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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Tätigkeit nach, werden beide Einkommen zunächst unterschiedlich
besteuert, am Jahresende jedoch gemeinsam bewertet. Dadurch wird die bestehende
Einkommenshierarchie zwischen den Geschlechtern noch verstärkt und einem
Gesellschaftsbild Vorschub geleistet: dass in vielen Familien die Frau nur
etwas hinzuverdient, der Mann jedoch die Familie ernährt. In dieser
Konstruktion liegen alle bekannten zwischenmenschlichen Fallen begründet: der
besondere Machtanspruch der Männer, die Abhängigkeit und Existenzangst der
Frauen. Statt einer gleichberechtigten Partnerschaft entstehen somit mehr oder
weniger notdürftige, ökonomisch motivierte Zweckgemeinschaften.
    Diese
Verknüpfung von Existenzsicherung und Abhängigkeit soll durch das
Grundeinkommen aufgelöst werden: Jeder und jede soll über sein oder ihr eigenes
Grundeinkommen verfügen, unabhängig davon, mit wem er oder sie das Leben teilt.
Somit ist jedem Menschen freigestellt, ob er sich finanziell mit dem
Grundeinkommen begnügt, um sich beispielsweise auf die Erziehung von Kindern zu
konzentrieren, oder einer bezahlten Tätigkeit nachgeht. Durch den individuellen
– bedingungslosen – Rechtsanspruch entfallen auch die unsäglichen
Überprüfungen der Privatsphäre, wie sie mit der aktuellen Vergabe von
Sozialleistungen verknüpft sind. Denn in der Bewertung durch die Sozialbehörden
macht es derzeit einen Unterschied, ob zwei Menschen als Wohngemeinschaft oder
als Liebespaar zusammenleben – Erstere können beide unabhängig vom
Einkommen des anderen Sozialleistungen erhalten, Letztere müssen nachweisen,
dass der jeweils andere ebenfalls nicht über ausreichend Geld verfügt und dass
sie keine Liebesbeziehung haben. So müssen manche Wohngemeinschaften
befürchten, dass das Amt neugierige Blicke in ihre Schlafzimmer wirft, sobald
einer von ihnen staatliche Hilfe bezieht. Diese Fälle sind ja in den Medien
breit diskutiert worden.
    Wenn
alle über ihr eigenes Grundeinkommen verfügen, ist es egal, mit wem sie in
welcher Form zusammenleben – in einem Jahrhundert, in dem ohnehin nur noch
knapp die Hälfte der Menschen an Ehe denkt und in den Ehen im Schnitt nur fünf
Jahre halten, sind zeitlich befristete Lebensgemeinschaften zwischen autonomen
Individuen vielleicht ohnehin die angemessene Lebensform.
    3. Keine Bedürftigkeitsprüfung
    Dieses
Kriterium richtet sich gegen die Willkür und das Folterinstrument der
»Bedürftigkeitprüfung« durch staatliche Stellen. Als »bedürftig« gilt, wer den
eigenen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigener Kraft
bestreiten kann. Dies entscheidet in aller Regel eine Sachbearbeiterin nach
Aktenlage. Wer je bei Stellen um Unterstützung nachsuchen musste, weiß, wie
sehr jede Entscheidung von dem Menschenbild, der Empathie, der Laune und der
Tagesverfassung der Gegenüber abhängt, die die scheinbar objektive Lage
subjektiv bewerten. Wer je um Unterstützung nachsuchte, dem steckt die
Würdelosigkeit und Scham, die mit diesem Nachweis der »Bedarfsberechtigung«
verbunden sind, in den Knochen.
    Einer
Studie der Hans-Böckler-Stiftung 2006 zufolge nehmen viele Menschen, die
eigentlich bedürftig sind, keine Sozialleistungen in Anspruch – aus Stolz
oder Scham: Etwa zehn Millionen Menschen seien in Wahrheit ALG-II-berechtigt,
auch wenn die Statistik zum Zeitpunkt der Studie offiziell nur 7,4 Millionen
Hartz-IV-EmpfängerInnen auswies. Sich einer dritten Person gegenüber als bedürftig
zu zeigen, empfinden viele Menschen als demütigend, weshalb sie lieber auf
jegliche Unterstützung verzichten. Götz Werner charakterisiert die
Hartz-IV-Realität deshalb als »offenen Strafvollzug«.
    Die
Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens bezieht sich aber konsequenterweise
auch auf Menschen, die ganz offensichtlich – und vermutlich sogar nach
eigener Einschätzung – nicht bedürftig sind, denn: Auch Millionäre sollen
Grundeinkommen bekommen. Dem Einwand, es sei doch Geldverschwendung, wenn
reiche Menschen staatliche Unterstützung bekämen, lässt sich leicht entgegnen,
dass Reiche auch heute schon von zahlreichen mehr oder weniger verdeckten
staatlichen Subventionen profitieren, sei es durch die Befreiung von der
Kerosinsteuer (arme Menschen fliegen weniger als reiche), die Struktur der
Familienförderung, die ihnen hohe Freibeträge zubilligt, und vieles mehr.
    Durch
eine angemessenere Besteuerung höherer Einkommen würde das Grundeinkommen mit
der Steuerschuld verrechnet, so dass denen, die viel haben,

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