176 - Insel der Fledermäuse
uns in Orguudoos Räucherkammer. Die Mooken sollen sich an diesen Hydriten austoben und ihre Rache haben.«
»Was glaubst du, warum ich diesen Plan ausgetüftelt habe? Nur, damit die Hydriten schlussendlich doch abgeschlachtet werden?«
»Du hast ja Recht, aber…«
»Es gibt kein Aber, Noorwejer.« Sie sah ihn durchdringend an, ohne die näher rückenden Mooken aus den Augen zu lassen. »Bist du nun für oder gegen mich?«
»Ich… ich …«
Ein schrilles Jaulen ertönte. Ein Warnruf der Seezigeuner. Er drang vom Strand zu ihnen herauf.
Chaang hüpfte vom untersten Felsblock herab, nahm einen der jüngeren Mooken beiseite und gab ihm eine Anweisung. Der Junge rannte davon.
Nach kurzer Zeit kehrte er zurück. Blass, zitternd, seine Angst nur mühsam beherrschend.
»Noch mehr Fischmenschen!«, meldete er atemlos.
»Dutzende, mit Waffen! Wir sind verloren!«
***
Aruula und Yngve hielten sich am Einstieg zum Dschungelweg versteckt. Stumm betrachteten sie den Zug der Meeresbewohner, der sich über den Strand in ihre Richtung schlängelte. Drei Mooken befanden sich in ihrem Gewahrsam. Die Hydriten hielten ihre Blicke aufmerksam auf die vielen Fußtritte gerichtet, die in den Dschungel hinein führten, nass glänzende Harpunen in den Armbeugen.
»Was jetzt?«, flüsterte Yngve. »Noch einmal werden wir diese Kiemenköpfe nicht reinlegen können.«
»Das wird auch nicht nötig sein«, gab Aruula zur Antwort. Sie atmete tief durch, stand auf und verließ ihr Versteck, bevor sie Yngve daran hindern konnte.
»Ich bin Aruula«, rief sie laut, »die Begleiterin von Maddrax und Freund von Quart'ol, einem eurer größten Forscher. Könnt ihr meine Sprache verstehen?«
Die Meereswesen blieben stehen, richteten ihre Waffen auf sie.
»Ich verstehe dich«, sagte der Vorderste, ein kleinwüchsiger Hydrit mit schmalem Brustkorb. Wenn er von Aruulas Auftritt überrascht war, so ließ er es sich nicht anmerken. »Ich bin Naus'al. Quart'ols Name ist mir natürlich bekannt; ebenso der von Matthew Drax, dem Freund unseres Volkes. Stammte dieser schrecklich misstönende Alarmruf etwa von dir? Wir sind weit gereist, um seinen Ursprung zu ergründen.«
»Die Reise war nicht umsonst«, sagte Aruula erleichtert. Bis jetzt hatte sie nur vermuten können, dass es sich bei den Neuankömmlingen um »normale«
Hydriten handelte. Sie spießte das Schwert vor sich in den Sand und ging unbewaffnet weiter auf Naus'al zu.
»Zusammen mit dem Volk der Mooken haben mein Begleiter und ich eine Gruppe Barbaren gefangen genommen, die ihr als Mar'os-Jünger kennt!«, rief sie.
Nun zuckte deutliches Erstaunen über Naus'als Miene.
Er wandte sich um und sprach einige Worte mit seinen Kollegen.
Aruula winkte derweil Yngve, gemeinsam mit den Seezigeunern aus den Verstecken zu kommen. Naus'al zögerte, als er Yngve und der Mooken ansichtig wurde.
Er und seine Begleiter wichen auf ihren breiten Flossenfüßen mehrere Schritte zurück. Und auch die Mooken machten einen unsicheren, ängstlichen Eindruck.
»Setzt euch alle nieder«, ließ Aruula Chaang seinem Volk übersetzen. »Ihr habt nichts zu befürchten. Dies sind die… die Guten. Wenn sie sehen, dass ihr ihnen nichts tun wollt, wird euch nichts passieren.«
Es dauerte endlos lange Sekunden, bis der junge Seezigeuner die angsterfüllten Männer und Frauen dazu brachte, sich in den Sand zu setzen.
Aber es gelang.
Und als die Mooken wie auch die Hydriten ihre Waffen beiseite legten, brach der Bann.
16.
»Was wird aus den Mar'os-Jüngern, Naus'al?«, fragte Aruula. Sie hatte sich gerade von den Stammesältesten der Mooken verabschiedet, Chaang herzlich umarmt, und begab sich nun mit dem misstrauisch dreinblickenden Yngve ins Wasser.
»Ihre Heilung wird lange Zeit in Anspruch nehmen«, sagte der kleinwüchsige Hydrit, »aber sie wird gelingen. Wir sind in der Lage, mit Hilfe von Symbionten-Fischen die Symptome des Ungleichgewichts in ihren Tantron-Drüsen zu lindern.« Er legte ihr seine nasse, fischige Hand auf die Schulter. »Ich muss dir dankbar sein, Aruula. Nicht nur, dass du die Schuld der Mar'os-Jünger durch dein mutiges Eingreifen getilgt hast – du bist auch noch den unblutigen Weg gegangen. Dies ist eine Art, die wir von den Oberflächenbewohnern nicht gewöhnt sind.«
»Ich hatte einen guten Lehrmeister. Er hat mir viel über den Wert eines Lebens beigebracht.«
»Ein Lehrmeister kann nur dann gut sein, wenn die Schülerin, die er unterrichtet, wissbegierig genug ist.«
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