100 - Des Teufels Samurai
„Wahrscheinlich werde ich noch oft Masken anlegen müssen. Aber ich will doch wenigstens bei meinen Freunden ich selbst sein. Hattest du große Schwierigkeiten mit Luguris Dämonen?"
Unga machte eine wegwerfende Handbewegung. Er hatte nun schon zum zweiten Mal in Hermes Trismegistos' Namen gegen die Schwarze Familie einschreiten müssen. Dorian hatte bisher noch keine Veranlassung gehabt, selbst gegen Luguri vorzugehen.
Sicher, überall auf der Welt machten sich dämonische Einflüsse bemerkbar, und Luguri tat alles, um seine Macht zu festigen und dem Bösen zum Sieg zu verhelfen. Aber Dorian wollte sich zuerst mit den Möglichkeiten vertraut machen, die er als Hermes Trismegistos hatte, bevor er gegen Luguri Ernst machte. Und, wie gesagt, erst zwei Fälle hatten es nötig gemacht, Hermes Trismegistos' Macht zu demonstrieren.
Einmal hatte Luguri versucht, einen afrikanischen Kleinstaat unter die Herrschaft der Dämonen zu bringen. Unga hatte das verhindert.
Außerdem hatte Luguri eine deutsche Stadt in seine Gewalt gebracht. Von diesem Einsatz war Unga eben zurückgekehrt.
Er erstattete Dorian in wenigen prägnanten Worten Bericht. Dorian war nicht ganz bei der Sache. Es genügte ihm zu hören, daß Unga erfolgreich gewesen war.
„Hast du mir überhaupt zugehört?" fragte Unga.
„Natürlich", behauptete Dorian, und er fügte lobend hinzu: „Das hast du großartig hingekriegt, Unga"
Der Cro Magnon murmelte etwas Unverständliches und schickte sich an, das Essen zu servieren. „Eigentlich habe ich auch als Hermes Trismegistos alles, was ich zum Leben brauche", stellte Dorian während des Essens fest. „Mir geht überhaupt nichts ab. Und die Zusammenkünfte mit euch gehören zu meinen schönsten Erlebnissen."
„So?" sagte Chapman. Dula stieß ihn verstohlen an. Die beiden hatten sich auf der Tischplatte niedergelassen. Chapman fuhr fort: „Du bist aber sehr genügsam geworden."
„Ja, das mag schon sein", gab Dorian zu. „Aber ich bin wirklich mit dem zufrieden, was ich habe." Die anderen schwiegen betreten. Dorian wußte, warum. Er hatte sie gebeten, nicht über die früheren Zeiten zu sprechen.
„Nun, ja…" begann er. „Ich will euch nichts vormachen. Manchmal träume ich…"
„Warum sprichst du darüber?" sagte Unga. „Das macht nur melancholisch."
„Überhaupt nicht", behauptete Dorian. „Ich bin darüber hinweg. Ich wollte nur sagen, daß ich zwar oft noch von den alten Zeiten träume, aber Distanz gewonnen habe. Ihr braucht auf meine Gefühle keine Rücksicht mehr zu nehmen. Es ist aus mit der Vogel-Strauß-Politik. Ich will nicht länger den Kopf in den Sand stecken, sondern kann die Vergangenheit nüchtern betrachten."
„Prima!" rief Chapman. „Wenn das so ist, kann ich endlich ein Thema mit dir erörtern, das mir sehr am Herzen liegt: Coco."
Unga warf ihm einen rügenden Blick zu, als er sah, daß Dorian zusammenzuckte und schluckte. „Sprich nur", forderte Dorian den Puppenmann auf. „Was ist mit Coco?"
„Findest du nicht, daß sie ein Recht darauf hat zu erfahren, daß du noch lebst, Dorian?" meinte Chapman. Als Dorian schwieg, fuhr er fort: „Du könntest mich nach Basajaun schicken. Ich kenne die Örtlichkeiten gut genug, um mich vor den anderen verstecken zu können. Es wäre für mich ein leichtes, Coco unbemerkt eine Nachricht zukommen zu lassen."
„Nein!" sagte Dorian bestimmt.
„Und wieso nicht?" wollte Chapman wissen.
„Weil - es ist noch zu früh dazu."
Dorian erhob sich und ging zu einem Fenster. Er starrte mit verkniffenem Gesicht hinaus.
„Okay", meinte der Puppenmann. „Ich verstehe. Dorian hat Angst, daß Coco versuchen könnte, ihn zu sich zurückzuholen, wenn sie weiß, daß er noch am Leben ist. Aber das glaube ich nicht. Ich kenne Coco gut genug. Und ich bleibe dabei, daß sie ein Recht darauf hat…"
„Warum zerbrichst du dir den Kopf über meine Probleme, Don?" fragte Dorian, ohne sich vom Fenster abzuwenden.
Er starrte in unergründliche Fernen hinaus, sah irgendwo einen verwunschenen Palast… Und obwohl es sich nur um eine Fata Morgana handelte, hatte er das Gefühl, als ziehe ihn dieses rätselhafte Gebäude magisch an. Es barg Geheimnisse, die zu entschlüsseln ihn reizen würde.
„Könnt ihr euch vorstellen, daß Hermon in seinem Tempel vielleicht so eine Art Warneinrichtung untergebracht hat?" fragte Dorian. Der verwunschene Palast vor seinem geistigen Auge wurde noch deutlicher.
„Wenn du das nicht weißt… " sagte
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