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2258 - Medusenklänge

Titel: 2258 - Medusenklänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Desintegratorstrahl bohrt einen Kanal in das Wrack. Tiefer und tiefer. Pfeilgerade.
    Reginald hat gehandelt. Er ist meiner Aufforderung gefolgt.
    Und dann ... vernehme ich einen gellenden Schrei!
    Erst bin ich verwirrt, dann strecke ich meine geistigen Fühler aus. Woher ist der Schrei gekommen? Aus dem gesamten Schiff, aus dem Wrack, von überall her!
    Es dauert eine Weile, bis ich begreife, was geschehen ist.
    Das Makrohirn ist getroffen worden. Es hatte sich in Sicherheit gebracht und seine Essenz aus der Zentrale fortbewegt. Aber jetzt wurde es desintegriert.
    Der Strahl muss mitten durch seinen Speicherkern gefahren sein.
    Es gibt das Makrohirn nicht mehr, so dass jetzt das ganze Schiff klagt, denn der Einfluss des Hirns hatte sich auf alle Roboter erstreckt. Jeder enthielt einen kleinen Teil von ihm, der verging, als der zentrale Speicher zu nichts zerstob.
    Und im letzten Moment hat es geklagt. Sein Todesschrei!
    Das Makrohirn war einmal.
    Ein wenig verwirrt, aber erleichtert sehe ich, wie Tolot sich nähert. Den Schusskanal des Desintegrators entdecken und die anderen hindurchschicken ist eins. Sie laufen bis zur Außenhülle, passieren die Grenze zum All, wo der Kanal seine Fortsetzung in Form eines Energiefelds findet, das in eine Schleuse der RICHARD BURTON mündet.
    Kann es sein? Sind sie gerettet?
    Ich will ihnen folgen, aber es fällt mir schwer. Ich suche nach Ankern, aber ich finde keine mehr. Dafür klingen die Gesänge wieder auf. Sie locken mich, wollen mich an sich binden, als sähen sie jetzt ihre Chance, als hätten sie nur auf diesen Augenblick gewartet. Den Augenblick meiner Schwäche, meiner Kraftlosigkeit.
    Nein, denke ich. Nicht jetzt, das habe ich nicht verdient.
    Bleibt mir von der Seele, Medusenklänge!
    Dann fällt mir Reginald ein. Er hat mich aus seinem Geist geschleudert, aber jetzt wird er mich wieder aufnehmen. Ich habe ihm seinen größten Wunsch erfüllt.
    Wo ist seine Aura, sein energetisches Stachelkleid?
    In weiter Ferne erkenne ich seine Anker, strebe darauf zu, überbrücke den Abgrund zwischen dem Wrack, das mich festhalten will, und der RICHARD BURTON.
    Gerade noch rechtzeitig, denn im nächsten Moment materialisiert ein Kraftfeld.
    Ich spüre seine Präsenz. Ich spüre, wie es hinter mir das Wrack völlig vernichtet.
    Ein Donnerschlag, der meine Sinne verwirrt. Es wirbelt mich durchs All, das erfüllt ist von den Farben höherer Dimensionen - Blau, Violett und Weiß.
    Aber dann finde ich wieder den Weg, meine mentale Ausrichtung, entdecke energetische Anker, an denen ich mich entlanghangele ... und kehre zu Reginald zurück, klammere mich fest. Begleite ihn. Lausche der Besprechung mit dem Außenteam.
    Mein Freund! Schick mich nie mehr fort!
    Was sagt er da? Sein Denken und Handeln ist folgerichtig, seine Befehle konsequent. Aber sie sind mein Untergang. Nicht noch einmal in den Linearraum. Ich kann mich nicht mehr gegen die Medusen wehren, gegen ihre Gesänge, ihre Verlockungen ...
    Die Besprechung ist vorbei, und die Taster des ENTDECKERS treten in Aktion. Die Wahl fällt auf eine Welt im System einer weißen Sonne. Spektraltyp F8, erdähnlich, knapp zweieinhalb Lichtjahre entfernt...
    Mein Gott, wie wollen sie diese Entfernung überbrücken? Das geht doch nur mit einem Linearsprung. Ich weiß nicht, ob ich noch diese Kraft habe. So schwach fühle ich mich.
    Ich spüre, wie das Schiff beschleunigt. Die RICHARD BURTON, mein Zuhause. Ich bin in ihr verwurzelt. Den Zielstern erreichen, mehr interessiert Reginald nicht.
    Aber ich ... ich spüre jetzt den Übergang, das Eintauchen in den Linearraum. Heiß und bunt ist es dort, chaotisch und grotesk. Farbschlieren umwogen mich. Gesänge erklingen.
    Keine Anker mehr. Sie haben sich aufgelöst, sind einfach weg!
    Wo ist Reginald? Woran soll ich mich festhalten?
    Schon erklingt wieder der Lockruf. Die Gesänge richten sich an mich. Ich sehe sie vor mir, die Medusen des Alls, wie sie wirbeln und kreisen, ihre Arme nach mir ausstrecken. Sie tanzen vor Freude, dass ich ihnen nicht mehr entrinnen kann.
    Ich bin so schwach, und der Sog ist so stark, zerrt mich in alle Richtungen. Es zerreißt mich. Ich werde zerstäubt, wie eine Wolke im All, die verweht...
    Wo bin ich? Wer bin ich?
    Ich?
     
    ENDE

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