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0494 - Fenrirs Wacht

0494 - Fenrirs Wacht

Titel: 0494 - Fenrirs Wacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Frederic, der es in seinem langen Leben bisher auf neunzehn uneheliche Kinder und Kindeskinder gebracht hatte. »Fenrir macht so etwas nicht. Der ist kein wilder Räuber. Der Bursche läßt sich ganz gepflegt füttern. Das einzige, was er hin und wieder fängt, sind Karnickel oder Ratten. Sogar die streunenden Katzen läßt er in Ruhe.«
    »Du solltest Strafverteidiger werden«, grinste André.
    »Frederic hat recht«, sagte Mostache. »Fenrir ist zivilisiert. Er hält sich zwar gern in der Nähe von Menschen auf, aber er bricht in keinen Stall ein. Er weiß ja, daß er nur zum Château Montagne laufen muß, um gefüttert zu werden. Außerdem ist er schon lange nicht mehr da gewesen. Wenn ich mich nicht irre, hat er sein Revier in Richtung Montrottier verlegt.«
    »Kriegt also kein Futter mehr und muß räubern«, sagte Moreau. »Mann, ich habe den Stall gesehen. Mitten in der Nacht sind die Biester da ’reingegangen.«
    »Die Biester?«
    »Es sieht aus, als wären es zwei gewesen. Wenns’s nur einer war, muß er recht sportlich gewesen sein«, sagte Moreau. »Mostache, ich will nicht schuld an deinem Bankrott sein. Füll nach!« Er deutete auf das Schild über der Tür, das lapidar gesagte: Ein Volk, das seinen Wirt hungern läßt, verdient nicht zu leben.
    Mostache schenkte nach und schüttelte den Kopf. »Und das hat keiner gemerkt? Mann, Pierre - Schweine machen doch eine Mords-Randale. Das muß der Bauer doch gehört haben.«
    »Der Bauer hat tief und fest geschlafen.«
    »Wen hat es denn erwischt?«
    »Thiebault. Die verdammten Wölfe haben ihm alle fünf Schweine massakriert.«
    »Und wie sind sie in den Stall ’reingekommen?« wollte der alte Frederic vom Rommé-Tisch wissen. »Haben sie höflich angeklopft, und die Schweine haben ihnen die Tür aufgemacht, oder was?«
    »Sie müssen irgendwie das Schloß geknackt haben. Verdammt, ich weiß auch nicht viel mehr. Es ist letzte Nacht passiert. Und ich schätze, in dieser Nacht wird es auch wieder rundgehen. Wir sollten verdammt aufpassen.«
    »Mach das mal. Und trink lieber keinen Cognac mehr«, warnte André.
    Draußen heulte ein Wolf.
    ***
    Die rothaarige, rund vierzig Jahre alte Frau zog den Mantel eng um ihre Schultern und trat ins Freie. »Fenrir?« rief sie leise.
    Sie brauchte nicht laut zu sein. Sie brauchte überhaupt nichts zu sagen, aber sie war es so gewohnt. Sie wußte, daß Fenrir ihre Gedanken lesen konnte. Er würde wissen, daß sie nach ihm rief - irgendwie hielt er immer Kontakt zu ihr, ganz gleich, wo er herumstrolchte. Er hat mich zum Fressen gern, dachte sie ironisch. Nun, normalerweise ging man davon aus, daß das Raubtier Wolf den Menschen töten und verzehren würde. Aber der Wolf Fenrir war kein Raubtier. Er war, seinen Verhältnissen entsprechend, zivilisiert. Er besaß annähernd die Intelligenz eines Menschen. Vielleicht hatte er sie in den letzten Jahren auch noch weiterentwickelt. Der legendäre Zauberer Merlin hatte ihn geschult, nachdem die telepathischen Fähigkeiten und die Intelligenz des alten sibirischen Wolfes offenbar geworden waren.
    Naomi Varese hatte das alles von Professor Zamorra erfahren.
    Sie selbst hatte unter einem Fluch gestanden. Vor über zwanzig Jahren war sie der Hexe Cila in die Quere gekommen. Cila, mittlerweile selbst längst tot, hatte Naomi mit dem Bann ewiger Jugend belegt - doch jeder Mensch, der sich näher mit ihr befaßte, ihr Freund wurde oder sie gar liebte, sollte zu Schaden kommen. Selbst der Parapsychologe Zamorra hatte sie nicht von diesem Bann befreien können.
    Aber ausgerechnet Fenrir war es gelungen. Der graue Wolf, der ihr eher zufällig über den Weg gelaufen war, war ihr Freund geworden. Seine Freundschaft hatte Naomi von dem Fluch erlösen können - denn er war ein Tier, kein Mensch. [1]
    Fenrir lebte jetzt bei ihr in der kleinen Hütte im Wald, zu Fuß gut eine Stunde von Montrottier entfernt. Über den Berghang hinweg ging es zu Professor Zamorras Château oberhalb der Loire; aber das war für Naomi Varese ein sehr langer Weg. Luftlinie etwas mehr als 18 Kilometer, hatte sie einmal ausgerechnet. Zu Fuß ein langer Marsch von vielen Stunden, auch wenn sie den größten Teil der Strecke nicht auf unwegsamen Waldwegen, sondern befestigten Straßen zurücklegen konnte. Sie besaß weder Fahrrad noch Auto. Was sie zum täglichen Leben brauchte, ließ sie einmal im Monat von Montrottier aus anliefern und fühlte sich ansonsten ganz wohl in ihrem kleinen Reich.
    Der Fluch, der sie in die

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