1103 - Das Azteken-Ritual
schimmerten wie vom Himmel gefallene Sterne, die ihm den Weg aus der Hölle in die Freiheit wiesen.
Der Rucksack lag neben ihm auf dem Sitz. Ab und zu warf Orwell einen Blick darauf. Dann hatte er den Eindruck einer Veränderung. Er beulte sich auf, fiel wieder zusammen, wie dem Rhythmus des Herzschlags folgend…
***
Klassischer konnte ein Fall nicht beginnen!
Der Morgen am Montag. Das übliche Aufstehen, das knappe Frühstück. An die Staus denken, an den Betrieb und natürlich der Blick nach dem Wetter.
Das alles war für mich zur Routine geworden. Der Himmel sah nicht einmal schlecht aus. Zwar hielt sich die, Sonne hinter den Wolken versteckt, die jedoch lagen so hoch, daß es nicht unbedingt nach Regen aussah, und so ging es mir schon mal besser. Denn bei Regen sich durch das Montagsgewühl zu schieben, war nicht meine Sache.
Ich hatte gut geschlafen und fühlte mich fit. Der Kaffee schmeckte. Dazu aß ich eine Scheibe Toast mit Speck. Das mußte erst mal reichen. Allein zu frühstücken, war nicht meine Welt. Da hielt ich mich mit dem Essen immer zurück.
Ich lächelte, als ich daran dachte, daß noch kein Streß angesagt worden war. Den letzten Fall hatten wir gut überstanden. Wenn ich daran dachte, zu welchen Mitteln unserer Feinde immer wieder griffen, konnte ich nur den Kopf schütteln. Da waren es präparierte Briefmarken gewesen, die Assunga, die Vampirhexe, an junge Menschen verteilt hatte, um sie in ihren Bann zu ziehen.
Suko und ich hatten ihr die Suppe im letzten Augenblick versalzen, und so hatten sie und auch Dracula II auf die große Beute verzichten müssen.
Ich war ziemlich früh fertig, hängte mir die Jacke über und ging nach nebenan, wo Suko bereits wartete. Egal, wenn ich bei ihm eintraf, er und Shao waren schon immer perfekt.
Wir wollten mit dem Rover fahren und nicht mit der U-Bahn. Den Wagen brauchten wir beim Yard, und die Fahrt würde mal wieder zu einer kleinen Hölle auf vier Räder werden.
Shao wünschte uns einen schönen Tag, und ich fragte: »Haben wir den?«
»Bisher schon«, sagte Suko. »Oder liegt etwas an?«
»Nicht, daß ich wüßte.«
»Bürojob.«
So dachten wir. Aber wir wußten auch, wie schnell sich die Dinge ändern konnten.
Das Verlassen der Tiefgarage war kein Problem. Später wurde es dann anders. Da schluckte uns der Verkehr wie ein gewaltiger Topf, der alles in sich hineinsaugte. Egal wie und aus welcher Richtung, wir hatten keine Chance, uns dagegen zu stemmen und steckten schon sehr bald im Stau fest.
»Auf eine fröhliche Woche«, sagte Suko.
»Hast du etwas anderes erwartet?«
»Im Prinzip nicht. Aber wir hätten ja mal Glück haben können, meine ich.«
Ich enthielt mich eines Kommentars und wollte mich auch nicht mehr ärgern. Glenda, die ohne Auto kam, war sicherlich schon im Büro. Ich hatte sie sowieso noch nie unpünktlich erlebt, und auch wir waren relativ pünktlich, als wir schließlich in die kleine Tiefgarage rollten, die nur wenigen Fahrzeugen Plätze bot. Auf dem Hof standen auch welche, doch der Platz war für die Einsatzwagen reserviert worden.
Diesmal schluckte uns kein Stau, sondern das Yard-Building, der Sitz einer Polizeiorganisation, die weltweit bekannt ist und schon viele Turbulenzen erlebt hatte.
Es herrschte der übliche Betrieb in der Halle. Die Kollegen liefen ebenso mit Montagsgesichtern herum wie überall in den Betrieben auf der Welt.
Im Büro empfing uns ein dunkelhaariges Wesen mit einem fröhlich-ironischen Grinsen: »Ach, schon da?«
»Immer nach dir, Glenda«, sagte ich und fügte noch einen Morgengruß hinzu.
»Klar, wie üblich.«
»Sind wir denn so spät?« fragte Suko.
»Nur ein wenig.«
»Und das bewußt«, sagte ich, »denn wir möchten, daß der Kaffee fertig ist, wenn wir hier ankommen.«
Glenda kniff die Augen zusammen. »So etwas konnte auch nur von dir stammen, John. Ihr Männer seid eben Egoisten.«
»Stimmt nicht. Wir haben uns nur emanzipiert.«
Glenda blies ihre Wangen auf, bevor sie fragte: »Denkst du genauso, Suko?«
»Ich habe nicht hingehört.«
»Feigling!«
Ich legte Glenda einen Arm um die Schultern und rückte mit einem Friedensangebot heraus. »Was macht denn der Frühling?«
»Er läßt auf sich warten. Warum fragst du?«
»Ich dachte, du würdest mal wieder deine neue Garderobe im Büro tragen.«
»Nicht in diesem Jahr. Da gibt es keine. Außerdem müssen noch ein paar Pfunde runter.«
»He, du willst abnehmen?«
»Was stört dich daran?«
Ich lachte leise.
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