also wirklich, meine Liebe. Es sind Menschen. Offensichtlich ist unsere höherwertige DNA ihren extrem schwächlichen Genen weit überlegen. Das Ergebnis ist ein reines Werkind."
Offensichtlich. „Warum nehmen Sie denn keinen männlichen Werwolf? Wäre das nicht ideal? Bei einem doppelten Schuss Wer-DNA wäre das Ergebnis doch sicher noch viel besser?"
„Kennen Sie vielleicht siebenundzwanzig männliche, frei verfügbare Werwölfe, die uns zur Verfügung stehen könnten?"
„Äh, im Augenblick nicht."
„Wir auch nicht. Unsere Organisation zählt insgesamt zweiundfünfzig Mitglieder; ungefähr die Hälfte davon hat einen festen Partner und benötigt Ihre Dienste daher nicht. Ich bin im Auftrag der alleinstehenden, ungebundenen, älteren NASA-Mitglieder hier. Im Gegensatz zu euch Vampiren steht uns nur ein vergleichsweise kurzer Zeitraum für die Fortpflanzung zur Verfügung. Fünfzig Jahre, um genau zu sein. Die Verzweiflung lässt uns weniger wählerisch werden. Außerdem sind männliche Werwölfe herrschsüchtig, anmaßend und extrem territorial veranlagt. Sie haben ein Kind mit einem von ihnen und zack pinkelt er gegen jeden einzelnen Baum in Ihrem Vorgarten. Dagegen hätte ich ja nicht mal etwas einzuwenden, wenn ich nur den richtigen Werwolf finden würde. Aber das habe ich nun mal noch nicht, und ich bezweifle auch ernsthaft, dass das in den nächsten zwei Wochen geschehen wird."
„Und warum gehen Sie nicht einfach zu einer Samenbank?"
„Der Eisprung findet bei uns ausschließlich während des Geschlechtsverkehrs statt. Unser Fortpflanzungssystem erfordert geradezu ein Trommelfeuer an Stimuli. Und so ein Reagenzglas kann man nun mal weder küssen noch berühren noch daran knabbern, meine Liebe."
„Ich verstehe, was Sie meinen."
„Wir stellen nur eine einzige Anforderung an einen menschlichen Partner: Er darf kein Weichling sein. Vergessen Sie diese sensiblen, stillen, nachdenklichen Typen, die auf Chancengleichheit pochen, die heutzutage in Mode zu sein scheinen. Wir brauchen altmodische Kerle, die offensichtlich körperbetont und überaus dominierend sind. Werwölfe sind eine äußerst aggressive Rasse, und schwächliche Männer stimulieren uns sexuell einfach nicht. Je erregter wir sind, umso wahrscheinlicher ist eine Befruchtung."
„Alles klar", versicherte ich ihr. „Also ausschließlich Alpha-Männchen."
„Wunderbar." Viola lächelte und öffnete ihre Clutch von Christian Dior. „Ich stelle Ihnen einen Scheck für die erste Hälfte Ihres Honorars aus. Die zweite ist dann fällig, sobald Sie für jede einen passenden Partner gefunden haben?"
„So lautet die
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