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0285 - Parkweg des Grauens

0285 - Parkweg des Grauens

Titel: 0285 - Parkweg des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parkweg des Grauens
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heißen, mit denen ich mich unterhalte. Also?«
    »Ich heiße Slate Caller«, knurrte er widerwillig.
    »Ich heiße Jerry Cotton«, lächelte ich freundlich. »Mister Caller, haben Sie dieses Lokal schon lange?«
    »Genau vierzehn Monate, wenn Sie es wissen wollen.«
    »Was haben Sie vorher gemacht?«
    »Ich habe in Kanada Bäume gefällt. Sechs Saisons hindurch.«
    »Haben Sie sich in Kanada das Geld für dieses Lokal verdient?«
    »Ja, sicher doch. Viertausend Dollar. Cent für Cent gespart. Wie gesagt, ich musste sechsmal dafür in die Wälder. Das kann nur einer beurteilen, der es mitgemacht hat.«
    »Wenn man Sie so sieht, traut man Ihnen gar nicht zu, dass Sie monatelang schwerste körperliche Arbeit aushalten.«
    Er lachte stolz.
    »Ja, da hat sich schon mancher getäuscht. Ich bin kein Bulle von einem Mann, ganz bestimmt nicht, aber ich bin zäh, wissen Sie? Unwahrscheinlich zäh. Und ich kann was aushalten. Bei uns im Camp haben Leute schlappgemacht, die waren viel größer und breiter als ich und wogen fast das Doppelte. Aber ich - no, ich habe die Zähne zusammengebissen und durchgehalten. Sechsmal die ganze Saison hindurch, bis der Schnee kam. Oder bis die Hitze so groß wurde, dass wir wegen der Waldbrandgefahr nicht mehr fällen durften.«
    »Und dann sind Sie herunter nach New York gekommen und haben sich das Lokal hier gekauft?«
    »Ja, das war mein Ziel, und ich habe es erreicht. Die Kneipe ist keine Goldgrube, und reich werden kann ich damit bestimmt nicht. Aber ich habe mein gutes Auskommen. Und ich kann jeden Monat etwas auf die hohe Kante legen. Irgendwann werde ich mich in Florida oder Kalifornien zur Ruhe setzen.«
    »Sie kannten doch diesen Bill Harper?«, fragte ich.
    »Bill? Na ja, was man so kennen nennt. Warum? Hat er was mit dem Mord zu tun?«
    »Wissen Sie es denn noch nicht? Der Tote ist doch Bill Harper.«
    »Was? Das hat mir noch niemand gesagt, und ich habe mir ja den Toten nicht ansehen dürfen. Also Bill hat es erwischt. Das ist aber seltsam.«
    »Wieso ist es seltsam?«
    »Wissen Sie, Bill war keiner von den Leuten, die sich so einfach umbringen lassen. Ich glaube, er trug immer eine Pistole bei sich.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe es zufällig mal gesehen.«
    »War er ein Gangster?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, G-man. Er hat kein entsprechendes Schild mit sich herumgetragen. Möglich ist es schon, dass er einer war. Schon wegen der Pistole. Ein gewöhnlicher Bürger rennt kaum mit einer Pistole durch die Gegend.«
    »Was wissen Sie sonst noch von Harper?«
    »So gut wie nichts, G-man.«
    »Hatte er eine Freundin?«
    »Sieht so aus. Er war ein paar Mal mit ihr hier.«
    »Wo wohnt Harper eigentlich?«
    »Er hat ein Zimmer in der Pension von Mrs. Wool in der 94th Street.«
    »Wie heißt seine Freundin?«
    »Tina Polling. Wenn bei mir mal was los ist, hilft sie mir als Serviererin, daher weiß ich ihren Namen. Sieh an! Wenn man vom Teufel spricht, kommt er. Drehen Sie sich um, G-man und sie können Tina Guten Tag sagen.«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Eine Frau war hereingekommen, die sicherlich erst fünfundzwanzig Jahre alt war, aber schon sehr verlebt aussah. Ihr Haar hatte einen roten Farbton. Sie kam mit langsamen, wiegenden Schritten auf die Theke zu und sagte mit einer heiseren, verräucherten Stimme: »Tag, Slate! Was ist denn bei dir los? Draußen steht ein halbes Dutzend Autos. Und wenn ich keine Tomaten auf den Pupillen habe, sind es Polizeifahrzeuge.«
    »Erraten«, sagte ich schnell. »Trinken Sie einen Whisky mit, Tina?«
    Sie sah mich an wie eine Klapperschlange eine Maus, die sie gleich zu verschlingen gedenkt. Dann grinste sie plötzlich.
    »Warum eigentlich nicht? Aber ersparen Sie sich ja die Ausgaben für Soda. Ich mag kein gepanschtes Zeug.«
    »Whisky pur, Slate«, bestellte ich.
    Tina Polling schwang sich auf den Barhocker neben mir. Sie roch stark nach einem aufdringlichen Parfüm. Als sie sich auf den hohen Barhocker zog, fiel ihre Handtasche auf den Boden, klappte auf und ließ einen Teil des Inhaltes herausrollen.
    Ich bückte mich blitzschnell, warf alles in die Tasche und gab sie Tina. Sie widmete mir einen langen Blick, der vermutlich tiefe Dankbarkeit ausdrücken sollte.
    »Es gibt anscheinend doch noch Gentlemen«, quälte sie über ihre verräucherten Stimmbänder.
    Ich grinste nur. Es war ja nicht unbedingt nötig, ihr jetzt zu sagen, dass ich eine Schachtel mit den Rauschgift-Zigaretten in der Tasche entdeckt

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