027 - Das Henkersschwert
immer schamloser. Sie bewegte sich so rasch, daß ihr schwarzes Haar wie ein Schleier um ihren Kopf wehte. Mit einem Aufschrei sank sie in seine Arme. Er vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten und drängte sie aufs Bett. Sie war wie glühende Lava unter ihm. Als er sich mit ihr vereinigte, bäumte sie sich kurz auf und klammerte sich stärker an ihn.
Sekundenlang lehnte sich Dorian gegen die Verzauberung auf, doch er war zu schwach. Willig gab er sich den Genüssen hin, die ihr Körper ihm bot.
Coco lag bewegungslos in der Dunkelheit. Sie hatte sich auf den Rücken gedreht und lauschte den regelmäßigen Atemzügen Dorians. Nach einer Weile knipste sie die Nachttischlampe an und betrachtete den Schlafenden. Er lag auf dem Bauch. Die Decke war zurückgeglitten und entblößte seinen mächtigen Oberkörper. Er wandte ihr das Gesicht zu, das entspannt war.
Sein Haar war zerrauft, und sein Mund lächelte zufrieden im Schlaf.
Das Mädchen richtete sich vorsichtig auf und blickte auf ihre Armbanduhr; es war kurz nach zwei Uhr morgens. Sie hätte schon lange anrufen sollen; sie wußte, daß ihr Anruf erwartet wurde, doch sie hatte ihn immer wieder hinausgezögert. Sie wollte nicht anrufen. Seit einer Stunde suchte sie nach einem Ausweg, aber es war ihr keiner eingefallen.
Die Begegnung mit Dorian Hunter hatte ihr Leben geändert, und sie bedauerte es, daß sie ihn nicht unter anderen Umständen kennengelernt hatte.
Sie hob schließlich den Hörer ab und wählte eine Wiener Nummer.
»Ja?« meldete sich eine Männerstimme.
»Hier spricht Coco«, sagte sie.
»Endlich«, sagte die Stimme gereizt. »Du hättest schon lange anrufen sollen. Ist alles in Ordnung?« »Ja«, sagte Coco tonlos. »Es ist alles in Ordnung.«
»Gut. Es bleibt alles so, wie wir es besprochen haben.«
»Ja, es bleibt dabei.«
Coco ließ ihren Blick nicht von Dorian los. Sie fühlte sich unbehaglich. »Was ist mit dir los, Coco?« »Nichts, Vater. Was soll los sein?«
»Deine Stimme klingt so merkwürdig.«
»Das bildest du dir nur ein. Bis später!«
Sie legte auf und schmiegte sich an den Schlafenden. Zärtlich fuhr sie mit dem rechten Zeigefinger über seine Stirn, über die Wangen und zupfte an seinem Oberlippenbart.
Dorian verzog das Gesicht, wachte aber nicht auf.
Cocos Gedanken gingen im Kreis. Sie hatte ihren Auftrag erfüllt. In wenigen Stunden würde alles erledigt sein. Die Falle für Dorian Hunter war errichtet; es gab kein Entkommen für ihn.
Sie löschte das Licht, glitt aus dem Bett und trat ans Fenster.
Langsam ließ sie die Jalousie hochgleiten und sah auf die menschenleere Gasse hinunter. Vom Fenster aus konnte man den Turm des Stephansdoms sehen. Die Fenster der gegenüberliegenden Häuser waren dunkel.
Sie stand lange da und dachte nach. Der Gedanke, daß sie am Tod Dorians schuld sein würde, bereitete ihr Unbehagen. Sie hatte sich in ihn verliebt. Das war gefährlich und ihr bis jetzt noch nie passiert. Bisher hatte sie Männer nur als Spielzeug betrachtet, aber diese Nacht hatte sie verändert.
Sie schlüpfte ins Bett zurück und versuchte zu schlafen, doch es gelang ihr nicht.
Um acht Uhr wurde Dorian wach. Aus dem Badezimmer hörte er das Rauschen der Brause. Er stand auf und wollte die Badezimmertür öffnen, doch sie war versperrt.
Es war düster im Zimmer. Er zog die Vorhänge zur Seite. Der Himmel war grau.
Dorian dachte an die vergangene Nacht und je länger er nachdachte, um so deutlicher wurde ihm bewußt, daß ihn das Mädchen verhext hatte. Er war völlig in ihrem Bann gestanden. Alle Fragen, die er ihr hatte stellen wollen, waren zurückgedrängt worden. Aber die würde er jetzt nachholen.
Er grinste grimmig. Coco würde eine Überraschung erleben.
Aber es kam anders.
Coco trat aus dem Badezimmer und sah ihn an, und sofort erlag er wieder ihrer Faszination. Er brauchte sie nur anzusehen, und alle Fragen wurden unwichtig.
Sie küßte ihn sanft auf die Lippen.
»Beeile dich!« sagte sie. »Um zehn Uhr haben wir eine Verabredung.«
Willenlos ging er ins Badezimmer und wusch und rasierte sich. Coco stand neben ihm. Er kämpfte gegen ihre Ausstrahlung an, schloß die Augen und preßte die Lippen zusammen, doch es gelang ihm nicht, sich aus ihrem Bann zu befreien. Sein Gehirn war wie eingenebelt.
Sie nahmen im Frühstücksraum des Hotels Platz. Dorian hatte keinen Appetit und bestellte nur ein Kännchen Kaffee. Beide schwiegen. Sie hingen ihren Gedanken nach.
Coco war zu
Weitere Kostenlose Bücher