Erst ich ein Stueck, dann du - Dinosaurier
Ein unfreiwilliger Besuch
„Marc, kommst du jetzt?“ Marc schreckte hoch, sodass ihm sein Buch aus der Hand fiel. Schnell hob er es wieder auf.
„Nur noch fünf Minuten, Mama!“
Die Zimmertür wurde energisch geöffnet.
„Tut mir leid, junger Mann! Papa wartet schon im Auto.“
Marc stöhnte. „Warum kann ich
denn nicht hierbleiben?“
„Das haben wir doch schon
besprochen. Wir besuchen heute
die Schumachers und du kommst mit.
Basta. Ihre Tochter Janine
freut sich auf dich.“
„Pah“, sagte Marc verächtlich.
Janine und Marc waren gleich alt, aber sie konnten sich nicht ausstehen.
„Ins Auto, schnell!“, rief seine Mutter.
„Ein wütender Tyrannosaurus Rex ist ja nichts gegen dich“, murmelte Marc, aber er erhob sich gehorsam von seinem Bett und schlurfte hinter seiner Mutter her. Dann flitzte er zum Bett zurück und steckte das Taschenbuch „Alles über Dinos“ ein. Vielleicht konnte er sich bei den Schumachers ja in eine Ecke verziehen und weiterschmökern.
Als sie bei den Schumachers ankamen, begrüßten die Erwachsenen sich überschwänglich. Sie bemerkten gar nicht, dass Marc und Janine sich keines Blickes würdigten: Marc starrte auf den Boden, als würde da ein bislang unentdeckter Mini-Dino herumlaufen. Janine verzog den Mund, warf ihre blonden Zöpfe in den Nacken und ging in den Garten hinaus. Die Erwachsenen folgten ihr. Marc trottete widerwillig hinterher. Im nächsten Moment lag er flach auf der Terrasse. Ein riesiges Monster stand über ihm. Marc schrie, schloss dann aber den Mund gleich wieder – denn das Monster schleckte ihm das Gesicht ab!
„Charlie will nur spielen“,
sagte Janine grinsend.
„Ich aber nicht!“, brummte Marc.
„Stell dich nicht so an:
Das ist nur ein Bernhardiner,
kein Dinosaurier!“
Janine deutete kichernd auf Marcs Dino-Buch, das ihm aus der Tasche gefallen war. Marc hatte keine Ahnung, wie er diesen grässlichen Nachmittag überstehen sollte. Auf der Terrasse gab es jedoch immerhin Kakao und Pflaumenkuchen. Seine Eltern redeten so angeregt mit ihren Freunden, dass ihnen nicht einmal aufgefallen wäre, wenn ein 25 Meter langer Diplodocus durch den Garten gestapft wäre. Marc wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, um sich zum Gartenteich zu verziehen und zu lesen. Aber natürlich
verdarb Janine alles. Sie wippte so lange auf ihrem knarrenden Stuhl herum, bis ihr Vater sagte: „Wie wär’s, wenn ihr beiden etwas spielen würdet?“
Schweigend trotteten sie ins Haus. Als sie im Wohnzimmer standen, platzte Marc heraus: „Schönen Dank auch, Zappelsuse!“
„Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätten wir dich gar nicht eingeladen, Bücherwurm!“, giftete Janine zurück.
„Spielt ihr schön, Kinder?“, klang es aus dem Garten. „Klar!“, rief Janine. Dann schien sie sich einen Ruck zu geben. „Da du nun mal hier bist … Hast du Lust, Rad zu fahren? Wir hätten noch ein altes in der Garage.“ Marc verzog den Mund. „Nee, danke.“
„Oder wollen wir Fußball spielen?“
„Bloß nicht!“, antwortete Marc.
„Hätte ich mir denken können“,
murmelte Janine. „Wahrscheinlich
kannst du nicht mal Fußball spielen.“
„Wie war das?“, rief Marc.
„Alles in Ordnung, Kinder?“, kam eine besorgte Stimme aus dem Garten.
„Klar!“, rief Janine zurück. Dann wandte sie sich wieder an Marc. „Okay, hier mein allerletzter Vorschlag: Wir könnten auf dem Dachboden rumstöbern. Da war schon ewig niemand mehr.“
Sie grinste Marc herausfordernd an.
Marc wollte ihr schon eine passende Antwort geben, da fiel ihm ein: Auf einem Dachboden gab es bestimmt jede Menge alte Bücher!
„Ich bin dabei!“, verkündete er mit fester Stimme.
Janine sah ihn stirnrunzelnd an. Das hatte sie wohl nicht erwartet!
„Da lang?“ Marc zeigte in den Flur.
„Ich geh vor!“, rief Janine grimmig und stürmte los. Mit den Händen in den Hosentaschen folgte Marc ihr grinsend.
Ein kostbarer Fund
Als Marc hinter Janine die klapprige Holzleiter hinaufstieg, wurde ihm doch etwas mulmig. Auf dem Dachboden war es stickig. Staubflocken tanzten in einem Sonnenstrahl, der durch die Dachluke fiel, und verfingen sich in einem riesigen Spinnennetz. Marc machte einen vorsichtigen Schritt, blieb aber prompt an einem losen Bodenbrett hängen. Mist! Als er sich bückte, um seinen Schuh wieder anzuziehen, entdeckte er unter dem Bodenbrett ein Loch, in dem ein Buch steckte. Marc hob das Brett ein wenig an. Ratsch! Er
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