2284 - Die Fliegenden Rochettes
dabei sein", entschuldigte sie leise ihren Begleiter.
Adams zeigte sich wenig erfreut. „Wozu?"
„Eine Frau allein", sagte Picco mit ebenso verhaltener Stimme, „gerät um diese Stunde in der Pratergegend, wo der Straßenstrich blüht, garantiert eher in Schwierigkeiten als ein Pärchen. Was für jemand, der dir den Rücken decken soll, ohne selbst Aufsehen zu erregen, nicht unbedingt ideal sein könnte."
Mit diesem Argument hatte der Plophoser sie überzeugt, und es griff auch bei Homer. „Akzeptiert. - Du wurdest also bereits unterrichtet?"
„Grob. Du triffst dich mit Unterweltlern - wir spielen Eingreifreserve."
„Trägst du Waffen?"
„Nein."
„Auch keine Messer?" Picco schüttelte entrüstet den Kopf. Ashanty schmunzelte. Sie hatte dieselbe Frage gestellt.
Von einer flüchtigen, routinemäßigen Identitätskontrolle hatten sie kaum etwas zu befürchten.
Doch wenn sie im Rahmen einer Auseinandersetzung von Warfen Gebrauch machten, würde es die Polizei nicht dabei bewenden lassen. Eine Festnahme oder gar die Übergabe an den TLD oder die Kybb-Soldaten durften sie keinesfalls riskieren. „Na schön. Unsere Vorgehensweise bleibt gleich", rekapitulierte Homer. „Wir begeben uns auf zwei getrennten Routen zum Riesenrad im Prater, sodass wir zwischen 23:05 und 23:10 Uhr dort eintreffen. Um 23:15 besteige ich die reservierte Gondel. Eine Fahrt besteht aus zwei Umdrehungen und dauert zwanzig Minuten. Wenn alles wunschgemäß verläuft, kehre ich danach zum Zirkus zurück, wobei ihr mich aus passender Entfernung beschattet. Aktiver Funkkontakt nur im äußersten Notfall. Noch Fragen?"
Sie verneinten.
Der Muskelprotz, in dem ein buckliger Gnom steckte, nickte und stapfte davon. Picco grinste sie an. „Wollen wir?"
Sie stiegen die Stufen zur Brücke hoch. Oben ergriff der Jongleur die Finger ihrer Rechten. „Sieht glaubwürdiger aus", meinte er verschmitzt.
Oho, dachte Ashanty.
Händchen haltend, im Schlendergang, schlugen sie den Weg zum Prater ein. Die bunten Lichter des Vergnügungsgeländes blinkten verheißungsvoll donauabwärts am Horizont
43.
Der Platz vor dem Riesenrad wimmelte von Angehörigen verschiedenster Völker.
Nicht wenige Besucher Terras, Humanoide wie Nichthumanoide, waren vom Hyperimpedanz-Schock überrascht worden und saßen, da ihre weit entfernten Heimatplaneten außer Reichweite der verfügbaren Raumschiffe lagen, auf der Erde fest. Das Gros dieser „Gestrandeten" hatte sich mittlerweile ganz gut eingelebt und integriert. Sie fanden sich, genauso wie die Menschen, damit ab, dass ihre Welt mit einem Schlag kleiner geworden war, und versuchten, das Beste daraus zu machen. Dazu gehörten auch Besuche traditionsreicher terranischer Orte und Sehenswürdigkeiten, wie eben Wiens und des Praters.
Homer schob sich durch die lärmende, ausgelassene Menge, wobei er die Arme dicht am Körper hielt und möglichst wenig bewegte. Ein aufgrund der Kunstmuskeln, die das Exoskelett trugen, allzu heftig ausfallender Rempler konnte leicht Streit provozieren, zumal viele der Entspannung Suchenden unter dem Einfluss diverser Rauschmittel standen.
Rechts vom in allen Farben funkelnden Portalbogen, der den Eingang zum eigentlichen Wurstelprater bildete, erhob sich das Riesenrad. Es stellte bei weitem nicht die höchste und spektakulärste, wohl aber die legendärste Attraktion des Vergnügungsparks dar. Dahinter erstreckte sich ein Dorf, nein: eine ganze Kleinstadt aus mehrstöckigen Schaubuden, überragt von historischen Hochschaubahnen, Fluggeräten für Kinder und dergleichen mehr.
Den Radau und die verschiedensten sich nicht besonders gut mischenden Gerüche ignorierend, so gut es ging, arbeitete sich Homer mühsam zum Kartenschalter im Betonfundament des Riesenrads vor. Dort tauschte er den Reservierungschip, den ihm der Springer-Bankier gegeben hatte, gegen ein Ticket. „Deine Gondel ist in zirka zwei Minuten herunten", sagte die Kassendame süßlich, mit leicht tadelndem Unterton. „Du solltest dich lieber beeilen. Halt, nimm den VIP-Eingang!"
Er lief die spiralförmige Rampe hinauf, die sie ihm mit einem ihrer vier Arme gewiesen hatte.
Den Überschweren, der oben an der Schranke zur Zustiegsstelle wartete, kannte Homer bereits: Es handelte sich um den Rezeptionisten des Hotels am Mexikoplatz. „Nächster Waggon", grollte der überaus wuchtig Gebaute an Stelle einer Begrüßung.
Wortlos beobachtete Homer, wie eine in ein schreiend buntes Trachtenkostüm gekleidete
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