07 - komplett
sich.
„Bitte, teilen Sie Ihrem Fahrer mit, er soll in der Stadtmitte anhalten. Ich fürchte, meine Einkaufsliste ist nicht nur sehr lang, sie führt auch in verschiedene Richtungen.“
„Dann darf ich Ihnen vielleicht meine Dienste anbieten und Ihre Päckchen tragen?“
„Keinesfalls möchte ich Sie von Ihren Geschäften abhalten, Mr Wakefield. Und ich verspreche Ihnen, ich komme sehr gut allein zurecht.“
Damit der Schuss nicht nach hinten losging, gab er die Schlacht auf, um den Krieg zu gewinnen. „Wenn Sie mir verraten, wann Sie Ihre Einkäufe erledigt haben ...“
„O nein, damit werde ich Ihnen nicht zur Last fallen. Bei der Heimfahrt benutze ich die Postkutsche.“ Sie schaute lächelnd zu ihm auf. „Vermutlich sind die Hühner inzwischen längst verkauft.“
„Verzeihen Sie mir, Mrs Stowe, aber ich gewann den Eindruck, auch Sie hätten Gefallen an unserer gemeinsamen Fahrt gefunden. Da ich noch einige Tage hier in Nottinghamshire zubringen werde, kehre ich natürlich heute Nachmittag zum Wren’s Nest zurück. Und ich hatte mich schon darauf gefreut, unser Gespräch fortzusetzen.“
Sie streckte die Hand aus, die er automatisch ergriff. „Wirklich, Mr Wakefield, Sie waren sehr freundlich. Ich entsinne mich nicht, wann ich die Erinnerungen an die Zeit der Feldzüge mit meinem Mann so sehr genossen habe. Wie Sie sich vorstellen können, fand ich dazu seit Williams Tod nur selten eine Gelegenheit. Aber jetzt ...“
Ihr Blick schweifte zum Fenster, als die Kutsche anhielt. „Ja, genau die richtige Stelle.
Vielen Dank für die Fahrt, Sir. Vielleicht treffen wir uns noch einmal, bevor Sie Ihre Rückreise antreten?“
„Das wäre wundervoll“, beteuerte Guy, bevor die Tür geöffnet und das Trittbrett herabgelassen wurde. Dann sprang er hinaus und reichte Mrs Stowe eine hilfreiche Hand.
Als sie am Boden stand, schüttelte sie ihren schwarzen Rock aus. „Mr Wakefield“, verabschiedete sie sich und schenkte ihm noch ein Lächeln.
Ehe er sich eine passende Antwort ausdenken konnte, um das Unvermeidliche hinauszuzögern, folgte sie der belebten Straße. Er winkte seinen Pferdeburschen zu sich, der am Heck der Kutsche saß. Sofort sprang der Junge herunter. Guy packte ihn an der Schulter und zog ihn zu sich heran. „Nun musst du dieser Dame folgen. Ich will wissen, wohin sie geht und was sie macht. Doch sie darf nicht merken, dass du sie beobachtest. Wenn du beides schaffst, bekommst du einen Schilling.“
Freudestrahlend nickte der Junge. „Natürlich, Mylord, ich werde sie beschatten. Und ich schwöre Ihnen, davon wird sie nichts mitkriegen.“
„Gut, sei bloß vorsichtig“, mahnte Guy.
Während er beobachtete, wie sein Pferdebursche davoneilte und Mrs Stowe im Auge behielt, fühlte er sich wie ein Spion.
Warum hatte Mrs Stowe seine Begleitung bei ihren Einkäufen so entschieden abgelehnt? Maß er diesem Umstand eine übertriebene Bedeutung zu? Vielleicht war sie seiner Gesellschaft einfach nur müde.
Doch ihr Amüsement über seine Anekdoten strafte diese Erklärung Lügen. Captain Stowes Witwe hütete ein Geheimnis. Und mochte das auch nicht ehrenwert sein –
Guy beschloss, dahinterzukommen.
„Und Sie glauben, dass es sich um eine aussichtslose Situation handelt?“
Gedankenverloren spielte Guy mit dem goldenen Medaillon, das er dem Juwelier in Newark abgekauft hatte, und wartete auf die Antwort seines Vermögensverwalters.
Neben einer Halskette und einer Brosche lag auch der Ehering vor ihm auf dem Tisch, den Mrs Stowe verkauft hatte. Doch es widerstrebte ihm, ihn zu berühren.
Etwas mühsam hatte er herausgefunden, wie gering die Pension war, die William Stowes Witwe erhielt. Trotzdem – und obwohl Isabella ihren Schmuck verkauft hatte, überraschte ihn der düstere Bericht, den er soeben erhalten hatte.
Mrs Stowe war hoch verschuldet. Keineswegs, wie Benton betonte, wegen einer Verschwendungssucht, sondern viel mehr durch Unkosten, die sie auf sich genommen hatte, um für das Wohl zweier älterer Dienstboten zu sorgen. Ihre eigenen Interessen hatte sie hintangestellt.
„Noch schlimmer könnte es kaum sein, Mylord. In diesen wirtschaftlich problematischen Zeiten sind die Grundstückspreise erheblich gesunken. Nicht einmal der Verkauf des Hauses wird Mrs Stowes Schulden decken. Natürlich bezieht sie die Pension ihres Ehemanns. Aber um den Lebensunterhalt für die beiden Personen zu bestreiten, die von ihr abhängig sind ...“ Ausdrucksvoll zuckte Benton die
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