1074 - Lockruf aus M3
beschädigt worden, daß ein Neubeginn mit den restlichen Tieren erforderlich erschien.
Aus den Lautsprechern der schiffsinternen Kommunikationsanlage erklang Waringers Stimme. Er erklärte langatmig, wie es zu dem Unfall gekommen war.
Für einen Mann wie Timbon war der Fall längst klar. Die RAKAL WOOLVER war mit etwa halber Lichtgeschwindigkeit in eine hochelastische Formenergie-Barriere hineingeflogen, in der sie mit Werten von weit über 700km/sec2 gestoppt worden war.
Da die neuen Andruckabsorber bei Katastrophenmaximalleistung und unter Hinzuziehung der Notkraftwerke zirka fünfzig Prozent mehr aufnehmen konnten, war man der Vernichtung entronnen. Die Auswertung bewies, daß die Masse des Schiffes mit 911 Kilometer pro Sekundenquadrat abgebremst worden war.
Bei schneller einsetzender Absorberleistung wäre es nicht einmal zu Beharrungsunfällen gekommen und das war Waringers Problem!
Er nannte die Unfallphase Nano-Schock, obwohl damit eigentlich nur eine unfaßbar winzige Zeitspanne definiert wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte Nuru Timbon die große Messe verlassen, um sich um seine Schildkröten zu kümmern.
Nunmehr, nach einer weiteren Stunde, vernahm er endlich die Auswertung. Er wurde nachdenklich, sehr nachdenklich!
Er achtete kaum auf die mitten im Labor entstehende Leuchterscheinung. Den Hauch verdrängter Luftmassen ignorierte er ebenfalls. Seine einzige Reaktion bestand in einer wortkargen Begrüßung.
„Nun, Kleiner, ist es dir ebenfalls langweilig geworden?"
„Du könntest dich bei meinem Erscheinen wenigstens umdrehen", empörte sich Gucky, der unerlaubt wie üblich in fremde Gefilde teleportiert war. „Andernfalls werde ich mir überlegen, ob ich dir das ‚Kleiner’ verzeihen kann oder nicht."
Nuru lächelte gequält.
„Du stehst mit deinem stolzen Schweif auf einer wertvollen rungusischen Schildkröte.
Wenn sie sich festbeißt, haben wir einen Schwerverletzten mehr."
Gucky sprang hastig zur Seite und starrte den Hünen streitlüstern an.
„Seit wann ahmst du Tekeners bissigen Humor nach, eh? Und seit wann stehe ich auf meinem Schweif? Ich komme hier an mit inneren Nöten, und du ..."
Nuru hob die Schildkröte auf und setzte sie in einen Kunststoffbehälter zurück. Gucky unterbrach sich und schaute zu.
„Na ja, du scheinst mit den Nerven auch ziemlich am Ende zu sein. Der Kahn ist zum reinsten Irrenhaus geworden. Die Porleyter entwickeln die tollsten Theorien. Perry schnauzt fast jeden an, und Waringer dreht bald durch."
„Schrecklich!" bedauerte Nuru wortkarg.
Gucky lehnte sich gegen die oberflächlich verkleidete Wand. Das Abluftgebläse der Klimaanlage erzeugte seltsame Geräusche.
„Die gibt ihren Geist auch bald auf", murrte der Mausbiber. Nuru tat. ihm aber nicht den Gefallen, auf die Bemerkung einzugehen. Schäden dieser Art gab es an Bord der RAKAL WOOLVER etwa zwanzigtausend.
Die Tonträger der Rundrufanlage verstummten endlich. Waringer war zum Schluß seiner Ausführungen gekommen, und Rhodans Ermahnungen waren ebenfalls gehört worden.
Nuru Timbon richtete sich aus seiner gebückten Haltung auf und reckte sich. Wieder musterte der Mausbiber den 2,02 Meter großen Hünen, der dennoch schlank und grazil wirkte.
„Du bist für mich genau der richtige Mann, Großer", meinte der Mausbiber überraschend sachlich. „Nein, das soll kein Witz sein! Ich brauche dich. Deshalb bin ich gekommen."
„Ich ahnte es", seufzte Nuru. „Und wieso soll ich das sein?"
„Weil du Waringers Gerede wahrscheinlich kapiert hast und weil du außerdem auf der DAN PICOT warst. Außer dir nehme ich noch Alaska und Cerai Hahn mit. Sie ist Anthropologin und Genforscherin und war ebenfalls auf der PICOT. Sie hat hervorragend reagiert. Kurzum Großer, ich will mit einer Space-Jet durch die Barriere und auf einem Planeten des Fünfersystems landen. Nur dort können wir das Rätsel lösen. Oder wozu sollte uns Clynvanth-Oso-Megh die Koordinaten gegeben haben?"
„Mit Sicherheit nicht deshalb, um mit einer Jet hinzufliegen. Bist du - äh - bist du vielleicht auf den Kopf gefallen? Bei dem Nano-Schock ..."
Gucky blieb ungewohnt gelassen. Timbon registrierte mit erwachender Aufmerksamkeit die eigentümliche Leere im Blick des Kleinen.
„Ich bin völlig in Ordnung, aber ich empfange Hilferufe. Deshalb will ich hin."
Nuru hob beschwichtigend die Hand.
„Ehe du fortfährst, muß ich kurz auf Waringers Gerede kommen, wie du es ausdrücktest. Ahnst du, was ein EMP-Schlag ist? Deshalb sind
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