2009 - komplett
zu verheiraten, konnte sich als ebenso katastrophal erweisen, aber auf eine ganz andere Art. Selbst wenn sie so verrückt wäre, Ian Gray heiraten zu wollen, konnte sie niemals seinen Antrag annehmen.
Eine Frau, die ohne Mitgift in den Stand der Ehe trat, betrog ihren Gatten. Auch wenn dieser Umstand gewiss nichts mit ihrer Weigerung, den trügerischen Fitz Simons zu heiraten, zu tun hatte, so schloss sie doch eine Verbindung mit diesem ungehobelten Ian Gray aus. Selbst wenn er vielleicht die ehrenvollsten Absichten haben mochte.
Juliana tröstete sich mit der Tatsache, dass sie keine Lust hatte zu heiraten, weder Sir Ian noch sonst irgendjemanden. Seit sie Kind war, hatte sie sich nicht erlaubt, sich solch einem Traum hinzugeben.
Was würde ihr Cousin tun, wenn sie ihm Grays Antrag ins Gesicht schleuderte, wie sie es beim König getan hatte? Sie rauswerfen? Sie ins Kloster schicken?
Wenn sie auf ihre Vernunft hörte, sollte sie tatsächlich den Eintritt in ein Kloster in Betracht ziehen. Frauen wie sie taten das oft. Doch ohne Mitgift war ihr auch dieses Leben verschlossen. Gott sei Dank.
Jemand berührte sie an der Schulter, und sie wirbelte herum, um zu sehen, wer es wagte, sie anzufassen. Erleichtert atmete sie auf und machte einen Knicks. „Lady Honoria, habt Ihr mich erschreckt!“
„So in Gedanken verloren, Juliana! Du wirst noch Runzeln um die Augen bekommen.
Und wenn du darauf bestehst, mich wie die Gattin des großen Lehnsherrn anzusprechen, werde ich mich so benehmen und dir ein Ohrfeige verpassen.“
Juliana musste gegen ihren Willen lachen. Die Frau ihres Cousins bezauberte jeden, mit dem sie zusammentraf, mit ihrem bereitwilligen Lächeln und ihrem schnellen Witz. Vielleicht würde Honoria ihren Wünschen Glauben schenken, wenn sie ihr die Wahrheit sagte. Zumindest den Teil davon, über den man reden sollte.
„Können wir offen sprechen?“, fragte sie die Frau ihres Cousins.
„Besser, als Unsinn zu plappern. Was stimmt nicht?“ Honoria nahm einen der kleinen Kuchen vom Tisch, brach ihn sorgfältig in zwei Teile und bot Juliana eine Hälfte an.
Juliana nahm ihn mit den Fingerspitzen und lächelte dankend. „Euer Gast ist hübsch, aber ich will ihn nicht zum Ehemann.“
Honoria lachte und biss in das Gebäck. Ihre grauen Augen funkelten, während sie kaute. „Er wäre eine Plage, unser Ian!“
„Ich meine es wirklich ernst, Honoria!“, erklärte Juliana. „Du und mein Cousin wollt mich loswerden, das weiß ich, aber ...“
„Dich loswerden?“ Bestürzt schnappte Honoria nach Luft und schluckte dann schwer, um nicht husten zu müssen. „Was hat dich auf diesen Gedanken gebracht?
Alan und ich sind sehr glücklich, dich bei uns zu haben, musst du wissen.“
Juliana schüttelte ärgerlich den Kopf. „Nun, ich weiß, wie ihr mir gegenüber empfindet ... und meiner Art, wie ich ...“
„Wie du meine Truppen befehligst?“, fragte Honoria und lachte fröhlich, während sie sich den klebrigen Finger ableckte und einen Blick auf das Küchenvolk um sie herum warf. „Wirklich, es stört mich nicht.“
Honoria verschwieg, dass Byeloughs Bedienstete vielleicht nicht der gleichen Meinung waren. Juliana wusste, dass sie es ihr übel nahmen, wie sie sich immer einmischte. Sie war überzeugt, dass auch Honoria und Alan so empfanden, aber zu freundlich waren, es zu sagen. Stattdessen würden sie sie nur zum Problem eines anderen machen. Zu Ian Grays Problem, wenn sie es zuließ.
Als Honoria zu der langen Bank an der Wand schlenderte und sich setzte, gesellte Juliana sich zu ihr in der Hoffnung, ihr alles erklären zu können. „Weißt du, ich war im Haushalt meines Onkels Adam mit so vielem betraut. Als er und seine Gattin schließlich nach Gloucester zurückkehrten, besaß sie keinerlei Erfahrung in der Führung eines Ritterguts von dieser Größe. Sie musste sich auch um ihr kleines Kind kümmern.“
Honoria nickte und lächelte, um zu zeigen, dass sie verstand, und Juliana fuhr fort:
„Schon zwei Jahre zuvor stand eigentlich ich dem Haushalt des Landsitzes vor. Mein Vater zeigte sich nicht allzu begabt, was Zahlen und Buchführung anging. Seine Arbeit als Majordomus wurde die meine, und ich gewöhnte mich daran.“
Sie zögerte nur einen Augenblick, dann fügte sie hinzu: „Ich brauche eine solche Aufgabe, Honoria. Lieber trage ich meinen Anteil an allem hier bei, als eure Barmherzigkeit in Anspruch zu nehmen.“ Sie stockte kurz. „Vielleicht bemühe ich mich zu sehr. Ich
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