044 - Der Teufelseid
sich im Fahren hinunter und schlitzte den Vorderreifen von Kittys Mini auf.
Sie spürte, wie der Wagen vorn einknickte, noch bevor sie den Knall des platzenden Reifens hörte. Das Auto zog plötzlich nach links; krachte über die Kante des Bürgersteigs und raste gegen den niedrigen Holzzaun eines Reihenhauses.
Kitty war mit der Brust gegen das Lenkrad geprallt. Ihr blieb die Luft weg. Sie glaubte ersticken zu müssen. Vor ihren Augen verschwamm alles. Die Fahrertür war aus den Angeln gerissen worden und lag einige Meter entfernt. Kitty fühlte sich so schwach, dass sie am liebsten hier sitzen geblieben wäre. Egal was mit ihr passierte – ob sie verbrannte, oder ob sie den Rockern in die Hände fiel.
Aber dann hörte sie das Aufheulen der schweren Maschinen, sah die vermummten Gestalten heranrasen – und das weckte ihre Lebensgeister.
Sie befreite sich aus den Trümmern des Wracks, stolperte auf das Haus zu und hämmerte schluchzend gegen die Eingangstür. Aber niemand öffnete.
Kitty rannte weiter. Sie umrundete das Haus, gelangte in einen kleinen Garten auf der Rückseite. Sie ließ sich gegen die Hintertür fallen, schlug mit den Fäusten verzweifelt dagegen.
Gerade als hinter der Tür das Licht anging, heulte in unmittelbarer Nähe der Motor einer Maschine auf. Eine Hand griff ihr ins Haar und riss sie mit sich. Erst nach einigen Metern ließ ihr Peiniger sie los.
Sie hatte sich noch nicht von dieser ersten Attacke erholt, als der nächste Rocker heranbrauste und mit seiner knochigen Hand nach ihr griff.
Dorian schreckte im Bett hoch. Sein erster Gedanke beim Erwachen galt Lilian. Er griff besorgt nach ihr, spürte ihr Haar zwischen den Fingern und sah, dass sie mit dem Rücken zu ihm lag.
Von der Straße her drang das Dröhnen hochgezüchteter Motoren durch das offene Fenster. Es war eine laue Juninacht. Dorian hatte das Fenster erst geöffnet, nachdem Lilian eingeschlafen war, denn sie hatte sich über die Zugluft beschwert.
Wieder heulten Motorräder auf, und dann war ein Krachen zu hören, als ob jemand mit einem schweren Gegenstand auf die Karosserie eines Wagens einhieb.
Es war bisher noch nie vorgekommen, dass Rowdys in diese stille Gegend kamen und hier randalierten. Dorian hoffte, dass sie den Spaß daran, harmlose Bürger aus dem Schlaf zu trommeln, bald verlieren und wieder abziehen würden.
Er schwang sich aus dem Bett, um das Fenster zu schließen. Lilian brauchte ihren Schlaf, und er musste alle Aufregungen von ihr fernhalten, damit sie nicht wieder krank würde.
Als er zum Fenster kam und auf die Straße blickte, erkannte er sofort, dass es sich nicht um harmlose Randalierer handelte. Sieben vermummte Gestalten auf Motorrädern verfolgten einen Kleinwagen, in dem Dorian ein junges Mädchen zu sehen glaubte.
Die Windschutzscheibe war eingeschlagen worden, und die Karosserie war voller Beulen. Dorian schloss schnell das Fenster, während er die Geschehnisse auf der Straße beobachtete.
Als einer der Rocker auf die Motorhaube des Kleinwagens einhieb, sprang diese auf. Das Mädchen hinter dem Steuer fuhr jedoch weiter. Plötzlich beugte sich der Rocker, der seinen Helm abgenommen hatte, im Fahren zum Vorderreifen hinunter. Dorian sah ein Messer in seiner Hand blitzen. Im nächsten Augenblick schlingerte der Wagen. Der Mini rumpelte über den Bürgersteig und durchstieß den Zaun seines Reihenhauses.
»Rian?«, hörte er hinter sich Lilians verschlafene Stimme. »Was hat der Krach zu bedeuten?«
»Nichts, Schatz. Schlaf nur weiter.«
Er ging zu ihr. Ihr blasses Gesicht, von blondem Haar umrahmt, versank in dem weichen Daunenkissen. Sie kam ihm in diesem Augenblick wie ein Engel vor – und genauso unnahbar. Als er ihr einen Kuss geben wollte, wandte sie das Gesicht ab. Er musste Geduld mit ihr haben.
Von unten kam wieder das Aufheulen der überzüchteten Motoren.
»Was ist denn los?«, fragte Lilian missmutig im Halbschlaf.
»Kein Grund zur Aufregung«, beschwichtigte er sie. »Es handelt sich nur um ein paar Rowdys, die unsere Straße für eine Rennbahn halten. Sie werden schon wieder verschwinden, wenn sie sehen, dass wir uns nicht provozieren lassen.«
Dorian schlüpfte in seinen Morgenmantel.
»Warum ziehst du dich an?«, fragte Lilian. »Du willst doch nicht auf die Straße?«
»Nein«, log Dorian. »Ich hol' mir nur was zum Trinken aus dem Kühlschrank.«
»Bleib' nicht lange …«
Er war froh, dass die Vorgänge auf der Straße Lilian nicht erschreckten. Er ging
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