1324 - Der Große Bruder
Augenblick an sehr für die Forschungen und Arbeiten des Pararealisten interessiert. Er hatte ein paar Anregungen gegeben, die Sato Ambush für äußerst einsichtig hielt. Seitdem galt Peregrin als Ambushs Gehilfe in Fragen des Pararealismus. Da war es jedoch, von der Bordöffentlichkeit unbemerkt, zu einer Entwicklung gekommen, die Sato Ambush des Nachts den Schlaf raubte. Der Pararealist war ein bis auf den Grund seines Seele ehrlicher Mann. Ehrgeiz und Überheblichkeit waren ihm fremd. Es fiel ihm nicht schwer, sich einzugestehen, daß manchmal der Gehilfe mehr vom Pararealismus zu verstehen schien als der Meister. Es war nicht der Umstand selbst, der ihm die Ruhe raubte. Es war vielmehr die Schwierigkeit, sich zu erklären, wie ein anderer mehr Wissen auf einem Gebiet besitzen konnte, das er selbst entwickelt hatte.
Im Lauf der Monate und Jahre hatte Sato Ambush sich in der Tiefe des riesigen Raumschiffs - in einer Gegend, die weit von den Hauptverkehrswegen des Bordgeschehens ablag - eine Reihe von Labors eingerichtet, in denen er seine wissenschaftlichen Forschungen betrieb. In einem der Labors war er mit der Auswertung der Daten beschäftigt, die die GIFFORD mitgebracht hatte, als Peregrin eintrat. Eine Zeitlang sah der Alte dem Pararealisten zu, wie er auf einer Videofläche Daten sichtete.
Schließlich sagte er: „Das Erlebnis, das Sid Avarit und Tirzo hatten, gewährt einen neuen Einblick in den Zusammenhang zwischen den Kräften, die der Paratau ausstrahlt, und den Vektorquanten, die unter den verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit vermitteln."
Sato Ambush sah von seiner Arbeit auf. Er tat es nicht hastig und überrascht, obwohl er überrascht war, sondern mit der Bedächtigkeit des Weisen. Seine braunen Augen musterten den Weißhaarigen.
„Du glaubst also", fragte er, „daß bei Sids und Tirzos Erlebnis der Pararealismus eine Rolle spielt?"
„Ich ... ja, das glaube ich", antwortete Peregrin.
Es kam Sato so vor, als habe er ursprünglich „Ich weiß es" sagen wollen, sich jedoch im letzten Augenblick verbessert.
„Dann hätte also die Vernichtung des Jägers auf einer anderen Wirklichkeitsebene stattgefunden?"
„Ja. Der Paratau allein brachte es nicht zustande, daß die beiden Paratensoren ihre Fähigkeiten miteinander kombinieren konnten. Sämtliche Kontrollvorgänge an Bord des Jäger-Schiffs werden durch ultrahochfrequente Hyperenergie, also durch psionische Energie, bewirkt. Mit dieser trat die aus dem Paratau strömende Kraft in Wechselwirkung.
Daraus entstand eine Verschiebung der Wirklichkeit."
„Eine sehr plausible Erklärung", lobte Sato Ambush. „Aber darauf wollte ich nicht hinaus.
Wenn die Vernichtung des Jäger-Schiffs auf einer anderen Wirklichkeitsebene stattfand, wie kann sie dann auf dieser, unserer Ebene real sein?"
Peregrin antwortete mit einer Gegenfrage: „Wie kann man zwei einander unmittelbar benachbarte Wirklichkeitsebenen voneinander unterscheiden?"
„Einfach. Pararealitäten sind Ausschnitte von Paralleluniversen. Paralleluniversen unterscheiden sich voneinander durch ihre Strangeness-Werte. Ich brauchte also nur hinzugehen und zu messen ..."
„Sind deine Meßgeräte empfindlich genug?"
Sato Ambush sah auf. Eine halbe Sekunde lang wirkte er verwirrt.
„Sie sind es jetzt noch nicht", sagte er. „Aber sie werden es irgendwann sein."
„Nein."
Der Pararealist zeigte keine Regung. Er sah sein Gegenüber an.
„Das weißt du mit Bestimmtheit?" fragte er mit steinernem Gesicht.
„Ich glaube es zu wissen", versuchte Peregrin, die Gewißheit, mit der er gesprochen hatte, ein wenig zu dämpfen.
„Der Gedanke ist mir auch schon gekommen", gab Sato Ambush zu. „Es gibt Unterschiede der Strangeness, die sind so klein, daß man sie nicht mehr mit Sicherheit nachweisen kann."
„Richtig. Die Pararealitätstheorie muß modifiziert werden, und zwar durch eine Ergänzung, die der klassischen Quantenmechanik ähnelt. Auf dem Niveau der kleinsten Unterschiede gibt es keine Gewißheit mehr, nur noch Wahrscheinlichkeit. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob die Zerstörung des Jäger-Schiffs sich auf dieser oder einer unmittelbar benachbarten Wirklichkeitsebene abgespielt hat. Da wir es nicht sagen können, ist die entsprechende Frage sinnlos. Eine Diskussion darüber wäre wie der Streit um des Kaisers Bart, der ja auf Terra tatsächlich einmal stattgefunden hat."
„Nicht in meinem Kulturkreis." Sato Ambush schüttelte den Kopf und versank in längeres
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