0977 - Liliths grausame Falle
eine blaue Schüssel. In seiner Nähe sahen wir Wald, auch schmale Wege, aber nur eine Straße, die in einer doch relativ großen Entfernung an diesem Ziel vorbeiführte.
»Das könnte es sein«, sagte Crane.
»Zumindest nach meinem Dafürhalten.«
Wir widersprachen nicht.
»Und dort gibt es auch eine Hütte?« fragte Suko.
»Sie werden mich jetzt steinigen, aber in der Ecke bin ich schon lange nicht mehr gewesen. Es ist aber durchaus möglich, daß dort inzwischen jemand wild gebaut hat.«
»Wir müßten es uns ansehen«, meinte Suko.
»Wie Sie wollen.«
»Jetzt müssen wir nur noch erfahren, wie wir am schnellsten zu dieser Hütte gelangen«, sagte ich.
Er zeichnete uns den Weg auf und hörte auch, wie Suko mich fragte: »Ob die Leichen in den See geworfen wurden?«
Crane hob den Kopf. »Das muß nicht unbedingt so gewesen sein«, erklärte er. »Es tut mir leid, aber ich vergaß Ihnen zu sagen, daß sich in der Nähe des Hauses und unmittelbar vor ihm noch ein Brunnen befindet. Ein alter und leerer Brunnen, dessen Schacht sehr tief in die Erde reicht. Sie finden dort kein Wasser mehr, aber wenn Sie Tote suchen, könnte ich mir schon vorstellen, daß er als Versteck Verwendung gefunden hat. - Dann findet man keines der Opfer mehr.«
Suko schlug mir in die Seite. »John, das ist es! Das muß es einfach sein.«
»Und ob.«
Oswald Crane lächelte uns an, als er mir die Wegbeschreibung in die Hand drückte. »Dann kann ich Ihnen nur viel Glück bei Ihrer Suche wünschen«, sagte er zum Abschied.
»Danke, und wir sind Ihnen verpflichtet. Sie haben uns sehr geholfen.«
»Erst mal abwarten.«
Suko und ich hatten es plötzlich eilig. Wir ›brannten‹. Wir waren wie zwei Bluthunde, die eine Spur aufgenommen hatten, und wir hofften, nicht zu spät zu kommen.
Zumindest ich wurde den Eindruck nicht los, daß wir in der Nähe des Hauses oder des Brunnens noch auf unsere verschwundene Freundin Jane Collins trafen…
***
Ich habe mich verhört! dachte Jane. Das durfte doch nicht wahr sein. Die Person jenseits der Lampe hatte sie tatsächlich als Freundin bezeichnet. Das wollte ihr nicht in den Kopf. Das war einfach eine Verarschung, und in dieser Umgebung konnte sie damit nicht zurechtkommen.
Aber es war Vorsicht angesagt. Sie hatte sich den Klang der Stimme genau eingeprägt. Sehr freundlich hatten sich die Worte nicht angehört, trotz des Textes. Dahinter hatte schon ein gewisses Lauern gelegen, und Jane war sehr auf der Hut.
Sie nahm die Lampe nicht zur Seite. Noch immer blendete Jane Collins das Licht, aber der Kreis erreichte nicht ihren gesamten Körper. Sie nahm die Hand behutsam von der Waffe weg. Nur nichts provozieren. Alles an sich herankommen lassen.
Schon einmal hatte sie die Frage gestellt, und jetzt wiederholte sie deren Text. »Wer bist du?«
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Ich bin eine Freundin. Ich bin wie du. Das spüre ich genau. Wir sind uns sehr ähnlich.«
Jane kam mit dieser Erklärung nicht zurecht. Sie schüttelte den Kopf. »Wie kannst du das sagen?«
»Weil ich es spüre.«
»Was spürst du?«
»Es ist in dir.«
»Aha.« Jane ahnte, was die andere Person meinte. Tatsächlich waren die alten Hexenkräfte noch in Jane Collins vorhanden. Auf sie hatte auch die Urdämonin spekuliert, und sie hoffte deshalb, Jane auf ihre Seite ziehen zu können. Wahrscheinlich war die Begegnung mit der anderen hier unten im Stollen ein letzter Test. »Aber deinen Namen hast du mir noch immer nicht genannt.«
»Kennst du ihn denn nicht?«
»Ich kann ihn mir denken. Du bist Charlotte, nicht wahr? Die Charlotte, von der mir auch Coco erzählt hat.«
Die andere lachte. Kein Widerspruch. Sie nahm es hin, so angesprochen zu werden. »Die gute Coco - ja. Sie war ebenfalls ausgesucht worden. Sie befand sich schon auf dem Weg zu uns. Auch habe ich versucht, Doreen Sanders zu Lilith zu bringen, aber sie waren nicht wie du. Die Flamme steckte nicht in ihnen. Aber bei dir kann ich sie spüren, teure Freundin.«
»Ich heiße Jane Collins.«
»Sehr gut, Jane. Daß ich Charlotte bin, weißt du. Von nun an können wir uns zusammentun.«
»Ich soll werden wie du?«
Der Ton der Frage hatte Charlotte nicht gefallen. »Wie hast du das denn gemeint?«
»Nimm es mir nicht übel, aber ich weiß ja, womit du dein Geld verdient hast, und das ist nichts für mich. Da bin ich ehrlich. Ich werde kein Zimmer mieten und…«
Das Lachen unterbrach Jane. »Du brauchst es nicht. Du brauchst es
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