0226 - Dämonen-Billard
passieren. Es war eine Welt voll schrecklicher Wunder und böser Überraschungen. Für Menschen tödlich gefährlich - aber auch für Dämonen und Magier nicht immer ohne Gefahren.
Hier lebte Reeso-han mit seiner Tochter Ininga.
Während er seine Menschengestalt auf der Erde zurückgelassen hatte, liebte es Ininga, sich als schönes Mädchen zu präsentieren. Langes, schwarzes Haar, hoch angesetzte üppige Brüste, ein biegsamer, begehrenswerter Körper. Nur die blutroten Augen bewiesen, daß sie Reeso-hans Tochter war. Wenn sie auf Erden wandelte, waren diese Augen schwarz wie die Nacht und verführerisch wie die Sünde.
Reeso-han, das Skelett mit den roten Augen, wandte sich um, als er Iningas Schritte vernahm. Sein weißer Umhang raschelte leise.
»Du bist so unruhig«, stellte Ininga fest. »Was ist der Grund dafür?«
»Ich habe soeben ein Magiebündel zu meiner irdischen Hülle geschickt«, erwiderte der Zauberer. »Reeso-han, wie ihn die Menschen kennen, wird meinen Befehl an Hamad Marshad weiterleiten.«
»Du läßt die Geisterkarawane wieder erstehen?«
»Ja.«
»Was soll sie tun?«
»Eine Karawane ist nach Fort El-Tarak unterwegs. Sie soll dieses Ziel nie erreichen«, knurrte Reeso-han.
»Das möchte ich mir ansehen«, sagte Ininga, und ein grausames Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. Sie streckte die Hand aus und zeichnete mit dem Finger ein großes Geviert in die Luft. Innerhalb der weißen Linien, die dabei entstanden, bildete sich ein trübes Flimmern, und Sekunden später hatten der Zauberer und seine Tochter ein gestochen scharfes Bild vor sich. Es zeigte die trockene, heiße Wüste Algeriens. Geduckte Dünen, ausgedörrte Wadis - und die Karawane, die von Slaiman Bin Khalifah angeführt wurde.
Reeso-han lachte böse. »Seit Hamad Marshad nicht mehr lebt, ist dieser Mann der beste Karawanenführer.«
»Wie ist sein Name?« frage Ininga.
»Slaiman Bin Khalifah.«
»Was hast du mit ihm vor?«
»Nichts Besonderes«, antwortete der Dämon. »Er soll nur sterben. Er und alle, die mit ihm reiten, denn es ist wieder einmal an der Zeit, daß ich mich dort unten in Erinnerung bringe. Außerdem will die Hölle wieder Seelen haben. Dies ist eine günstige Gelegenheit, ihr welche zu verschaffen.«
»Man muß sich mit Asmodis gutstellen.«
Das Skelett mit den roten Augen nickte. »Du sagst es.«
***
Wind kam auf. Slaiman Bin Khalifah blickte zum Himmel empor. Das einzige, was er nicht mochte, waren Sandstürme, die waren ihm verhaßt. Zum Glück kündigte sich keiner an, und es war nicht mehr weit bis Fort El-Tarak.
Das Fort wurde seit langem nicht mehr bewohnt, war eine Geisterruine, die aus dem Wüstensand aufragte, von ihren Bewohnern vor vielen Jahren verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Die dicken Mauern boten heute Karawanen Schutz, und der Brunnen, der noch nicht versiegt war, spendete durstigen Nomanden Labung.
Der Wind wurde etwas stärker.
Abdullah Shahen verzog das Gesicht. Sand knirschte zwischen seinen Zähnen. Er spie ärgerlich aus. »Sand! Sand! Sand!« schimpfte er. »Ich habe ihn überall. In den Augen, in den Ohren, im Mund, in der Nase, in der Hose… Algier, oh, mein geliebtes Algier, wie konnte ich nur so dumm sein, dich zu verlassen? Jetzt weiß ich erst, was ich an dir habe. Ich verspreche dir, dir nie mehr untreu zu werden.«
Khalifah lachte. »Nim bist du wenigstens um eine Erfahrung reicher.«
»Um eine Erfahrung, auf die ich lieber hätte verzichten sollen«, klagte Shahen.
»Du wirst es überleben.«
»Ich bin wundgeritten. Ich weiß schon nicht mehr, wie ich in diesem verdammten Sattel sitzen soll. Meine Wirbelsäule hat von dieser Reise einen Dauerschaden davongetragen, und das alles nur wegen eines einzigen Geschäfts. Wie dumm ist der Mensch doch. Was nimmt er für Geld nicht alles auf sich? Wir sollten uns schämen…«
Abdullah Shahen unterbrach sich.
Er kniff die Augen zusammen und blickte Richtung Osten. »Was ist das?«
Khalifahs Blick folgte der ausgestreckten Hand des Geschäftsmanns. »Allmächtiger!«
»Was ist das?« wiederholte Shahen.
»Ein Wirbelsturm.«
In der Feme stand ein Sandsäule in der Luft, die sich langsam durch die Wüste bewegte.
»Er kommt auf uns zu«, stellte Shahen fest.
»Sieht so aus«, gab Khalifah zurück.
»Sind solche Stürme gefährlich?« wollte Shahen wissen.
»Nicht imbedingt. Man muß wissen, wie man sich in ihnen verhält.«
»Er nähert sich uns nicht besonders schnell«, sagte Shahen.
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