07 - komplett
Hause“, schlug er mit sanfter Stimme vor und ergriff ihre Hand.
6. KAPITEL
Als sie das Cottage erreichten, hatte Francesca sich einigermaßen gefasst und ihre übliche Gelassenheit fast zurückgewonnen. Nur ihrer Mutter erzählte sie von dem Überfall. Während sie sich verteidigt hätten, wäre der Angreifer getötet worden. Den Namen des Mannes oder die Hintergründe der Attacke erwähnte sie nicht. Der Konstabler traf ein und veranlasste den Abtransport von Groselys Leiche.
Dass Jack noch an diesem Tag nach Hause fahren könnte, wurde gar nicht erst erörtert. Es war bereits zu spät und das Entsetzen zu groß.
Alles wirkte so normal, und Francesca hätte sich am liebsten eingebildet, die schreckliche Begegnung mit Grosely wäre nur ein böser Traum gewesen. Doch sie erinnerte sich zu deutlich an die blutige Leiche, an den erbitterten Kampf vor dem Tod des Verbrechers. Während sie nachts im Bett lag, spielte sich die Szene immer wieder vor ihrem geistigen Auge ab, bis sie es nicht mehr ertrug.
Dann dachte sie an Jack. So fürsorglich hatte er ihre Hände gesäubert und sie so zärtlich umarmt. Da war es ihr allmählich etwas besser gegangen. Bei diesem Gedanken entspannte sie sich. Jetzt gab es keine Barrieren mehr zwischen ihnen.
Und sie wusste, was sie schon in jener Nacht an Bord der „Swift“ gespürt hatte –
Jack Holberton war ein guter, anständiger Mann. Erst vor zwei Wochen hatte sie diese Überzeugung gewonnen ... Trotzdem glaubte sie ihn schon ihr Leben lang zu kennen.
Lydia bewegte sich neben ihr im Bett, die leisen Atemzüge der schlafenden Mädchen und ihrer Mutter erfüllten den Raum. In dieser Nacht werde ich wohl keinen Schlaf finden, dachte Francesca. Ihr Körper schmerzte vor Müdigkeit, aber die Gedanken überschlugen sich und gönnten ihr keine Ruhe. Wenn Groselys tückischer Degen das Ziel erreicht und Jack leblos in seinem Blut gelegen hätte ... Allein schon diese Vorstellung tat ihrem Herzen so weh, als wäre es von jener dünnen, scharfen Klinge durchbohrt worden. Diesen Schmerz verdrängte sie nicht. Stattdessen kostete sie ihn bis zur Neige aus, denn sie wusste, was er bekundete. Welch eine bittersüße Erkenntnis – Grosely hatte sterben müssen, damit sie sich ihre Liebe zu Jack Holberton eingestand ...
An die Fensterscheiben prasselten Regentropfen. Am Morgen würde kein Schnee mehr auf den Straßen liegen. Ungehindert würde Jack nach Hause fahren können.
„Jack“, wisperte sie ins Dunkel. Nein, sie wollte sich nicht von ihm trennen.
Stundenlang schien sie dazuliegen, und schließlich hielt sie die seelischen Qualen nicht mehr aus. Lautlos kroch sie aus dem Bett.
Jack schlief nicht. Mit schmerzenden Rippen lag er auf dem harten kleinen Sofa und dachte an Francesca – an alles, was sie ihm bedeutete.
Langsam drehte sich der Türknauf des Salons herum. Jemand bemühte sich, ihn nicht zu wecken. Im Kamin schwelte immer noch die Glut und verbreitete ein schwaches rötliches Licht im Zimmer. Leise Schritte, etwas Weißes bewegte sich –
und da sah er sie auf der Schwelle stehen. Offenbar überlegte sie, ob sie eintreten sollte.
„Francesca?“, flüsterte er und konnte kaum glauben, dass sie zu ihm gekommen war.
Zunächst fürchtete er, sie würde fortgehen, und richtete sich hastig auf. „Bleib hier ...“
Leise schloss sie die Tür hinter sich.
„Konntest du auch nicht schlafen?“ Er stand vom Sofa auf und ging zu ihr. „Kein Wunder nach diesem schrecklichen Tag.“
„Immer wieder sehe ich ihn vor mir – wie er im blutroten Schnee liegt.“
„Einen solchen Anblick kann man nicht so leicht vergessen.“
„Wäre es möglich, dass wir des Mordes beschuldigt werden?“
Jack schüttelte den Kopf. „Mit Groselys Tod hattest du nichts zu tun. Und ich musste in Notwehr handeln.“
„Aber ich presste seine Hand an die Mauer“, wandte Francesca schaudernd ein.
„Dort hielt ich sie fest ...“
„Dadurch hast du mein Leben gerettet.“ Jack umfasste ihren Ellbogen. „Komm, setzen wir uns. Machen wir’s uns bequem.“ Er führte sie zum Sofa, schob die Decken beiseite, die sein Lager gebildet hatten, und sie nahmen Platz.
Prüfend schaute sie ihn an und berührte seine aufgeschürfte Wange. „Tut es sehr weh?“
„Nein, so schlimm, wie es aussieht, ist es nicht“, erwiderte er. Dann hüllte er sie beide in eine Decke ein.
Eine Zeit lang musterte sie ihn schweigend, und schließlich betonte sie: „Du bist nicht der Mann, der du behauptet
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