042 - Invasion der Käfer
mich erkannte.
„Mein Gott, Mr. Stewart …“, stammelte sie. „Ich, entschuldigen Sie, aber ich bin furchtbar erschrocken. Es war ein so scheußliches Tier.“
Sie zitterte immer noch am ganzen Leib. Ich brachte sie ins Haus, ging an Rhena vorbei, die uns neugierig ansah. Als ich Cathy schließlich in einen alten Stuhl verfrachtet hatte, ging es ihr schon etwas besser. Ihr Gesicht bekam wieder Farbe, und sie lächelte sogar.
„Also, wovor haben Sie sich eben so erschrocken?“
„Es war dumm von mir, aber jetzt ist es schon wieder gut. Ich machte gerade Fotos von der Palme, stand nahe am Brunnenrand, wo ich den Belichtungsmesser und meine Kameratasche abgelegt hatte.“ Sie lächelte verlegen. „Und dann saß da plötzlich so ein dicker, widerlicher Käfer. Schwarz, faustgroß und ekelerregend.“
Ich grinste erleichtert.
„Und deswegen hat die mutige Reporterin so geschrien?“
„Nein, nicht deshalb. Er sprang mich an. Blitzschnell. Plötzlich hing er mir am Rock. Da habe ich geschrien.“
„Hm. Und Sie wissen nicht, um welche Sorte von Käfer es sich handelte?“
„Nein. Ich habe ihn mit der Hand runtergeschlagen und ihn totgetreten. Er muß noch vor dem Brunnen liegen.“
Ich ging hinaus. Eigenartige Stille empfing mich. Im ersten Augenblick wußte ich nicht, was anders war. Dann sah ich es. Die Vögel im Käfig saßen still auf den Ästen. Mir kam es vor, als würden sie mich alle ansehen. Warum hatten sie aufgehört zu singen?
Ich sah zum Brunnen hinüber. Und dann wußte ich es. Sie saßen still da, starrten mich aus winzigen bösen Augen an, und ihre blauschwarzen Panzerflügel schimmerten im Licht. Käfer! Dicke, schwarze Käfer, größer als Harrys Faust, widerlich fett! Und es lag etwas Gefährliches in ihrer Haltung.
Sie werden kommen! Käfer, keine Menschen vom Mars, die mit der Zunge sehen konnten. Die Stille war beklemmend. Fürchteten die Vögel diese Käfer? Warum hockten sie da?
Ich klatschte laut in die Hände, machte eine ruckartige Bewegung. Sie rührten sich nicht.
Die Käfer warteten.
TAGEBUCHEINTRAGUNG 4. Mai 12 -Linda Shaw
Es ist schwül und drückend. Vor einer Stunde sind wir mit dem Bus in Thanjavur angekommen. Ich sitze in einem kleinen Restaurant am Hafen und warte auf Harry McGoor, meinen Mann. Wir heißen O’Conner. Mister und Misses jungvermählt und im siebenten Himmel. Harry freut sich diebisch darüber.
Er ist unterwegs, um einen Wagen zu besorgen, mit dem wir nach Kajim fahren wollen.
Harry, pardon, Mr. O’Conner, brauchte eine Stunde, bis er einen alten, fahrbaren DKW auftrieb. Nun sind wir unterwegs zu dem Ort, wo der große, weise Mann Kara Thandi sein Leben gelebt hat. Die Straße ist schlecht. Harry hat sich einmal verfahren, aber um zwei Uhr haben wir es geschafft. Die feuchte Hitze ist nun fast unerträglich.
Rasch haben wir das Haus Kara Thandis gefunden. Ein Jeep steht vor der Tür. Vermutlich Docs Wagen. Da wir keinen Grund haben, ins Haus zu gehen, schlendern wir langsam an dem weißen Haus vorbei. Wir sind ja Flitterwöchler, weiter nichts. Harry macht das Warten fast verrückt. Er ist es nicht gewohnt, auf einem Abstellgleis zu fahren. Es brennt ihm unter den Füßen, juckt in seinen Fäusten. Mir geht es fast genauso. Ich lechze förmlich nach Abenteuer und Taten.
„Es ist zum Kotzen!“ knurrt Harry, als wir wieder zum Wagen zurückgehen. Plötzlich erhellt sich sein Gesicht, und er zieht mich rascher vorwärts. Als er am Wagen angelangt ist, öffnet er die Motorhaube, bastelt eine Weile herum und kommt mit ölverschmierten Fingern wieder in die Höhe. Während ich am Wagen bleibe, geht er zu Thandis Haus, klopft an die Tür.
Eine heruntergekommene, ungepflegte Inderin öffnet ihm die Tür. Harry sagt etwas zu ihr, zeigt ihr seine mächtigen, schmutzigen Pranken und deutet zu dem Jeep. Die Frau verschwindet, und der Chef persönlich taucht auf. Harry winkt mir zu. Wir gehen ins Haus. Auf einem Hocker sitzt eine zweite Frau, hübsch, jung, braungebrannt. Der Doc erklärt ihr, daß er uns zurück in die Stadt abschleppen müsse, und stellt sie uns vor.
„Miß Cathy Wilds“, sagt er, und sekundenlang liegt ein spöttisches Lächeln in seinen Augen, als er mich ansieht. „Sie ist Bildreporterin der CHICAGO EVENING PRESS und hat hier ein paar Fotos gemacht.“ Dann stellt er sich selbst vor, wir schütteln uns wie Fremde die Hände, während Harry seinen falschen Namen murmelt.
Ray Stewart lächelt schief.
„Ein bißchen
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