0522 - Er kam aus dem Todesschloß
ihm Kontakt aufgenommen. Er hat behauptet, daß er mich nicht verraten hat. Er ist hinter mir hergefahren, um mich zurückzuholen.«
»Das glaubst du?«
»Ich zweifle noch!«
Orrie stellte sich aufrecht hin. »Nein!« sagte er laut und deutlich.
»Nein, sie sind alle gleich. Ob es dein Freund ist oder mein Vater. Sie verraten uns, wenn es um ihre eigene Haut geht. Es gibt keine Liebe unter den Menschen, das habe ich erleben müssen.«
»Eigentlich ist John Sinclair anders.«
Orrie hob die Schultern. »Du mußt es wissen, ja, du mußt es wirklich wissen. Aber ich sage dir eines: Er ist ein Polizist. Wenn er mich findet, wird er mich verhaften wollen. Soweit lasse ich es nicht kommen. Ich schlage ihn vorher tot!« Nach diesen Worten drehte sich Orrie um und verschwand im Wohnwagen.
Julie schaute ihm noch nach. Orrie kam sehr schnell wieder zurück. Diesmal hatte er die Axt nicht im Wagen gelassen. Er umklammerte den Griff mit der rechten Hand und schwang die Klinge hoch. »Damit, Julie, werde ich ihn umbringen.«
»Aber ich möchte vorher mit ihm reden.«
»Das habe ich nicht gern.«
»Er soll eine Chance bekommen.«
»Hat er dir eine gegeben?«
»Ja, in Buckland im Moor gab er mir die Chance.«
»Ich habe keine bekommen.« Orrie wollte noch etwas sagen, Julie aber streckte ihren Arm aus, und der Mann verstand die Geste. Er hielt den Mund.
Das Mädchen zeigte auf die Barriere.
»Was ist denn da?« flüsterte Orrie.
»Ich habe Lichter blitzen sehen.«
»Wo?«
»Im Wald!«
»Was bedeutet das?«
»Ich glaube, sie suchen uns und werden auch zum Campingplatz kommen. Da fährt ein Auto…«
Orrie ging zurück. »Ich werde mich verstecken!« sagte er zischend. Bevor Julie noch etwas erwidern oder dagegensprechen konnte, war er schon verschwunden.
Er konnte in die leeren Räume zwischen die Wagen getaucht sein, sich aber auch im Wald verborgen halten.
Julie wartete noch.
Das Licht hatte sie beim erstenmal nur kurz gesehen, jetzt allerdings, als der Wagen in eine Kurve fuhr, sah sie die beiden Scheinwerfer schon deutlicher.
Es gab nur diesen einen Weg zum Platz, und Julie wußte auch, wer dort kam.
John Sinclair!
Sie nickte sich selbst zu und zog sich dann zurück. So leicht würde sie es ihm nicht machen…
***
Professor Wayne hatte sich kaum geirrt. Mit einer Viertelstunde Fahrzeit waren wir zwar nicht ausgekommen, wir erreichten unser Ziel aber nach zwanzig Minuten, und ich sah im Licht der beiden Scheinwerfer die Barriere angestrahlt, die den Weg zum Platz versperrte. Dicht davor ließ ich den Rover ausrollen.
»Wollen Sie den Schlagbaum anheben?« fragte Wayne, der im Fond des Wagens hockte.
»Nein.« Ich hatte gesehen, daß sie von Hand nicht bewegt werden konnte. Da mußte schon jemand den Motor einschalten.
Ich stieg als erster aus, auch Glenda verließ den Wagen zur gleichen Zeit mit mir, während Professor Wayne noch zögerte. Ich konnte ihn gut verstehen. Während der Fahrt war er sehr unruhig gewesen. Kein Wunder, er konnte damit rechnen, mit seinem Sohn zusammenzutreffen, der ihm die schlimmen Sünden der Vergangenheit auf drastische Art und Weise vorhalten würde.
»Wollen Sie im Wagen bleiben?« fragte ich ihn.
»Er böte kaum Schutz vor einer Axt.«
»Da haben Sie recht, Professor.«
Also stieg auch Wayne aus und blieb neben uns stehen, als wir die Barriere überwunden hatten.
Unsere Blicke glitten über den Campingplatz, auf dem sich kein Leben zeigte. Er lag in einer absoluten Stille. Die Wagen schienen sich zwischen den Bäumen zu ducken.
Die Leere ließ mich frösteln. Vielleicht auch deshalb, weil mich das Gefühl überkam, beobachtet oder belauert zu werden, das merkte auch Glenda.
»Hast du was, John?«
»Ich weiß auch nicht. Ich könnte mir gut vorstellen, daß Julie uns bereits im Visier hat.«
»Ja…«
Professor Wayne, der einen dicken Ledermantel übergestreift hatte, schaute sich die einzelnen Wagen an und meinte: »Sie scheinen alle abgeschlossen zu sein.«
Ich lachte leise. »Professor, die Entfernung ist einfach zu groß. Wir müssen sie uns schon genauer ansehen.«
»Gut. Welche Seite zuerst?«
Da sich die Wagen gegenüberstanden, entschied ich mich für die rechte. Es war nicht hundertprozentig sicher, daß ich Julie, falls sie sich hier überhaupt aufhielt, in einem der Wagen verbarg. Sie konnte ebensogut in der Blockhütte lauern, das alles würden wir sehen.
Ich fühlte mich wie unter einem Druck stehend. Möglicherweise war es auch ein
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