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1689 - Rendezvous auf Phegasta

Titel: 1689 - Rendezvous auf Phegasta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Gedankenversunkenheit hoch. Wer mochte ihn jetzt, kurz vor der Nachtruhe, stören? Ob etwas mit Fünf geschehen war?
    Seine Stirn legte sich in sorgenvolle Falten. Er hing sentimentalen Gedanken nach, während er sich besser um den Gemütszustand des Spindelwesens kümmern sollte.
    Der Schott öffnete sich; das fegte sofort alle Bedenken beiseite.
    Es war Fünf. „Fünf, wir haben dich den ganzen Tag nicht gesehen", begrüßte ihn Bull. „Ich bin erleichtert, dich zu sehen."
    „Erleichtert?" erwiderte das Spindelwesen langsam. „Nun, wir waren es gewohnt, daß du immer in unserer Nähe warst. Und weil du auf einmal verschwunden bist, ohne uns vorher Bescheid gegeben zu haben, haben wir uns Gedanken gemacht, ob dir vielleicht etwas fehlt."
    „Nein."
    „Was - nein?"
    „Mir fehlt nichts. Wenn ich diesen Ausdruck in diesem Zusammenhang richtig interpretiere, daß du damit meine Gesundheit meinst."
    „Ja, das meine ich." Es war nicht einfach, sich mit einem Wesen zu unterhalten, das niemals geboren worden war und sich nicht von frühester Kindheitsstufe an kontinuierlich entwickelt hatte. Es war als „Erwachsener" völlig leer in eine ihm fremde und nicht unbedingt angenehme Umgebung gestoßen worden. Fünf hatte inzwischen viel gelernt, aber nur auf emotionsloser Basis wie ein Computer, nicht irgendwie spielerisch. Er kannte beispielsweise keinen lässigen, freundschaftlichen Umgang mit anderen. Wenn Alaska und Bull miteinander frotzelten, stand er völlig verständnislos daneben.
    Er hat niemals gelernt zu spielen, dachte Bull. Aber wie soll ich ihm das beibringen, wenn er nur in sich selbst ruht, ohne echte Anteilnahme an der Umgebung? Oder erwarte ich vielleicht zuviel nach der kurzen Zeit? Immerhin lebt er erst seit zweieinhalb Wochen, und jedes Spindelwesen scheint für sich ein Individium zu sein; er braucht eben etwas länger als die anderen.
    Fünf betrat Bulls Zimmer in der ihm eigenen schleppenden Gangart. Es sah fast so aus, als ob er jeden Moment zusammenbrechen würde, als könnten die Beine den massigen, schweren Körper nicht mehr tragen. Fünf war fast zwei Meter groß, breit und untersetzt, mit einem deutlichen Hang zum Übergewicht.
    Eigenartig, wie individuell selbst das Aussehen herausgebildet worden war. „Was hast du getan?" erkundigte sich Bull. Vielleicht bot diese provozierend gestellte Frage endlich einmal Anlaß zu einer Gefühlsregung. Fünf war ihm schließlich keine Rechenschaft schuldig und konnte sich frei bewegen.
    Aber er blieb unverändert ruhig. „Ich weiß nicht", antwortete er knapp. Er setzte sich in einen Sessel und starrte aus grauen Froschaugen leer vor sich hin. Seine dunkelgrauen Locken hingen ihm unordentlich und strähnig in die Stirn. „Ich bin einfach nur umhergelaufen."
    „Wolltest du das Raumfort kennenlernen? Die technischen Einrichtungen?"
    „Ich denke, ich weiß schon genug darüber. Ich las in einer Datei einen kurzen Bericht über dieses Fort."
    „Tut mir leid, wenn ich so nachhake, Fünf, aber bisher bist du noch nie so lange allein unterwegs gewesen. Deshalb gehe ich davon aus, daß du einen bestimmten Grund dafür hattest. Hast du vielleicht etwas gesucht?"
    „Ja. Mich."
    Bull, der sich inzwischen ebenfalls hingesetzt hatte, lehnte sich zurück. Endlich. „Wer bin ich, Reginald Bull?" fuhr Fünf fort; Bull unterbrach ihn nicht, obwohl manchmal lange Sprechpausen zwischen den Worten waren. Fünfs Hautfarbe wechselte von kränkelndem Grau zu wächserner Blässe; der einzige emotionale Ausdruck, zu dem er fähig war. „Ich habe lange über das Wort nachgedacht: ich. Es bedeutet etwas, das nichts anderes sein kann. Es bedeutet meine Existenz, nicht wahr?"
    Bull nickte wortlos. „Ich habe gelernt, dieses Wort stets auf mich anzuwenden, und es fällt mir kaum mehr auf.
    Dabei ist es doch wichtig zu wissen, wer man ist."
    „Du bist durch etwas entstanden, dessen Erfolg auch uns in Erstaunen versetzt hat. Das habe ich dir doch bereits erklärt."
    „Aber das genügt mir nicht. Da ist etwas in mir, das fehlt. Ich weiß nicht, was es ist, doch ich spüre, daß ich etwas tun muß."
    „Du kannst es vielleicht herausfinden, indem du mehr lernst. Indem du Anteil an deiner Umwelt nimmst. Du weißt doch nicht einmal, wer wir sind. Oder wer ich bin. Du hast dich nie dafür interessiert, wenn ich lachte, mich über etwas ärgerte. Verstehst du, ich stehe mittendrin im Leben, ich nehme aktiv daran teil. Ich werde bewegt, und ich bewege etwas. Ich kann fühlen.

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