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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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aussah oder nach einem Glas Pimm’s roch, die meisten standen nie an einem May-Bumps-Nachmittag am Flussufer, nippten niemals im Master’s Garden an einem Planter’s Punch, stakten niemals den Cam hinauf nach Grantchester, noch mussten sie sich jemals am Selbstmordsonntag im Krankenwagen den Magen auspumpen lassen. Es gab eine Menge verschiedener Cambridges, ich versuche mich nur an meins zu erinnern, auch wenn es womöglich Übelkeit erregt.
     
    Neben all diesen Partys gab es Bühnenstücke. Der Theaterclub des Queens’ College nannte sich BATS, angeblich weil während der Open-Air-Aufführung am Ende des Trimesters, einem der beliebtesten und originellsten wiederkehrenden Ereignisse der May Week, am Himmel über dem Cloister Court die Fledermäuse tanzten und kreischten. In diesem Jahr sollte
Der Sturm
aufgeführt werden, und der Regisseur, ein Queens’-Student im zweiten Jahr, hatte mich als Alonso, König von Neapel, besetzt. Hoch gewachsen, wie ich war, und begabt mit einer dröhnenden Stimme, wurde mir fast immer die Rolle eines Königs oder einer älteren Respektsperson zugedacht. Die jungen Liebhaber, zauberhaften jungen Mädchen und hübschen Prinzen dagegenwurden von Studenten gespielt, deren Aussehen ihrem Alter entsprach. Das war bei mir nie der Fall, doch da fast alle zwischen achtzehn bis zweiundzwanzig waren, hatte es bei der Rollenvergabe entscheidende Vorteile, älter auszusehen.
    Ian Softley ist heute Filmregisseur –
Die Flügel der Taube, Backbeat, Hackers – Im Netz des FBI, Tintenherz
und so weiter, damals jedoch war er ein Student mit schwarzen Locken und einer reizvollen Art, weiße Hosen zu tragen. Zum Ensemble gehörte auch Rob Wyke, ein Student im höheren Semester, der ein enger Freund werden sollte, sowie ein außergewöhnlicher Schauspieler und noch außergewöhnlicherer Mann namens Richard MacKenney, der den Prospero spielte. Er steckte mitten in der Arbeit an seiner Dissertation »Trade guilds and devotional confraternities in the state and society of Venice to 1620« (Handelsgilden und fromme Bruderschaften in Staat und Gesellschaft von Venedig bis 1620) und sprach bereits nicht nur fließend Italienisch, sondern auch fließend Venezianisch, was etwas ganz anderes ist. Wenn er auf das Ensemble wartete (er war genau wie ich immer absolut pünktlich), ging er, die Ouvertüre von Mozarts
Don Giovanni
summend, mit schnellen Schritten auf und ab. Und waren wir immer noch nicht vollzählig, wenn er die Ouvertüre beendet hatte, ging er gewöhnlich über zu Leporellos Eröffnungsarie und blieb dabei, bis alle anwesend waren – er sang alles perfekt aus dem Gedächtnis. Einmal hatte Ariel aufgrund eines Missverständnisses bezüglich Zeit und Ort eine halbe Stunde Verspätung (Benachrichtigung per SMS oder Handygespräch war damals noch nicht möglich), und als er schließlich mit rotem Kopf und außer Atem eintraf, unterbrach Richard seinen Gesang und ging ihn wütend an.
    »Was glaubst du eigentlich, wie spät es ist? Der Commendatore ist bereits tot, und Ottavio schwört Rache.«
    Richard war ein grandioser Schauspieler, der trotz seiner jungen Jahre einen erstaunlich guten König Lear abgab (dank Stirnglatze und aufgesetzt mürrischer Art wirkte er wie fünfzig, obgleich er kaum älter als drei- oder vierundzwanzig gewesen sein dürfte), doch sein künstlerisches Geschick blieb verborgen, weil er wie manisch von Tempo und Lautstärke besessen war. »Du brauchst nicht mehr zu tun«, sagte er, »als vorn auf die Bühne zu treten und so richtig loszubrüllen.« Einmal kassierte das ganze Ensemble einen Anschiss von ihm, weil es die Spielzeit um fünf Minuten überschritten hatte. »Unverzeihlich! Jede zusätzliche Sekunde ist wie auf Shakespeares Grab gepisst.«
    Ich beobachtete eines Nachmittags, wie Ian Softley vor Barry Taylor hockte, der den Caliban spielte. »Kennst du die Sachen von dem Punkdichter John Cooper Clarke?«, flüsterte er und sah dabei Barry mit sorgenvollen braunen Augen durchdringend an.
    »Äh, ja …«
    »Meinst du nicht auch, dass wir uns ein bisschen von dieser Wut der Straße bei Caliban leisten können. Ein wenig von diesem Groll?«
    »Äh …«
    »Ach nein, vergiss es«, sagte Richard, der mit fest hinter dem Rücken verschränkten Händen auf und ab gerannt war. »Geh einfach ganz nach vorn an den Bühnenrand, und schrei und wimmer einfach los.« Bei allem Respekt vor Ian und John Cooper Clarke, ich glaube, dass man keinem Darsteller des Caliban in den

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