1318 - Terror am Totenbett
nahe sie doch beieinander liegen…«
Amos kam nicht mehr dazu, an etwas zu denken, denn sein verfluchter Verwandter machte Ernst. Die Hände lösten sich für einen Moment von seinen Gelenken. Aber Amos wurde trotzdem nicht losgelassen, denn sie umschlangen seinen Körper.
Der Tod umarmte ihn…
Es war wie eine Klammer, aus der sich Amos nicht befreien konnte. Nur für einen Moment stemmte er sich dagegen, aber es war nicht mehr als ein Versuch.
Er kam nicht frei!
Der Tod war stärker. Er kannte keine Gnade. Er holte sich jeden, und er holte sich auch Amos Anderson.
Der junge Mann spürte, dass etwas in seinen Körper eindrang, das er nicht kannte. Und wieder war es diese unnormale Kälte, gegen die er kein Mittel wusste.
Grauenhaft…
Und jetzt kam die Angst. Sie erfasste ihn erst richtig. Sie war das verfluchte Gefühl, das der Kälte des Todes dabei zur Seite stand und ihm noch mehr die Luft zum Atmen nahm.
So etwas Schreckliches und Grauenvolles hatte er noch nie in seinem Leben erlebt. Er hatte auch nie etwas darüber gelesen, weil man sich in seinem Alter eigentlich nicht mit dem Tod beschäftigte.
Hier aber griff er zu.
Es waren keine sichtbaren Knochenhände, die ihn hielten, doch dieser Vergleich stimmte irgendwie. Die Umklammerung war für ihn tödlich, und die Kälte eines tiefen Grabes, das dem Teufel selbst zu gehören schien, presste ihm das Leben aus dem Körper.
Er verging.
Er starb.
Die Welt um ihn herum löste sich auf. Das Gesicht seines Onkels verzerrte sich. Er sah eine Knochenfratze, aber er wusste nicht, ob er der Einbildung erlag oder nicht.
Die Kälte war grausam. Sie ließ sich nicht aufhalten. Sie kroch von den Füßen her immer höher und würde bald die Brust erreichen, in der sein Herz schlug.
Keine Kälte wie in einem eisigen Winter. Anders und doch viel, viel schlimmer.
Er holte Luft.
Ja, das war noch zu schaffen. Plötzlich entstand in ihm der Wille, sich zu wehren. Er wollte raus aus der Umklammerung. Zu spät, denn seine Beine waren bereits von der Kälte erfasst worden. Er konnte sie nicht mehr bewegen. Wie festgeklebt blieben die Füße am Boden.
Die Botschaft des Todes erreichte auch seine Arme. Zuerst erwischte es ihn an den Schultern, und von dort aus wanderte die Kälte weiter. Hinein in die Arme, auch in die Hände, und so waren es beides Teile, die der Todesstarre anheim fielen.
Das Herz schlug noch in seiner Brust. Aber die Schläge hatten sich verändert. So schwerfällig und wuchtig zugleich. Nicht mehr regelmäßig. Zwischen den Schlägen lagen Pausen, und das Herz verwandelte sich in einen Hammer.
Brutal. Echos, die durch seinen Kopf dröhnten wie Gongschläge.
Jeder Schlag gehörte zum Countdown für die Ewigkeit.
Plötzlich raste das Herz wie ein überdrehtes Metronom, das sich immer schneller bewegte, bis es vorbei war.
Kein Schlag mehr. Nichts.
Dafür ein glanzloses Augenpaar im Gesicht eines Mannes, der zwar noch auf seinen eigenen Füßen stand, aber trotzdem nicht mehr lebte. Der Tod hatte sein Versprechen eingelöst…
***
Lord Peter Wexley blieb noch einige Sekunden stehen und hielt die Leiche fest. Seine Kälte hatte dafür gesorgt, und zugleich hatte er die Wärme des Lebens gespürt. So war es dann zu einem wunderbaren Austausch zwischen ihnen beiden gekommen.
Nach einer Weile wollte er nicht mehr. Er trat zurück und schaute nach, was mit der Leiche passierte.
Für einen Moment blieb sie noch stehen. Er nutzte die Zeit aus, um sich seinen Großneffen anzuschauen.
Ja, er lebte nicht mehr.
Eine starre Leiche mit blicklosen Augen und mit einem Gesicht, in dem noch der Schrecken der letzten Sekunden wie festgeschraubt war.
Lord Peter lächelte.
Wieder einer weniger.
Wunderbar!
Die ganze Brut würde sterben. Er würde sie sich holen, und zum Schluss – ja, zum Schluss würde er als Einziger und als der große Sieger übrig bleiben.
In ihm loderte die Freude wie ein Feuer. So etwas hatte er als Mensch noch nie zuvor gespürt. Es machte ihn selig. Er lebte als Leiche, denn die anderen Mächte hatten ihr Versprechen gehalten.
Und niemand würde ihm, dem Alten und Kranken, auf die Schliche kommen.
Das »Leben« war schön!
Er konnte nicht mehr. Es musste heraus. Ein knarzendes und auch krächzendes Gelächter fegte aus seiner Kehle. Es schüttelte den Toten durch. Es war nicht mehr aufzuhalten, bis zu dem Zeitpunkt, als die Leiche kippte und er den Mund schloss.
Es machte ihm nichts aus, dass sie zu Boden fiel. Ein Toter
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