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087 - Der Dämon auf dem Affenthron

087 - Der Dämon auf dem Affenthron

Titel: 087 - Der Dämon auf dem Affenthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Morris
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Sahib!«
    »Soll sie doch sein! Wir müssen krepieren. Alle zwölf! Mensch, wird das herrlich!«
    Ang Tsering zweifelte am Verstand des Engländers. Harry Brisbane schien einen Knacks abbekommen zu haben.
    Die Furcht vor dem Tod schien für seinen Geist zu groß gewesen zu sein. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. Und der übermäßige Alkoholgenuß tat ein übriges dazu, daß Brisbane sich nicht mehr unter Kontrolle zu bringen vermochte.
    »Sie sollten jetzt wirklich zu den anderen gehen, Sahib!« sagte Ang Tsering eindringlich.
    »Und du baust inzwischen Mist, was?« schrie der Engländer wütend. Er schüttelte gereizt den Kopf. »Nein, mein Freund. Ich bleibe bei dir, und ich sehe dir genau auf die Finger. Sobald du SOS zu funken versuchst, kannst du was erleben.«
    Tsering riß bestürzt die Augen auf.
    »Aber das ist doch Wahnsinn! Sie können doch nicht wirklich wollen, daß wir in diesem Taifun umkommen, Sahib.«
    Brisbane kicherte irr.
    »Doch, Freund. Doch.«
    »Warum, Sahib?! Warum wollen Sie das?«
    »Kann ich dir erklären, Ang Tsering. Ich kann dir eine Geschichte erzählen, die dir die Tränen aus den Augen treibt, wenn du ein Herz im Leibe hast. Sicher hast du dich darüber gewundert, daß ich soviel trinke.«
    »Ja, Sahib.«
    Brisbane nickte.
    »Alle wundern sich. Sie sagen, ich wäre unmöglich, und man findet mein Benehmen schockierend. Aber keiner von euch Idioten weiß, warum ich so viel saufe. Ich habe meine Gründe dafür. Ich muß trinken. Ich muß, hörst du? Sonst würde ich nämlich wahnsinnig werden.«
    Brisbane richtete sich auf. Er trommelte mit seinen Fäusten auf seinen Brustkorb. Es dröhnte hohl.
    »Sieh mich an, Ang Tsering. Sieh mich genau an. Bin ich nicht ein prächtiger Kerl? Stark. Muskulös. Kein Krüppel. Ich kenne viele, die mich um meinen Körper beneiden.«
    Er lachte schrill. Tsering rieselte es bei diesem verzweifelten Gelächter eiskalt über den Rücken.
    »Soll ich dir sagen, was in Wirklichkeit mit diesem kraftstrotzenden Körper los ist, Tsering? Soll ich? Natürlich soll ich. Ich sehe, daß du vor Neugierde beinahe platzt. Okay. Du sollst der erste sein, der es erfährt. Dieser Körper ist tot. Jawohl, tot. Ich bin ein Leichnam, obwohl ich noch lebe. Kannst du nicht verstehen, wie? Ist zu hoch für dich, was? Das war es anfangs für mich auch. Ich konnte nicht verstehen, daß ich nicht mehr leben durfte. Ich fühlte mich nicht sterbenskrank, und trotzdem sagten mir die Ärzte, daß ich nicht mehr lange zu leben hätte. Jetzt krepiere ich. Noch in diesem Jahr, Ang Tsering. Knochenkrebs. Überall. Von oben bis unten. Der verdammte Krebs hat mich total zerfressen. So sieht es mit mir aus. Es gibt keine Rettung mehr für mich. Ich bin verloren. Ich werde in diesem Jahr vor die Hunde gehen. Es wird verdammt schmerzhaft sein...«
    Brisbane fletschte verzweifelt die Zähne. Er hing am Leben, doch er wußte, daß er es nicht mehr besaß.
    »Anfangs dachte ich, die Ärzte wären Idioten. Sie hätten sich geirrt. Ich redete mir ein, daß sie sich geirrt haben mußten. Ich war noch so prima in Schuß. Nur hin und wieder warfen mich die höllischen Schmerzen nieder. Wenn sie aber vorbei waren, fühlte ich mich kerngesund. Ich konnte Bäume ausreißen. Und so ein Mensch soll sterbenskrank sein? Das wollte ich nicht akzeptieren. Das ging einfach nicht in meinen Schädel hinein, über-stieg meinen Horizont, Aber die Ärzte hatten sich nicht geirrt. Ich ging zu anderen Doktoren. Ein Vermögen warf ich in den Rachen der gefräßigen Spezialisten. Sie waren sich alle einig. Es wäre aus und vorbei mit mir. Da fing ich zu saufen an. Ist doch verständlich. Die Leute in meiner Umgebung rümpften die Nase. Dabei hätte jeder von ihnen zur Flasche gegriffen, wenn es so um ihn ^gestanden hätte, wie es um mich stand. Meine Frau, lief mir davon. Sie wußte nicht, was ich hatte. Sie sah mich immer nur trinken. Das war ihr zuviel. Sie rannte weg. Ich holte sie nicht zurück. Wozu auch? Damit sie an meinem Grab heult? Ich verkaufte alles, was ich besaß, denn ich wollte eine Weltreise machen. Einmal wollte ich noch die Welt sehen, von der ich mich schon bald verabschieden muß. Das kannst du doch verstehen, Ang Tsering.«
    »Sie tun mir sehr leid, Mr. Brisbane«, erwiderte der Inder niedergeschlagen.
    Doch Brisbane lachte schrill.
    »Nicht doch. Ich will kein Mitleid. Ich will etwas anderes. Ich will Gesellschaft haben, wenn ich verrecke. Jetzt habe ich sie. Und ich muß nicht darauf

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