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0885 - Die Kralle des Jaguars

0885 - Die Kralle des Jaguars

Titel: 0885 - Die Kralle des Jaguars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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ohnehin ständig blitzte, in der ohnehin gleißende Helligkeit regierte. Und ein Ruf, ein schallendes, intensives »Stopp!«
    Von irgendwo hinter ihm, aus dem langen dunklen Tunnel, durch den Zamorra hergeführt worden war, trat - nein eilte - eine Gestalt. Zamorra sah blanke Haut, bunte Federn, Gold und Perlen… Es war ein Maya! Ein Hohepriester, der wie die sterbenden Geister durch die Zeit gefallen zu sein schien. Sein Kopfschmuck aus langen Federn und bunten Bändern wogte bei jeder Bewegung. Um Hals und Schultern trug er einen golden eingefassten Ring aus dunklem Tuch, und um die Hüften, oberhalb des ledernen und aufwändig verzierten Lendenschurzes, hatte er einen Dolch geschnallt, sowie zahlreiche weitere rituelle Gegenstände, deren Zweck sich dem Franzosen nicht gleich erschloss.
    In seiner ausgestreckten Rechten trug der Fremde einen langen und kunstvoll gefertigten Speer, und mit diesem ging er auf Morgana los! Die zeitlose Priesterin hatte von seiner Ankunft durchaus Notiz genommen - und sie schien alles andere als glücklich darüber. Sie war überrascht, unvorbereitet. Es war, als beeinträchtige der Neuankömmling allein durch seine Anwesenheit ihren Zeitplan, als nähme er ihr ein Stück ihrer Konzentration.
    Der Fremde sprach etwas auf Spanisch, das Zamorra nicht verstand, und die noch immer wie wild um sich schießenden Blitze der Amulettaura ließen ihn passieren! Sie ließen ihn durch, als sei er gar nicht da. Als habe er keinen festen Körper, der von dem Schutzzauber beeinträchtigt werden könnte.
    Binnen Sekunden stand er vor Morganas Schutzblase. Die Priesterin schäumte vor Wut; sie schrie und zeterte, sonderte magisch klingende Worte ab, deren Bedeutung Zamorra nicht kannte, und wob mit den Händen magische Zeichen in die Luft. Doch deren offensichtlich erwartete Wirkung blieb einfach aus! Ungerührt ihrer Bemühungen hob der Fremde seinen Speer hoch über den Kopf, setzte zu einem animalischen Schrei an - und ließ die Waffe in Richtung der Priesterin niedersausen. Mit einem lauten Zischen platzte die magische Blase, die sie um sich herum aufgebaut hatte. Und plötzlich erkannte Zamorra, wen er da vor sich hatte.
    Der Fremde, der vermeintlich aus der Vergangenheit gekommene Maya-Priester - es war Elian Rodrigo!
    Mit einem Mal kam Bewegung in die Szenerie. Die beiden riesigen Kerle, die zu Zamorras Bewachung abkommandiert waren, lösten sich endlich aus ihrer Starre. Sie wollten ihrer Herrin zu Hilfe zu eilen - und gaben Zamorra damit die Chance, auf die er gewartet hatte. Dem Schraubstock-Griff seiner Entführer entkommen, griffen seine gefesselten Hände flink nach einem der rituellen Dolche, welche die beiden Hünen um die Hüften trugen. Noch bevor sie auf diesen Diebstahl reagieren konnten, hatte der Franzose seine Stricke durchtrennt - und war kampfbereit. Die Jungs waren stark, muskulös und verfügten zweifellos über enorme Kraft, doch Zamorra war wendig. Im Kampf Einer gegen Zwei verschaffte ihm dieses Talent einen entscheidenden Vorteil. Mit Dolch und Faust ging er auf sie los, nutzte das Überraschungsmoment und hatte den linken Mestizen in Nullkommanichts auf dem Boden, wo er japsend nach Luft schnappte und sich Hals und Magengrube hielt.
    Blieb noch einer. Mit einem wütenden Aufschrei stürzte sich der Baum von einem Mann auf Zamorra, doch der Professor war auf diesen Angriff vorbereitet. Gekonnt ließ er sich nach hinten fallen, rollte sich über die Schulter ab, und nahm der Attacke des Hünen somit einen Großteil ihrer Wirkung. Als der Angreifer begriffen hatte, dass seine Aktion vergeblich war, stand Zamorra schon wieder auf den Beinen - und zwar hinter ihm!
    Danke, dass du es mir so leicht machst , dachte der Franzose grimmig und schickte den verblüfften Riesen mit einem gezielten Handkantenschlag in den Nacken ins Reich der Träume. Im Nu war Zamorra bei Nicole. Er achtete gar nicht auf das weitere Treiben im Raum, hatte keine Ahnung, wie es Elian gerade erging. Das musste warten. Zamorra kniete neben der Opferplatte, nahm Nicole den Knebel aus dem Mund und flüsterte hastig: »Gib mir das Amulett, schnell!« Seine Gefährtin nickte und beendete mit einem Gedankenbefehl den Schutzzauber des Amuletts. Die helle Aura und ihre Blitze verschwanden, als wären sie nie da gewesen.
    »Beeil dich!«, wisperte Nicole und schickte ihren Gefährten gleich wieder los. Sie würde es jetzt auch noch ein paar Minuten länger hier aushalten, bis er sie endgültig befreien konnte.

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