0681 - Leichenschiff der Druiden
nicht, aber du wirst es tun, das weiß ich.«
»Keine Sorge, Dad, es wird schon klappen. Falls es sich hier tatsächlich um einen Gruß aus Aibon handelt, habe ich nichts zu befürchten. Wir stehen uns neutral gegenüber, zumindest teilweise.«
Mein Vater schaute zu, wie ich das Kreuz von meinem Hals nahm. Er warf einen kurzen Blick darauf. »Ist schon okay, John, damit schaffst du es bestimmt.«
Ich ging die ersten Schritte. Schon bald hatte ich den Rand überwunden und merkte, dass sich das Gelände leicht senkte. Mir kam es vor, als würde ich in ein dünnes Wasser hineingehen, das meine Beine umspielte. Es war auch ein Meer, aber ein Meer aus Licht, und ich spürte den festen Boden unter meinen Füßen.
Da war nichts von einem Absinken in gewisse Tiefen zu spüren, ich konnte normal gehen, und das Licht reichte bis in eine Höhe, die an meinen Schienbeinen endete.
Etwa in der Muldenmitte blieb ich stehen, denn ich hatte gemerkt, dass mich etwas Fremdes umgab.
Ein Stück ungewöhnlicher, geisterhafter Natur, das sogar lebte und gewisse Botschaften in Form von Wellen absandte.
Ich schaute auf mein Kreuz. Ob das Silber eine grüne Farbe angenommen hatte, konnte ich nicht sagen. Möglicherweise lag es an dem Schein selbst, der auch das Kreuz erfasste.
Das Licht gab Wellen ab, die in erkennbare Gedanken transformiert wurden.
Ich hörte Stimmen…
»Du bist nicht der, den wir erwarten. Du nicht! Wo sind sie? Sie sollen kommen. Erst wenn sie hier sind, kann es anders werden. Ich sehe das Schiff, aber es ist nicht hier. Ich sehe alles, wir sehen alles, wir sehen die Bestie, wir sehen den Gott. Er kommt über das Meer, er hat den Tunnel der Zeiten verlassen. Nicht mehr lange, dann wird er hier erscheinen. Wir sind bereit…«
Stille, Schluss, vorbei…
Ich stand so andächtig da wie ein Mensch in der Kirche und dachte nach.
Bekannte und doch fremde Begriffe hatten mich durcheinander gebracht. Da lag einiges im Argen.
Ich kam nicht mehr zurecht. Ich wusste nicht, was es bedeutete, dass ein Schiff kommen würde, eine Bestie und ein Gott. Aber ich stellte auch keine Fragen mehr, denn das Licht oder die Tiefe selbst gaben mir die Antwort.
Es zeichneten sich geheimnisvolle Bilder darin ab. Gegenstände, von denen ich bisher nur gehört, sie aber nicht zu Gesicht bekommen hatte. Eine Bestie, die aussah wie ein Menschenaffe, ein altes Schiff mit geblähten Segeln, das von den Armen eines Kraken umfangen wurde und eine auf einem Sarg liegende Figur, die mich an einen ägyptischen Totengott erinnerte.
Für einen Moment nur sah ich dieses Bild. Es war wie eine Projektion aus einer anderen Welt, dann sank es wieder zusammen, und ich stand allein inmitten des grünen Lichts.
Es war klar, dass diese Bilder einen Sinn gehabt hatten. So etwas zeigte man nicht grundlos, aber wer, zum Teufel, war damit gemeint? Und wie passten sie nach Aibon?
Ich atmete tief durch, drehte mich um und schaute in eine andere Richtung über den Schein hinweg.
Nichts war zu sehen. Die Mulde lag vor mir, als wollte sie der grüne Schein von einem Rand zum anderen hin ausmessen. Selbst den Wind spürte ich nicht mehr. Alles lag eingebettet in ein tiefes, unheimliches Schweigen.
Ich schaute auf mein Kreuz. Noch immer lag es auf dem Handteller. Seine Form hatte es nicht verändert, nur das Licht fiel als Schatten über den Umriss hinweg, mehr war auch nicht geschehen.
Ich wischte über meine Stirn und ließ die Fingerkuppen am linken Ohr entlang nach unten wandern.
Eine meiner typischen Bewegungen, wie mir Freunde mal gesagt hatten. Sie zeugte auch von einer großen Nachdenklichkeit, die mich erfasst hatte.
Hier waren Dinge geschehen, die überhaupt nicht in ein Schema passten. Für mich hatte es eine Kraft irgendwie verstanden, die Grenzen der Welt zu durchbrechen. Ein Vorgang kündete sich an, der noch nicht eingetreten war, von dem ich allerdings befürchtete, dass er diese Welt hier verändern konnte.
Es war gut, dass mich mein Vater verständigt hatte. Und ich glaubte auch nicht an einen Zufall, dass nur ich diese Bilder zu Gesicht bekommen hatte. Es war durchaus möglich, dass mir allein mein Kreuz dieses Sehen und Erkennen ermöglicht hatte.
Dann verschwand das Licht.
Dies war mit einem ebenso unerklärlichen Vorgang verbunden wie das Erscheinen. Ich stand ja da und konnte genau zuschauen, deshalb sah ich auch, wie der grüne Schein im Boden versickerte, als wäre er von ihm aufgesaugt worden.
Die Dunkelheit kehrte zurück und
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