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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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unternehmen. Was hätte sie also tun können, außer darum zu beten, dass sie und ihre Freunde nicht einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatten, als sie ihr Schicksal den Ranyhyn anvertraut hatten?
    Als die Pferde den Boden der Caldera erreichten, stellte Linden fest, dass der Knochenhaufen sie nur wenig überragte. Und er war ringsum von einem zehn, zwölf Schritte breiten freien Streifen umgeben, der darauf schließen ließ, dass die Knochen aufgestapelt, und nicht einfach in den Krater geworfen worden. Irgendwann in grauer Vorzeit hatte jemand die verstreuten Skelette zu einem Haufen wie einem Grabhügel aufgetürmt. Aber wozu sich jemand diese Mühe gemacht hatte, blieb ihr unerklärlich.
    Die Pferde machten, den Knochen zugewandt, auf der freien Fläche halt. Ihre Muskeln zitterten vor Erschöpfung. Von ihren Flanken tropfte noch immer Schweiß. Aber sie scharrten nicht mit den Hufen oder gingen um den Knochenhügel herum. Stattdessen schienen sie bewegungslos dastehend zu warten, als rechneten sie damit, dass sich in dem Knochenhügel etwas Unbeschreibliches manifestieren werde.
    So ist es immer. Die Alternative ist Verzweiflung.
    Lindens Hand umklammerte Covenants Ring unter ihrer Bluse. Zu glauben, Verzweiflung sei nicht die bessere Wahl, fiel ihr immer schwerer. Hier hatten ihre Taten ins Verderben geführt, wie es unvermeidlich ist… Den Folgen konnte sie sich unmöglich entziehen.
    Sie hatte gegen die Gesetze von Leben und Tod verstoßen, um Thomas Covenant wiederzuerwecken, aber sie hatte es nicht geschafft, ihn heil zurückzuholen. Von diesem Augenblick an war es vielleicht unvermeidlich gewesen, dass er sie verlassen würde. Nur seine fatale Toleranz für die Fehler anderer hatte ihn daran gehindert, ihr schon früher den Rücken zu kehren.
    Sie hätte auf Mahrtiir hören sollen, als er …
    Ohne Vorwarnung glitt Jeremiah von Khelens Rücken, und im selben Augenblick erschien zwischen den Sandsteinplatten am Kraterrand eine grausig brodelnde und schäumende Zäsur.
    Jesus!
    Linden ließ in panischer Hast den Ring los, riss mit beiden Händen den Stab hoch und ließ ihn über ihrem Kopf kreisen. Melenkurion abathal Ihre Magennerven verkrampften sich vor Übelkeit. Hornissen umschwärmten sie. Duroc minas miW. So war sie lange keiner Zäsur mehr gegenübergetreten, jedenfalls nicht mehr, seit ihr persönliches Absinken ins Dunkel sich verfestigt hatte. Der Fleck auf ihrer Seele schwächte sie vielleicht.
    Ein Teil ihres Ichs hatte gelernt, sich nach Gesetzesverstößen zu sehnen.
    Aber sie musste es versuchen.
    Harad khabaal!
    Auch wenn die Sieben Worte keine magische Wirkung hatten, wenn sie nicht laut gerufen wurden, trugen sie doch dazu bei, Lindens Verzweiflung zu fokussieren. Auf ihren hektischen Wunsch hin schlugen pechschwarze Flammen aus dem Stab. Schwärze kreiselte nach oben, unheilvoll und missbraucht, wie ein Kreischen, das sie von Ihr, die nicht genannt werden darf, geerbt hatte.
    Wild wie ein Migränesturm brandete die Zäsur in den Krater hinunter, als lenkte Joan oder der Wüterich Turiya sie geradewegs auf die Knochen zu. Irgendein Effekt von Wut oder Verrücktheit - oder vielleicht die verringerte Entfernung - ermöglichte es Joan, ihre Angriffe besser zu steuern.
    In seiner dissoziierten, teilnahmslosen Art ignorierte Jeremiah die Zäsur. Vielleicht nahm er sie überhaupt nicht wahr. Stattdessen ging er selbstsicher auf die aufgetürmten Skelette zu.
    In den Pfad der verwüsteten Zeit.
    Die Ranyhyn machten keine Bewegung. Auch Stave reagierte nicht. Linden wünschte sich, er würde von Hynyn springen, sich ihren Sohn schnappen, mit ihm wegrennen … Aber er blieb auf dem Hengst sitzen, als sähe er keine Gefahr.
    Als fürchtete er den gewaltigen Sturm nicht.
    Als vertraute er Linden Avery, der Auserwählten.
    Sie schwang ihren Stab und schickte weiß glühende Mitternacht ins brodelnde Herz der Zäsur.
    Ihr bekommt meinen Sohn nicht!
    Nur einen Augenblick, vielleicht einen halben Herzschlag lang, sah sie sich scheitern. Ihr Energieschwall schien die Zäsur sogar zu stärken - als nährte sie sich von ihrer besudelten Kraft.
    Aber ihre Sünden hatten weder die Natur des Stabes noch die Bedeutung von Caerroil Wildholz’ Runen verändert. Fast augenblicklich setzten sich die Grundsätze von Erdkraft und dem Gesetz durch. Sie existierten, um die organische Integrität des Lebens zu gewährleisten: Lindens Finsternis konnte sie nicht korrumpieren. Als die Zäsur sich in den Krater

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