217 - Der Unsichtbare
weh.
»Merde«, stöhnte er auf, als er neben Yann und den verdutzt aussehenden Oree gestellt wurde.
»Lasst sie los!« Die Stimme der Frau war herrisch. Es war Orna, die Schwester Orees.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Pilatre de Rozier angespannt.
Orna hatte seine vier Steinschlossgewehre dabei, die man Oree und seinen Kriegern am Eingang der Feste abgenommen hatte. Sie drückte ihrem Bruder eines davon in die Hand. Die Augen der Wachmänner weiteten sich, doch ehe sie etwas tun konnten, hatte Oree bereits auf sie angelegt.
»Tut mir Leid«, entschuldigte sich Orna bei ihnen, während sie die restlichen Waffen verteilte und die beiden Wachleute fesselte und knebelte. »Natürlich kam der Befehl nicht vom Khaan.« Einer der Wachen nahm sie ein verziertes Messer vom Gürtel und reichte es Oree.
»Danke, Schwester.« Seine Augen strahlten.
»Noch sind wir nicht draußen«, meinte Orna mit leicht zitternder Stimme. Die Anspannung zeigte Wirkung.
Oree griff ihre Hand. »Dann führ uns hinaus.«
Pilatre und Yann folgten den beiden. »Ist Matthew Drax auch hier?«, fragte der Kaiser und blickte sich um.
»Nein!« Orna schüttelte den Kopf. »Er ist im Lager der Fara und versucht ihre Kriegsgeräte zu vernichten, um den Khaan ablenken. Wir müssen versuchen mit dem Himmelsschiff zu fliehen. Ich habe den Retrologen bereits den Befehl überbracht, es startbereit zu machen. Ich hoffe nur, sie wissen, wie das geht…«
Orna schloss die Augen. Ob sie lauschte? Pilatre war diese Kunst suspekt, aber hilfreich war sie ohne Zweifel.
»Drei Männer über uns«, flüsterte Orna. »Ich sage euch, wann wir unbeobachtet die Treppe hinaufkommen. Folgt mir!«
Die Frau in dem roten Seidenkleid führte sie durch den Turm. Sie kamen in die Eingangshalle. Oree und Orna zogen Yann und Pilatre aus der Sichtweite von zwei Wachmännern. Sie warteten einen Moment dicht aneinandergepresst an einer der breiten Säulen. Als die Wachen weitergingen, liefen sie zum Eingangsportal.
Pilatre de Rozier bemühte sich, trotz seiner Verletzung mit den anderen Schritt zu halten. Es fühlte sich gut an, wieder ein Gewehr in den Händen zu halten.
Der Hof lag wie ausgestorben vor ihnen. Wenn Matt losgezogen war, um für Chaos im Lager der Fara zu sorgen, standen wohl alle Festungsbewohner mit dem Khaan an der Brüstung und beobachteten das Schauspiel. Die Gelegenheit war günstig.
»Vite«, flüsterte er und trieb Yann zu noch mehr Eile an.
Orna führte sie durch den Innenhof. Auf einer breiten Trasse neben einem barkenförmigen Pavillon stand das Luftschiff. Pilatres Herz machte einen Sprung. Seine Roziere war repariert worden, sie war stark und sie rief ihn, damit er sie von hier fortbrachte.
Von der Mauer her hörten sie aufgeregte Rufe. Das ferne Trompeten eines Efranten drang bis zu ihnen. Pilatre sah zum Luftschiff, dann bemerkte er Ornas verzweifelten Gesichtsausdruck »Nein! Zurück! Das ist eine…«
»Falle«, endete Shahruuk süffisant. Er trat gemeinsam mit vier Wachmännern aus dem Inneren der Gondel. »O ja, mein Schatz, Vertrauen war nie meine Stärke.«
Pilatre de Rozier blieb wie erstarrt stehen. Vor ihm stand dieser aufgeblasene Induu mit seiner Pfauenfeder, dieses arrogante trou de cul (Arschloch) , und lächelte selbstgefällig. Er kam den Fliehenden flankiert von seinen Wachmännern entgegen. Wie der Khaan trugen sie Pistools.
Oree zögerte nicht. Er zielte mit dem Steinschlossgewehr und drückte ab. Nichts geschah.
Das Lächeln des Khaan wurde breiter. »Ich war so frei, die Kugeln aus den Gewehren zu entfernen, Orna. Obwohl ich nicht dachte, dass du so weit gehst. Seitdem dein Bruder hier aufgetaucht ist, bist du nicht wieder zu erkennen.«
Yann und Pilatre standen still, während Orees Blick sich verfinsterte. Er ließ die Waffe fallen und zog das Messer des Wachmanns. »Lass uns gehen, Shahruuk!«
Der Khaan lachte. »Für wie naiv hältst du mich? Spring mich ruhig mit deinem Messer an, dummer Mann. Du bist tot, ehe du bei mir bist.«
»Shahruuk…« Orna suchte seinen Blick. »Ich habe in den Gedanken des Geistes gesehen, was du mit den Waffen im Keller anrichten wirst… Du darfst sie nicht benutzen!«
»Orna, die Fara sind unsere Feinde, und mit seinen Feinden muss man kurzen Prozess machen.«
»Du willst sie in ihrem eigenen Land angreifen, das hattest du schon die ganze Zeit über vor! Und wenn du die Waffen an ihnen getestet hast und zufrieden bist, wirst du dich nach Osten wenden!«
Pilatre de
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